Die Lanze Gottes (German Edition)
taten es ihm gleich. Dann verließen sie einer nach dem anderen die Halle. Wilfried blieb mit Rheinfelden zurück. Der sah ihn ernst an. »Nun, Wilfried, die anderen sind weg. Warum wart Ihr so schweigsam? Was hat Euch die Gräfin von Arnesberge anvertraut? Sie schrieb mir, sie wisse wo sich die Heilige Lanze befindet. Ihr wart lange fort. Warum befindet sich die Reliquie noch nicht in meiner Hand?«
Wilfried war nervös und wich dem Blick Rudolfs aus. Er kannte seinen Lehnsherrn und wusste, wenn er ihm die Wahrheit sagen würde, wäre sein Leben verwirkt. Rudolf würde ihn auf der Stelle töten. Er musste ihn hinhalten und Zeit gewinnen, also entschloss er sich zu einer Lüge. »Die Gräfin von Arnesberge glaubt, dass Janus von Esken die Lanze in seinem Besitz hat, Euer Gnaden.«
Rudolf blickte ihn zweifelnd an. »Nun, worauf wartet Ihr dann noch? Tötet Janus von Esken und bringt mir die Lanze!«
Wilfried verbeugte sich vor ihm. »Euer Wunsch ist mir Befehl. Nicht mehr lange und die Lanze wird in Eurem Besitz sein!« Dann verließ er die Halle und machte sich sogleich auf den Weg nach Sachsen.
Nach einigen Tagesritten erreichte er die Rüdenburg in Arnesberge. Als er Mathilde zum ersten Mal traf, war ihm nicht bewusst gewesen, wie viel Macht sie besaß, doch nachdem sie ihn auf ihr Schlaflager gelockt hatte, erkannte er, dass es ein Fehler war, sie zu unterschätzen. Aber er brauchte sie, um ans Ziel zu kommen. Wenn es ihm nicht gelingen würde, die Lanze in seinen Besitz zu bekommen, war alles verloren. Er würde bei Rheinfelden in Ungnade fallen, erst recht, wenn dieser herausbekam, was er getan hatte. Eine Magd führte ihn zum Schlafgemach der Gräfin. Er trat ein. Mathilde stand auf und betrachtete ihn kühl, ging langsam um ihn herum und lächelte, wobei ihre schlanken Finger über seine Wange strichen. Wilfried stand still und ließ sie gewähren. »Nun, was bringst du für Nachrichten? Ist es dir gelungen, die Heilige Lanze zu finden?« Er schüttelte den Kopf.
»Waren meine Hinweise nicht gut genug?«
Wilfried legte sein Schwert ab, dann sagte er: »Das weiß ich nicht, Mathilde. Ich kenne deinen Spitzel nicht.«
Mathilde lächelte ihn an. »Wilfried, es gehört zum Spiel der Macht, dass man nicht immer alles preisgibt. Außerdem hast du doch schon genug erfahren. Konnte dir die Äbtissin von Quedlinburg und Schwester unseres erlauchten Königs nicht weiterhelfen?«
Die Frage traf ihn wie ein Schwertstoß. Mathilde bemerkte dies wohl und musterte ihn neugierig.
»Sie weiß nichts«, sagte er leise.
»Das heißt, du hast mit ihr gesprochen?«
»Nicht nur das, Mathilde, aber sage mir, ist dein Gemahl noch bei Hofe?«
»Ja, Konrad befindet sich im Süden des Reiches beim König. Wir sind also völlig ungestört. Ich hörte unser lieber, ausschweifender König sei vor meinem Vater davongelaufen?«
»Ja, das hörte ich auch«, antwortete Wilfried.
»Mein Kundschafter aus Sachsen berichtete mir, er habe die Dreistigkeit besessen, die sächsischen Fürsten in Goslar zum Teufel zu schicken. Daraufhin ist mein Vater gekommen und hat ihn in der Harzburg belagert. Warst du dabei?«
Wilfried setzte sich, zog seine Handschuhe aus und legte sie vor sich auf den Tisch. »Nein, ich war nicht dabei, ich musste zur Burg Gleichen reisen. Wenn du Näheres darüber erfahren willst, musst du schon deinen Gemahl befragen.«
Mathilde hob die Arme und seufzte. »Meinen Gemahl, wann sehe ich den schon, du weißt doch, wie einsam ich hier bin.« Sie strich ihm sanft über den Kopf und setzte sich ihm gegenüber. »Das heißt also, du hast überhaupt nichts herausgefunden. Die Heilige Lanze ist eine einzige große Lüge.«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich sagte nur, dass ich sie noch nicht gefunden habe, aber ich weiß, dass sie existiert!«
»Aber du willst mir immer noch nichts über die Fälschung erzählen, die seit jeher den Königen vorangetragen wird?«, fragte Mathilde und hob eine Augenbraue.
Wilfried lächelte sie überlegen an. »Du bist eine Frau, Mathilde. Es gibt Dinge, die gehen dich nichts an. Und wie du eben selbst bemerktest, es ist nicht immer gut, alles preiszugeben.«
Mathilde stöhnte auf. »Es mag sein, dass ich eine Frau bin und von daher meine Bestimmung ist, hier für Konrad eine gute Gemahlin zu sein, aber du weißt, dass ich mehr will. Wann stellst du mich Rudolf von Rheinfelden vor? Er sollte mittlerweile wissen, dass er in mir eine machtvolle Verbündete hat.«
Wilfried seufzte. Wie
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