Die Lanze Gottes (German Edition)
sehr war dieses Weib von sich selbst überzeugt. Wie konnte sie nur davon ausgehen, der Herzog von Schwaben würde seine Pläne mit ihr teilen? Er musste plötzlich lachen, was Mathilde zornig machte.
»Warum lachst du?«
»Weil du dich überschätzt, Mathilde. Rudolf von Rheinfelden hat nicht das geringste Interesse an dir, glaube mir«, zischte er.
Er sah, wie Mathilde brüskiert zurückwich, doch gleich darauf schmunzelte sie schon wieder und hauchte: »Nun, das könnte sich ändern, sobald er mich kennenlernt.« Sie stand auf und ging durch die Kemenate. »Sei´s drum, berichte mir von dem Treffen mit der Äbtissin. Wie ist sie? Man sagt, sie sei ein machtbesessenes Luder. Es ist ja auch nicht einfach für die Stiftsdamen, so ganz ohne Männer!«
Die Bilder des Vergangenen bahnten sich ihren Weg in Wilfrieds Gedanken und er starrte schweigend zu Boden.
Mathilde setzte nach. »Stimmt es, was man sich in Sachsen berichtet? Ich habe gehört, ihr eigener Bruder, unser von Gott gesalbter König Heinrich, hätte der Äbtissin Gewalt angetan.«
Wilfried dachte an die Gerüchte, die er in Sachsen gestreut hatte. Es hatte ihn ein Vermögen gekostet, genügend kleine Adelige zu finden, die an dieser Verschwörung mitwirkten. Andererseits erfreute sich König Heinrich in Sachsen nicht gerade großer Beliebtheit. »Ich will nicht darüber sprechen«, erwiderte er kühl und starrte Mathilde an.
»Du weist davon?«, Mathilde schaute Wilfried forschend an.
Jetzt konnte er ihr nicht mehr in die Augen blicken.
Mathilde stemmte die Hände in ihre Hüften. »Hat sich unser kleiner König nun mit seiner Schwester vergnügt oder nicht?«
Wilfried stand auf und ging zum Fenster. Mathilde folgte ihm und bohrte weiter. »Warum antwortest du mir nicht? Hat der König sich an ihr vergriffen?«
Er drehte sich um und fasste sie hart an den Schultern. »Sei still!«
»Mein starker Wilfried! Es erregt mich, wenn du so wild bist«, schnurrte Mathilde, umklammerte ihn und blickte lächelnd zu ihm auf. »Es erschreckt dich, dass es jemanden auf dieser Welt gibt, der dir an Bosheit das Wasser reichen kann. Hast du in mir vielleicht deine Meisterin gefunden?«
Eine seltsame Trauer überkam ihn und er blickte sie an. Mathilde schien zu begreifen. Entsetzen stand in ihren Augen. Sie trat einen Schritt zurück und sah ihn fassungslos an. Dann sagte sie: »Du warst es! Du hast der Schwester des Königs Gewalt angetan! Welch ein Teufel du bist, Wilfried von Breyde! Und sie hat dir trotz alledem nichts verraten? Du weißt immer noch nicht, wo sich die Heilige Lanze befindet? Erzähl es mir. Erzähl mir die Wahrheit. Erzähl mir alles, jede Einzelheit!«, lechzte sie gierig.
Von Breyde schob Mathilde von sich weg. In diesem Moment widerte ihn die Gräfin von Arnesberge an, aber er sah keinen
Grund mehr, länger zu schweigen. Mathilde konnte mit diesem Wissen ohnehin nichts anfangen. Sie steckte selbst bis zum Hals in Lügen und Intrigen. Was sollte ihm passieren? Es erschien ihm
sinnvoller, sie als Verbündete nicht zu verlieren. »Wir lauerten der Äbtissin auf und befragten sie nach der Heiligen Lanze. Sie hat keinen von uns erkannt. Wir hatten die Gesichter verhüllt. Sie hat nichts verraten.«
»Und als sie sich nicht offenbaren wollte, haben du und deine Männer sie vergewaltigt und anschließend das Gerücht verbreitet, der König sei es gewesen«, schlussfolgerte Mathilde. Sie pfiff leise durch die Zähne. »Mein lieber Wilfried, nicht einmal dir hätte ich eine solche Teufelei zugetraut.«
Wilfried stand schweigend vor ihr und versuchte die Gedanken an die Geschehnisse zu verdrängen. Mathilde schmiegte sich plötzlich an ihn. »Komm zu mir, Wilfried, heute nehme ich dich freiwillig.«
XXXIV
Langsam ritten Janus und Notgar auf das Klosterstift zu. Unweit der großen Eingangstür stiegen sie ab und Janus bat den Söldner, hier auf ihn zu warten. Eigentlich hatte er allein reiten wollen, Adela hatte jedoch darauf bestanden, dass Notgar ihn begleitete, denn die Lage in Sachsen wurde immer unübersichtlicher und sie sorgte sich. Janus ging auf die Pforte zu und klopfte. Diesmal würde er sich nicht abweisen lassen.
Die Klappe in der Tür öffnete sich. Eine ältere Frau blickte ihn an, die sich als Priorin vorstellte, und ihn nach seinem Begehr fragte. Janus zeigte ihr das Schreiben mit dem Siegel des Gleiberger Grafen. Sie warf einen kurzen Blick darauf und erklärte: »Die Äbtissin befindet sich im Kloster
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