Die Lanze Gottes (German Edition)
ihrer Hand umklammert sie die kleine Flöte. Janus löste ihre kleinen Finger und glaubte, sein Herz würde zerspringen. Dann nahm er die Flöte an sich. Wer war nur zu einer solchen Tat fähig? Er wandte sich ab und musste sich übergeben. Als er sich wieder gefasst hatte, ging er zu Adam und Thengill, die vor dessen Haus standen. Janus trat näher. Die Familie des Wikingers war ermordet worden. Thengill richtete den Blick starr auf die Toten. Adam versuchte, ihm Trost zu spenden, doch der Däne schien seine Worte nicht wahrzunehmen. Er wandte sich ab und ging zum Fjord. Janus wollte ihm folgen, doch Adam hielt ihn an der Schulter fest. »Lass ihn gehen.«
Janus versuchte einen klaren Gedanken zu fassen. »Was, um Jesu Christi Willen, ist hier geschehen?«
»Ich weiß es nicht, Janus«, antwortete Adam traurig und mit zitternder Stimme. Dann ging der Mönch durch das verbrannte Dorf, kniete vor einem jeden Toten nieder und sprach ein Gebet. Janus blickte ihm hilflos nach.
Am nächsten Tag kamen einige der Dorfbewohner zurück, zumeist Frauen, Kinder und Alte, denen es gelungen war, in die Wälder zu flüchten. Eine der Frauen trat vor Thengill hin und berichtete. »Es waren viele, zu viele! Die Krieger des Dorfes haben tapfer gekämpft. Ein paar von den Angreifern waren Christen, denn sie trugen Kreuze um den Hals und Rüstungen, wie die Männer vom Festland. Ihr Anführer auch. Er sprach unsere Sprache nicht. Dänische Söldner waren bei ihnen. Wir wussten zunächst nicht, was sie wollten, und haben uns so gut es ging verteidigt. Schließlich fragten sie nach den Fremden, die wir seit einigen Monaten beherbergen. Offenkundig wussten sie von dem Mönch und seinem Freund. Was sie von ihnen wollten, wissen wir nicht. Als sie begannen zu foltern, verriet ihnen eine der Dorfältesten, dass du mit den beiden zu Eringis geritten bist. Sie fragten immer wieder nach einer Heiligen Lanze. Keiner von uns wusste, wovon sie sprachen.«
Schlagartig wurde Janus klar, dass ihre Anwesenheit die Ursache für dieses Massaker war. Adam bekreuzigte sich und Janus flüsterte leise: »Mein Gott!« Eine Antwort auf die Frage nach dem Warum bekam er jedoch nicht.
Thengill sprang auf, schüttelte die Frau an den Schultern und rief: »Wo sind sie hingeritten?«
»Ihr Anführer führte die Männer aus dem Dorf, nachdem sie erfahren hatten, dass du mit den beiden Fremden bei Eringis bist«, schluchzte die Frau.
Thengill ließ die Frau los und blickte seltsam abwesend, dann wandte er sich langsam ab und sah in den Himmel. Janus beobachtete ihn. Was musste in diesem Augenblick in dem Wikinger vorgehen? Plötzlich drehte er sich um und hastete zu seinem Pferd, das er wortlos bestieg.
»Warte!«, rief Janus ihm nach. »Wo willst du hin?«
Thengill hielt einen Moment inne und schaute zu ihm herüber. »Bei allen Göttern, Janus! Ich werde den Tod meiner Familie tausendfach rächen!«
Janus sprang auf ihn zu und griff in die Zügel seines Pferdes. »Willst du allein gegen fünfzig Männer kämpfen?«
Doch Thengill schob Janus weg und hieb seinem Pferd die Fersen in die Seite.
Adam lief zu Janus. »Wir müssen ihm nachreiten!«, rief er und sie schwangen sich beide in die Sättel.
Als sie am nächsten Tag nach einem harten Ritt, bei dem sie Mühe hatten, Thengill nicht zu verlieren, erneut Eringis erreichten, war von ihrer Hütte nur noch ein Häufchen Asche übrig. Unweit davon lag die Priesterin, hatte ihren Runenstab mit den Händen fest umklammert. Ihre Augen waren geschlossen. Man
hatte sie schrecklich zugerichtet. Adam bekreuzigte sich. »Jesus Christus!«
Thengill stieg vom Pferd und rannte zu Eringis. Er schaute sich um. Von den Angreifern war nichts mehr zu sehen. Er trat vor Janus hin. »Wer waren die Männer?«
»Ich weiß es nicht, mein Freund.«
Thengill wandte sich Adam zu. »Aber sie haben euch gesucht!« Er griff an Adams Kreuz, umschloss es mit seiner Faust und drückte so fest zu, das die Spitzen seine Hand zerschnitten und Blut aus seiner Faust quoll. »Du und dein Christengott tragen die Schuld an dem Unheil!«, schrie er ihn an. Dann sank er auf die Knie und fing an, bitterlich zu weinen. Adam ließ ihn gewähren und legte tröstend seine Hand auf Thengills Schulter.
Janus trat zu der Toten und kniete sich über sie. Er nahm ihre Hände und legte sie zusammen. Dann ging er zurück zu Thengill und Adam. Der Wikinger hatte sich wieder erhoben und wirkte gefasster.
Janus´ Magen krampfte sich zusammen und er
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