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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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schlecht. Ich wusste noch ganz genau, wie die Junkies immer schon auf uns gewartet hatten, wenn wir zur Arbeit kamen, Mann, waren die froh, uns zu sehen. Streckten uns zitternd ihre Scheine hin wie irgendwelche Bettler. Und jetzt war ich einer von ihnen, sehnte mich wie bekloppt danach, Ibsen die Treppe hochhinken zu hören und seine bescheuerte Fresse zu sehen.
    Ich hatte meine Karten wie ein Idiot ausgespielt. Wollte einfach nur einen Schuss, hatte aber lediglich erreicht, dass mir jetzt die ganze Scheißbande im Nacken saß. Der Alte und seine Kosaken. Truls Berntsen mit seinem Bohrer und dem Wahnsinn im Blick. Und Königin Isabelle und ihr Oberrittmeister.
    Die Ratte schlich an der Fußleiste entlang. Verzweifelt begann ich auch unter den Matratzen und dem Teppich zu suchen. Unter einer Matratze lag ein zerknittertes blasses Passfoto von Irene und ein L-förmiger Stahldraht, dessen Ende zu einer Art Y gebogen war. Das musste also Olegs Matratze sein. Nur den Draht kapierte ich nicht. Bis bei mir der Groschen ganz langsam fiel. Plötzlich schwitzten meine Hände, und mein Herz schlug schneller. Schließlich war ich es gewesen, der Oleg gezeigt hatte, wie man sich ein anständiges Versteck einrichtete.
    Kapitel 36
    H ans Christian Simonsen ging rechts und links an den Touristen vorbei auf dem ansteigenden Dach nach oben. Der weiße italienische Marmor ließ das neue Opernhaus wie einen Eisberg aussehen, der am Ende des Fjordes am Ufer dümpelte. Als er die Spitze des Daches erreicht hatte, sah er sich um und entdeckte Harry Hole ganz allein auf einem Mauervorsprung. Die Touristen gingen in der Regel zur anderen Seite hinüber, um den Blick über den Fjord zu genießen. Harry hingegen hatte sich den alten, hässlichen Stadtteilen zugewandt.
    Hans Christian setzte sich neben ihn.
    » HC «, sagte Harry, ohne von der Broschüre aufzusehen, in der er las. »Wusstest du, dass es sich bei diesem Marmor um weißen Carrara-Marmor handelt und dass die Oper jeden Norweger mehr als zweitausend Kronen gekostet hat?«
    »Ja.«
    »Kennst du Don Giovanni ?«
    »Mozart. Zwei Akte. Ein junger, arroganter Hurenbock, der sich für ein Gottesgeschenk für all die Männer und Frauen dieser Welt hält und alle und jeden betrügt, bis er schließlich von allen gehasst wird. Er hält sich für unsterblich, aber zu guter Letzt taucht eine geheimnisvolle Statue auf, die ihm das Leben nimmt, bevor sie beide von der Erde verschluckt werden.«
    »Hm. In zwei Tagen ist Premiere. Hier steht, dass der Opernchor am Schluss singt: Also stirbt, wer Böses tat. Ja, dem Sünder wird Vergeltung, Wenn die letzte Stunde naht! Glaubst du, das stimmt, HC ?«
    »Ich weiß , dass das nicht stimmt. Der Tod ist auch nicht gerechter als das Leben. Leider.«
    »Hm. Und hast du gewusst, dass hier an dieser Stelle ein toter Polizist an Land gespült worden ist?«
    »Ja.«
    »Gibt es eigentlich irgendetwas, das du nicht weißt?«
    »Wer Gusto Hanssen erschossen hat.«
    »Ach, die geheimnisvolle Statue«, sagte Harry und legte die Broschüre weg. »Willst du wissen, wer das ist?«
    »Du etwa nicht?«
    »Nicht unbedingt. Es reicht doch, zu beweisen, wer es nicht war, also dass es nicht Oleg war.«
    »Stimmt«, sagte Hans Christian und musterte Harry. »Aber das aus deinem Mund zu hören passt so überhaupt nicht zu dem, was ich über den ehrgeizigen Harry Hole gehört habe.«
    »Vielleicht ändern die Menschen sich ja tatsächlich.« Harry lächelte kurz. »Hast du über deinen Kumpel bei der Staatsanwaltschaft Einblick in den Fahndungsstatus nehmen können?«
    »Dein Name ist noch nicht an die Medien gegeben worden, wohl aber an alle Flughäfen und Grenzübergänge. Dein Pass ist nicht mehr viel wert, um es mal so auszudrücken.«
    »Mist, dann kann ich den Mallorca-Trip wohl knicken.«
    »Du weißt, dass nach dir gefahndet wird, und trotzdem triffst du mich auf Oslos Touristenmagnet Nummer eins?«
    »Erprobte Kleinfischlogik, Hans Christian. Am sichersten ist man im Schwarm.«
    »Und ich dachte, du würdest die Einsamkeit vorziehen.«
    Harry nahm die Zigaretten heraus, klopfte gegen das Päckchen und hielt es Hans Christian hin. »Hat Rakel dir das erzählt?«
    Hans Christian nickte und nahm sich eine Zigarette.
    »Wart ihr viel zusammen?«, fragte Harry und schnitt eine Grimasse.
    »Schon, tut das weh?«
    »Der Hals. Hat sich irgendwie ein bisschen entzündet.« Harry gab Hans Christian Feuer. »Du liebst sie, nicht wahr?«
    Die Art, wie der Anwalt inhalierte,

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