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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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und wiederholte es: »Von Mikael Bellman.«
    »Von Bellman?«
    »Ja.«
    »Gusto hatte Mikael Bellmans Blut unter den Nägeln, als er starb?«
    »Das sieht so aus, ja.«
    Harry legte den Kopf in den Nacken. Das veränderte alles. Oder doch nicht? Im Grunde brauchte das ja gar nichts mit dem Mord zu tun haben. Aber womit dann? Und ohne Zweifel war das etwas, worüber Bellman nicht laut reden wollte.
    »Raus!«, sagte Bellman mit einer Stimme, die nicht laut war, weil sie nicht laut zu sein brauchte.
    »Ihr zwei treibt also dieses Spiel«, sagte ich und ließ Isabelle los. »Und ich dachte, sie hätte Truls Berntsen angeheuert. Klug, eine Stufe weiter nach oben zu gehen, Isabelle. Und wie läuft das? Ist Berntsen nur so etwas wie dein Sklave, Mikael?«
    Ich spielte mehr mit seinem Vornamen, als dass ich ihn wirklich ansprach. Schließlich hatten wir uns damals auf seinem Grundstück so vorgestellt, Gusto und Mikael. Wie zwei Jungs, zwei potentielle Spielkameraden. Aber in seinem Blick erwachte etwas, als ließe dieses Wort etwas auflodern. Bellman war vollkommen nackt, vielleicht hatte ich mich deshalb in Sicherheit gewogen. Er war zu schnell für mich. Noch ehe ich Isabelle richtig losgelassen hatte, war er über mir und hatte meinen Kopf wie in einem Schraubstock eingeklemmt.
    »Loslassen!«
    Er zog mich nach oben zum Ende der Treppe. Meine Nase klemmte zwischen seinem Brustmuskel und seiner Achselhöhle und sog unweigerlich den Geruch der beiden ein, weshalb mir ein Gedanke kam: Warum zog er mich nach oben, wenn er mich aus dem Haus haben wollte? Ich schaffte es nicht, mich zu befreien, und bohrte stattdessen meine Hand in seine Brust und zog die Finger wie die einer Klaue zu mir. Ein Nagel kratzte über seine Brustwarze. Er fluchte und lockerte die Umklammerung, so dass ich nach unten herausschlüpfen und wegspringen konnte. Ich landete eine halbe Treppe tiefer, konnte mich aber auf den Beinen halten. Dann stürmte ich über den Flur, nahm im Laufen ihre Autoschlüssel mit und rannte auf den Hof. Auch das Auto war unverschlossen. Die Räder gruben sich in den Kies, als ich die Kupplung kommen ließ und Bellman im Rückspiegel aus der Tür stürmte. In seiner Hand glitzerte etwas. Dann fanden die Räder Halt, ich wurde nach hinten in den Sitz gedrückt, und das Auto schoss vom Hofplatz auf die Straße.
    »Bellman hat Truls Berntsen ins Orgkrim-Dezernat gebracht«, sagte Harry. »Ist es denkbar, dass Berntsen in Bellmans Auftrag als Brenner arbeitet?«
    »Harry, bist du dir eigentlich im Klaren darüber, in welche Richtung wir uns hier gerade bewegen?«
    »Ja«, sagte Harry. »Und von diesem Augenblick an hast du nichts, aber auch gar nichts mehr mit dieser Sache zu tun, Beate.«
    »Verdammt!« Es knisterte in der Membran. Harry konnte sich nicht daran erinnern, Beate jemals zuvor fluchen gehört zu haben.
    »Das ist mein Korps, Harry. Es passt mir ganz und gar nicht, dass Leute wie Berntsen das in den Dreck ziehen.«
    »Okay«, sagte Harry. »Aber lass uns nicht vorschnell irgendwelche Schlüsse ziehen. Bis jetzt können wir nur beweisen, dass Bellman Gusto getroffen hat. Nicht einmal gegen Truls Berntsen haben wir etwas Konkretes in der Hand.«
    »Was willst du dann tun?«
    »Vom anderen Ende her anfangen. Wenn ich richtigliege, ist das wie so ein Dominospiel, bei dem alle Steine dicht nebeneinander aufgereiht sind. Mein Problem ist nur, dass ich lange genug auf freiem Fuß sein muss, um das auch umzusetzen.«
    »Willst du damit sagen, dass du einen Plan hast?«
    »Natürlich habe ich einen Plan.«
    »Einen guten Plan?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber einen Plan?«
    »Absolut.«
    »Du lügst, nicht wahr?«
    »Nicht nur.«
    Ich rauschte über die E18 nach Oslo, als mir klarwurde, was für ein Riesenproblem ich hatte.
    Bellman hatte versucht, mich über die Treppe nach oben zu schleppen. Ins Schlafzimmer. Wo er die Pistole hatte, mit der er mir bis nach draußen gefolgt war. Der hätte mich tatsächlich abgeknallt, damit ich meinen Mund hielt. Was nur bedeuten konnte, dass ich bis zum Hals in der Scheiße steckte. Was würde sein nächster Schritt sein? Mich einkassieren, natürlich. Wegen Autodiebstahls, Drogenhandels, der Hotelrechnung, Gründe gab es genug. Mich wegsperren, bevor ich mit jemandem reden konnte. Und was passieren würde, wenn ich erst im Knast war, stand außer Frage. Entweder würde es wie Selbstmord aussehen oder wie ein typischer Mord unter Knastbrüdern. Es war also alles andere als

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