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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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sie ihren Dienst angetreten hatte.
    »Reste von Heroin, um ganz genau zu sein. Wir gehen davon aus, dass in dem Kondom mal Heroin aufbewahrt worden ist und dass es später dann für den Zweck verwendet wurde, für den es ursprünglich gedacht war.«
    »Hm«, sagte Harry. »Junkies, die an Verhütung denken. Nicht schlecht. Wisst ihr, von wem …?«
    »Die DNA auf der Innen- und Außenseite des Kondoms passt zu zwei alten Bekannten. Ein schwedisches Mädchen und Ivar Torsteinsen, unter den Drogenfahndern besser bekannt als Hivar.«
    »Hivar?«
    »Der hat die Polizisten immer mit einer gebrauchten Spritze bedroht und vorgegeben, Aids zu haben.«
    »Hm, das erklärt jedenfalls das Kondom. Hat der auch irgendwelche Gewaltverbrechen auf dem Kerbholz?«
    »Nein. Bloß ein paar hundert Einbrüche, Drogenbesitz und -handel. Und ins Land geschmuggelt hat er wohl auch mal was.«
    »Und mit einer Kanüle Leute bedroht?«
    Beate seufzte und ging ins Wohnzimmer, wo sie mit dem Rücken zu ihm stehen blieb. »Tut mir leid, aber in diesem Fall gibt es echt nichts, dem wir nicht nachgegangen wären, Harry.«
    »Oleg hat nie auch nur einer Fliege etwas zuleide getan, Beate. Er hat das nicht in sich. Wirklich nicht. Während dieser Hivar …«
    »Hivar und dieses Mädchen aus Schweden … nun, die sind aus dem Spiel, wenn du so willst, die haben definitiv nichts damit zu tun.«
    Harry starrte auf ihren Rücken. »Tot?«
    »Überdosis. Eine Woche vor dem Mord. Mieses Heroin vermischt mit Fentanyl. Vermutlich konnten die sich kein Violin leisten.«
    Harry ließ seinen Blick über die Wand schweifen. Die meisten jungen Drogenabhängigen hatten irgendwo ein festes Versteck, in dem sie ihre Drogenreserven unterbringen konnten. Manchmal auch Geld. Oder andere Sachen, die sie nicht verlieren wollten. Sie konnten diese Sachen nicht bei sich tragen, ein obdachloser Junkie musste sich seine Spritze auf offener Straße setzen und war den Geiern da draußen – wenn der Kick kam – schutzlos ausgeliefert. Deshalb waren ihnen diese Verstecke heilig. Wie zugedröhnt sie auch waren, richtige Junkies steckten so viel Energie und Phantasie in ihre Verstecke, dass selbst routinierte Drogenfahnder oder Spürhunde keine Chance hatten. Diese Orte wurden nicht verraten, nicht einmal an ihre engsten Freunde. Jeder Drogenabhängige wusste aus eigener Erfahrung, dass keine Freundschaft aus Fleisch und Blut so eng sein konnte wie die mit Codein, Morphium und Heroin.
    »Habt ihr hier nach einem Versteck gesucht?«
    Beate schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht?«, fragte Harry und begriff im selben Moment, wie dumm diese Frage war.
    »Weil wir vermutlich die ganze Wohnung abreißen müssten, um etwas zu finden, das dann aber doch ohne Relevanz für den Fall wäre«, sagte Beate geduldig. »Wir müssen unsere begrenzten Ressourcen gezielt einsetzen, außerdem hatten wir ja genug Beweise.«
    Harry nickte. Er hatte keine andere Antwort verdient.
    »Und was sind das für Beweise«, fragte er leise.
    »Wir glauben, dass der Mörder etwa von hier, wo ich jetzt stehe, geschossen hat.« Es war üblich unter den Kriminaltechnikern, keine Namen zu nennen. Sie streckte einen Arm aus. »Aus nächster Nähe. Weniger als ein Meter. Schmauchspuren im unmittelbaren Bereich der Einschusswunden.«
    »Plural?«
    »Zwei Schüsse.«
    Sie sah ihn mit sichtlichem Bedauern an. Sie wusste, was er dachte. Wegen des zweiten Schusses konnte kein Verteidiger das Argument vorbringen, der Schuss habe sich versehentlich gelöst.
    »Beide Schüsse gingen in die Brust.« Beate spreizte Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand und legte sie wie in Gehörlosensprache links auf ihre Bluse. »Wenn wir davon ausgehen, dass Opfer und Täter standen und dass der Mörder die Waffe in natürlicher Haltung abgefeuert hat, deutet die Austrittswunde des ersten Schusses darauf hin, dass der Mörder zwischen 1,80 m und 1,85 m groß ist. Der Verdächtige ist 1,83 m.«
    Mein Gott. Er dachte an den Jungen, den er an der Tür des Besuchsraums hatte stehen sehen. Dabei kam es ihm so vor, als wäre kaum ein Tag vergangen, seit er mit Oleg all die spielerischen Kämpfe ausgefochten hatte und der Junge ihm gerade einmal bis zur Brust gereicht hatte.
    Sie trat durch die Tür in die Küche und zeigte auf die Wand neben dem versifften Ofen.
    »Die Kugeln sind, wie du siehst, hier und hier eingeschlagen. Das stimmt mit unserer Annahme überein, dass die beiden Schüsse schnell hintereinander abgefeuert worden sind, wobei

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