Die Larve
das Opfer bereits im Fallen war. Die erste Kugel punktierte die Lunge, die zweite ging durch den oberen Teil der Brust und berührte das Schulterblatt. Das Opfer …«
»Gusto Hanssen«, sagte Harry.
Beate hielt inne. Sah ihn an. Nickte. »Gusto Hanssen ist nicht auf der Stelle gestorben. In der Blutlache und auf seinen Kleidern waren Abdrücke, aus denen zu entnehmen ist, dass er sich nach dem Sturz noch bewegt hat. Aber lange gedauert haben kann es nicht.«
»Verstehe. Und was …« Harry fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Er musste versuchen, etwas zu schlafen. »Was verbindet Oleg mit dem Mord?«
»Zwei Personen haben abends um drei Minuten vor neun auf der Kriminalwache angerufen und angegeben, so etwas wie Schüsse im Haus gehört zu haben. Einer der beiden wohnt in der Møllergate auf der anderen Seite der Kreuzung, der andere hier schräg gegenüber.«
Harry sah blinzelnd zu den verdreckten Fenstern hinüber, die zur Hausmanns gate führten. »Nicht so leicht, so etwas von einem Haus zum anderen zu hören, mitten im Zentrum.«
»Aber denk dran, es war Juli. Ein warmer Sommerabend. Alle Fenster standen offen, es war mitten in der Ferienzeit und fast kein Verkehr. Außerdem hatten die Nachbarn schon lange versucht, dieses Junkieloch schließen zu lassen, die Hemmschwelle, jedweden Lärm bei der Polizei zu melden, war also recht gering. Der Beamte, der den Notruf entgegennahm, hat die Anrufer gebeten, sich ruhig zu verhalten und das Haus nicht aus den Augen zu lassen, bis die Einsatzkräfte vor Ort waren. Er hat die Meldung gleich weitergegeben. Zwanzig nach neun trafen dann zwei Einsatzfahrzeuge hier ein und bezogen draußen Stellung, um auf die Kavallerie zu warten.«
»Das Einsatzkommando? Delta?«
»Es dauert ja immer etwas, bis die sich angezogen haben, mit Helm und Rüstung und so. Die Beamten vor Ort sind dann informiert worden, dass die Nachbarn einen jungen Mann aus dem Haus kommen gesehen haben, der zum Akerselva hinuntergegangen sein soll. Zwei Polizisten haben sich daraufhin in Richtung Fluss aufgemacht, wo sie dann …«
Sie zögerte, bis Harry ihr kaum merkbar zunickte.
»… Oleg gefunden haben. Er hat keinen Widerstand geleistet. Er war so voller Drogen, dass er vermutlich kaum mehr wusste, was geschehen war. An seiner rechten Hand und am Unterarm haben wir Schmauchspuren gefunden.«
»Die Mordwaffe?«
»Da es sich ja um ein ziemlich ungewöhnliches Kaliber handelt, Malakov, 9 × 18 mm, gibt es kaum eine Alternative.«
»Nun, diese Malakovs sind ja die Lieblingspistolen der Ostmafia. Sieht man von der Fort-12 ab, die die Polizei in der Ukraine nutzt. Und vielleicht noch von ein paar anderen …«
»Richtig. Wir haben die Hülsen auf dem Boden gefunden, mit Pulverrückständen. Die Malakov-Patronen haben eine andere Mischung aus Salpeter und Schwefel, kombiniert mit geringen Mengen Alkohol wie bei schwefelfreiem Pulver. Die chemische Zusammensetzung des Pulvers in der Hülse und an der Einschusswunde stimmen mit der an Olegs Hand überein.«
»Hm. Und die Waffe selbst?«
»Konnte nicht gefunden werden. Wir hatten eine Suchmannschaft draußen und sogar Taucher im Akerselva, aber ohne Resultat. Das heißt aber nicht, dass die Waffe nicht da ist. Bei all dem Schlamm, du weißt schon …«
»Ja, ich weiß.«
»Zwei von den früheren Bewohnern hier haben ausgesagt, dass Oleg ihnen eine Pistole gezeigt und damit geprahlt hat, dass die auch von der Russenmafia benutzt wird. Keiner der beiden hatte Ahnung von Waffen, doch nachdem man ihnen Bilder von rund hundert Pistolen gezeigt hat, sollen beide auf die Odessa gezeigt haben. Und für die braucht man …«
Harry nickte. Malakov, 9 × 18 mm. Noch dazu ein Waffentyp, der so speziell ist, dass man sich kaum irren kann. Als er zum ersten Mal so ein Ding gesehen hatte, waren seine Gedanken gleich zu der antik-futuristischen Pistole auf dem Cover der Foo Fighters gegangen, einer der vielen CD s von ihm, die bei Rakel und Oleg geblieben waren.
»Und ich gehe davon aus, dass das grundsolide Zeugen mit einem nur kleinen Drogenproblem sind?«
Beate antwortete nicht. Warum auch, sie wusste genau, dass Harry auf der Suche nach einem Strohhalm war.
»Und die Blut- und Urinproben von Oleg?«, fragte Harry und zog die Ärmel seiner Anzugjacke nach unten, als wäre es selbst hier wichtig, dass sie nicht nach oben rutschten. »Was haben die gezeigt?«
»Wir konnten die Wirkstoffe von Violin nachweisen. Der Rausch kann natürlich als ein
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