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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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entgegendrängte.
    »Noch mal?«, fragte er geheuchelt erstaunt, da er genau wusste, dass das großzügige Geschenk von zwei Schillingen sie zu diesem Eifer antrieb.
    »Du bist so gut«, log sie gurrend und umschloss seine sich bereits wieder aufbauende Erregung mit der Hand, um sie kurz darauf an den Mund zu führen, der sich warm und feucht um ihn schloss. Obschon ihm jeder Muskel im Leib schmerzte, gab Conrad dem überwältigenden Gefühl nach und ließ zu, dass sie sich rittlings auf ihn senkte, um ihm einen abschließenden Höhepunkt zu bescheren, der ihm den Verstand zu verschleiern drohte. Trotz der Tatsache, dass draußen helllichter Tag herrschte, drehte er sich danach zufrieden seufzend auf die Seite, um sich einige Zeit lang auszuruhen und das abebbende Gefühl der körperlichen Befriedigung zu genießen, das noch an diesem Abend von einem überwältigenden Triumph gekrönt werden würde.
    Nachdem sich seine Gespielin mit einem gehauchten Kuss von ihm verabschiedet hatte, um sich ihren anderen Freiern zuzuwenden, stemmte sich Conrad auf den Ellenbogen und starrte auf das Bündel, das er in der Nähe der Feuerstelle abgelegt hatte. Während er die heiter tanzenden Flammen vor seinen Augen verschwimmen ließ, dachte er an die heutige Ratssitzung zurück, die ihm um ein Haar die Laune verdorben hätte.
    Aufgestachelt von dem guten Geschäft, das er mit Conrad abgeschlossen zu haben vermeinte, hatte Egloff vor Beginn der Versammlung mit der Schönheit seiner neu erstandenen Braut geprahlt. Jeder, der höflich genug war, nicht sofort die Flucht zu ergreifen, hatte eine ausführliche Beschreibung der Tochter des Gießers über sich ergehen lassen müssen. Was Conrad an sich nicht im Geringsten gestört hätte, wenn nicht sowohl der Alderman als auch Henricus ihn nach der Sitzung abgefangen hätten, um ihm unverblümt zu drohen.
    »Ich hatte Euch gewarnt, Conrad«, hatte ihn der Alderman mit gewitterhafter Miene wissen lassen. »Ich weiß, was Ihr mit dieser Partie bezweckt. Wenn Ihr nicht umgehend Eure Intrigen einstellt, werde ich eine Untersuchung gegen Euch einleiten, sobald dieser Rat wieder uns gehört!«
    Da an diesem Tag der Bürgermeister dem Oberhaupt der Narrenzunft den Stadtschlüssel überreicht hatte, stand Ulm in den nächsten Tagen unter der symbolischen Herrschaft der Narren. Wie beinahe im gesamten Südwesten war die schwäbisch-alemannische Fastnacht in Ulm einer der Höhepunkte des Jahres, auf den die Menschen schon Monate vorher hinfieberten. Am Ende der harten und entbehrungsreichen Zeit des Winters symbolisierte sie das trotzige Aufbäumen gegen Zwänge und Beschränkungen, bevor die Fastenzeit wieder zu Frömmigkeit und Enthaltsamkeit verpflichtete. Zwar hatte Henricus die Fastnacht verbieten wollen, da mit dieser dem Teufel Tür und Tor geöffnet würde, doch hatte er sich nicht gegen die Mitglieder durchsetzen können. Sobald das bunte Treiben allerdings beendet war, hatte der Alderman gedroht, würde er eine Bestechungsbeschwerde gegen Conrad einreichen, die aller Wahrscheinlichkeit nach mit seiner Verurteilung enden würde.
    »Es dürfte den zukünftigen Gemahl auch sicher nicht erfreuen, dass seine Braut bereits die Laken eines Kirchenmannes beschmutzt hat«, hatte Henricus bissig eingeworfen und Conrad angriffslustig gemustert. Mit diesen deutlichen Worten hatten die beiden ihn kochend vor Zorn stehen lassen und sich zwischen den übermütigen Narren, die den Ratssaal bereits in ein buntes Schlachtfeld verwandelt hatten, hindurchgeschlängelt. Seit am Dreikönigstag der Beginn der schwäbischen Fastnacht eingeläutet worden war, hatten die Maskenträger auf den heutigen Montag gewartet, der in wenigen Stunden in dem alljährlichen Narrensprung gipfeln würde. Als Zeichen, dass die Zeit der umgekehrten sozialen Ordnung eingeläutet war, gab der Bürgermeister sein Amt für eine begrenzte Zeit ab, in der die Stadt bis auf wenige Ausnahmen den Schabernack Treibenden gehörte, die ohne Respekt sämtliche Autoritäten parodierten.
    Conrads Mund verzog sich zu einem kalten Lächeln, als er mit einem Recken der Glieder über die Bettkante rutschte, um sich in das gestohlene Häs – das aus Narrenkleid und Holzlarve bestehende Narrenkostüm – eines Fuhrmanns zu zwängen. Umständlich schnürte er die Schnallen fest, die das aus einfacher Sackleinwand gearbeitete Kostüm zusammenhielten, stülpte die geschnitzte Fratze über den Kopf und entfernte die Glocken an dem breiten Gürtel, in den

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