Die Launen des Teufels
könnte. »Ich bin auf dem Weg nach Ulm«, erklärte er. »Geschäfte.«
Damit war die Neugier des Güssen befriedigt, und die beiden Männer brachten den Rest des Abends damit zu, in alten Zeiten zu schwelgen, die Köchin auf Trab zu halten und sich über Dietmuts zwölf Söhne und Töchter zu unterhalten, die ihrerseits mehrere Dutzend Enkelkinder gezeugt hatten.
»Es ist einsam hier, seit sie aus dem Haus sind«, gestand der Güsse mit einem traurigen Blick auf die verwaiste Halle, nachdem er sich die Finger geleckt hatte. »Wenn nicht wenigstens Heinrich mit seiner Frau hier wäre, würde ich vor Langeweile eingehen.« Da diese jedoch einen eigenen Flügel bewohnten, informierte er Wulf, bekam er auch sie nur unregelmäßig zu Gesicht. »Ihr seid sicher müde«, beschied er schließlich und machte Anstalten, sich in die Höhe zu stemmen – was ihn sichtliche Anstrengung kostete. Schwankend blickte er zu seinem Gast auf, der es ihm gleichgetan hatte, und klatschte in die Hände. »Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Wulf. Es hat mich gefreut, wieder einmal mit Euch zu plaudern.«
Damit neigte er leicht den Kopf und überließ seinen Besucher dem Pagen, der ihn in eine geräumige Schlafkammer im zweiten Stock der Burg führte. Als die Tür hinter dem Knaben ins Schloss gefallen war, schnürte Wulf, dem der Wein ebenfalls zu Kopf gestiegen war, sein Obergewand auf, zog es sich über den Kopf und entledigte sich der Beinlinge. Die Waschschüssel neben der Feuerstelle ignorierend, sank er in die Kissen und schloss die Augen. Während er sich fragte, wie er Katharina in Ulm ausfindig machen sollte, stieg ihr sanftes Gesicht vor seinem inneren Auge auf und ließ ihn ein heiseres Stöhnen ausstoßen. Niemals hätte er gedacht, dass es einer Frau gelingen könnte, ihn so vollkommen in ihren Bann zu schlagen, wie Katharina es getan hatte. Als er kurz nach seiner Ankunft auf Hohenneuffen das erste Mal einen Blick auf sie erhascht hatte, wäre er ihr um ein Haar an Ort und Stelle zu Füßen gefallen. Keine drei Stunden hatte sein Treueeid dem Grafen gegenüber ihn davon abhalten können, sie mit jeder Faser seines Seins zu begehren, und als sie ihm ihre Willigkeit signalisiert hatte, war es um alle Vernunft geschehen.
Er fuhr sich mit der Hand durch den dunklen Schopf und rieb sich das eckige Kinn. Mit einem einzigen Kuss, einer einzigen Berührung ihrer wundervollen Lippen hatte sie ihn niedergeworfen wie einen unerfahrenen Knaben! Als er sich an die erste Liebesnacht mit ihr erinnerte, legte sich eine Gänsehaut über seine Glieder. Ganz egal, wie: Er würde sie wiedersehen, von seiner Liebe überzeugen und sie und seinen Sohn vor ihrem Gatten in Sicherheit bringen. Koste es, was es wolle!
Kapitel 32
Ulm, 10. Januar 1350
Leise summend rührte Anabel in dem Topf Haferbrei, den sie mit einer Handvoll getrockneter Kirschen verfeinert hatte. Trotz der Tatsache, dass es ein weiterer nebelverhangener Wintertag zu werden drohte, war sie in beinahe aufgekratzter Stimmung, da sie sich in der vergangenen Nacht ein Herz genommen und Bertram gebeichtet hatte, dass sie ein Kind erwartete. Nachdem seine anfängliche Begeisterung der Enttäuschung gewichen war, hatte er sie heftig an sich gedrückt und ihr ins Ohr geflüstert: »Es ist auch dein Kind, und ich werde es genauso lieben, als wäre es mein eigenes.« Nach kurzem Zögern hatte er sich an sie gedrängt und an ihrem Hals geknabbert, bevor sich seine Hand unter ihr Nachtgewand gestohlen hatte. »Aber wir sollten üben, damit das nächste von mir ist.«
Sie lächelte glückselig, als ihr klar wurde, wie sehr sie sich vor diesem Geständnis gefürchtet hatte. Was, wenn Bertram sie dafür gehasst hätte, dass sie den Beweis ihrer Schändung in sich trug?
»Wie kannst du nur so etwas Furchtbares von mir denken«, hatte er sie sanft gescholten und ihr die Tränen aus dem Augenwinkel gewischt. »Ich liebe dich, und nichts wird jemals etwas daran ändern können.« Noch immer schienen seine Fingerspitzen auf ihrer Haut zu brennen, und sie musste sich zwingen, an etwas anderes zu denken. Wenn alles so verlief, wie sie hoffte, würde Katharina von Helfenstein in den nächsten Tagen von der Eskorte abgeholt, die sie erwartete, und sie und Bertram würden fliehen können. Zwar schien die Gräfin dem Aufbruch mit Unbehagen entgegenzublicken, doch das lag vermutlich an der Tatsache, dass sie sich vor der Reise fürchtete. Auch Anabel quälte immer öfter die Sorge um ihre
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