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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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er die lange Peitsche der Fuhrleute steckte. Der Plan, der kurz nach der Auseinandersetzung mit dem Alderman und Henricus in seinem Kopf Gestalt angenommen hatte, war von solcher Eleganz und Einfachheit, dass er sich selbst dafür bewunderte.
    Ohne auf die tanzenden und tollenden Betrunkenen zu achten, hatte er sich in eine der abgelegeneren Gassen der Stadt geschlichen, wo wie vermutet bereits die ersten Alkoholleichen ihren Rausch ausschliefen. Sobald er gefunden hatte, was er suchte, hatte er dem schnarchenden Mann das Häs über den Kopf gezogen, ihn halb nackt zurückgelassen und sich ins Badehaus begeben, um den Aufruhr in seinem Inneren zu beruhigen. Was ihm gelungen war! Sein Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen, als er die eigenen Kleider in den Sack stopfte, diesen schulterte und unerkannt das Hurenhaus verließ. Angewidert stieß er einen bis zur Besinnungslosigkeit Betrunkenen von sich, dessen besudelte Tracht ihn als einen der unzähligen Wilden Männer auswies, und schüttelte den Kopf, als der Mann mit dem Gesicht voraus in den Schnee fiel. Geschützt hinter der schweren Holzlarve, machte sich Conrad auf ins Zentrum des Treibens, das seinen Höhepunkt erreichen würde, sobald sich die Dämmerung über die Stadt senkte. Wenn sein Plan aufging, würden mit dem Einbruch der Dunkelheit all seine Probleme auf einen Schlag ausgelöscht!
     

Kapitel 33
     
    Das immer mehr anschwellende Gegröle in seinem Rücken ließ Bertram die Schritte beschleunigen. Nachdem Göswin und er eine der großen Glocken gehoben hatten, war der Knabe erst jetzt dazu gekommen, sich auf den Weg zu den Drei Kannen zu machen, um ihre lang ersehnte Mahlzeit abzuholen. Wie immer, wenn er später kam als gewöhnlich, hatte Ursella ihn scherzhaft gescholten, ihm jedoch im selben Atemzug wieder vergeben und einen Leckerbissen zugesteckt.
    Wenngleich es erst kurz nach Anbruch der vierten Stunde war, herrschte bereits beinahe vollkommene Finsternis, die jedoch allerorts von den Fackeln der Feiernden aufgehellt wurde. Zwar schien sich der Nebel von Minute zu Minute zu verdichten, doch da Bertram keinen Wert darauf legte, von den Narren entdeckt zu werden, kam ihm dieser Umstand sehr gelegen. Nach dem Ende des Narrensprungs – des offiziellen Umzugs der Narrenzünfte – hatten sich die Männer in kleine Grüppchen zerstreut, um in den unterschiedlichen Tavernen und Herbergen der Stadt die Ausschweifungen fortzusetzen. Mit Schaudern erinnerte sich Bertram daran, wie ihn eine Gruppe als Alte Weiber verkleideter Kerle vor einigen Jahren in einen Bottich mit eiskaltem Wasser getaucht hatten, weil er ihnen nicht rechtzeitig aus dem Weg gegangen war. Abgesehen von der Tracht Prügel, die sein Vater ihm verabreicht hatte, hatte er sich eine furchtbare Erkältung eingefangen, die ihn über eine Woche ans Bett gefesselt hatte.
    Der ohrenbetäubende Knall einer Fuhrmannspeitsche ließ ihn zusammenfahren und sich nervös umblicken. Als sich weitere Schläge dazugesellten, legte er lauschend den Kopf auf die Seite und beschloss, einen Umweg zu machen.
    »Tuet Buße, tuet Buße«, fistelte eine lächerliche Falsettstimme, bevor ein weiterer Knall durch die Luft hallte. »Wir sind Heilige Geißler.« Brüllendes Lachen begleitete diesen Ausspruch, das jedoch augenblicklich in weiteren Peitschenschlägen unterging. »Verdammt, das hat wehgetan!«, röhrte kurz darauf ein Bass, und es folgte das Geräusch eines Faustschlages.
    Ohne einen Laut von sich zu geben, schlich Bertram am Eingang der Gasse vorbei, an deren Ende der Spaß soeben in ein wüstes Handgemenge überging, und wäre beinahe mit einem Paar junger Männer zusammengestoßen, die sich in eine Nische zurückgezogen hatten. Entsetzt riss er die Augen auf, als ihm klar wurde, was die beiden taten. Doch bevor sich der Stehende von dem Gebückten gelöst hatte, war er bereits wieder im Nebel verschwunden.
    Was für eine furchtbare Zeit!, dachte er und hielt einen Moment inne, um sich zu orientieren. Zwar war er den Fuhrleuten ausgewichen, doch hatte er dabei nicht darauf geachtet, wo er hingelaufen war. Lag die Glockenhütte links oder rechts von ihm? Stirnrunzelnd wandte er sich nach links, da ihm einige der schemenhaften Häuser bekannt vorkamen, schrak jedoch zusammen, als urplötzlich drei feuerrot angemalte Teufelsmasken vor ihm auftauchten.
    »Aaaaah«, knurrte einer der Männer. »Frischfleisch!«
    Mit einem kehligen Schrei stürzte er vor und wollte Bertram am Kragen seines

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