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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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ausgestreckten Händen um ihre Aufmerksamkeit.
    Die nächsten Stunden verstrichen wie im Fluge, und bevor sie sich versah, hatten vier Novizen den bis auf den letzten Tropfen ausgewischten Kessel durch einen neuen Topf ersetzt, der sich ebenfalls unaufhaltsam leerte. Immer wieder suchte Anabel die Reihe der Almosenempfänger nach dem Gesicht ab, das ihr nicht mehr aus dem Kopf ging, doch entgegen ihrer Hoffnung, einen weiteren Blick auf den etwa vierzigjährigen Mann zu erhaschen, erblickte sie nichts als unbekannte Mienen.
    Gegen Abend begann es leicht zu schneien, und während die glitzernden Flöckchen im Licht der von den Mönchen entzündeten Fackeln zu Boden segelten, lichteten sich die Reihen allmählich. Wo die Menschen wohl die Nacht verbringen werden?, fragte sich Anabel, deren Finger trotz des wärmenden Feuers allmählich abstarben. Wie viele von ihnen würden den Winter überleben? Der Anblick einer jungen Mutter, die ihr abgemagertes Kind auf den Rücken geschnürt hatte, ließ ihr Herz schmerzen. Kaum älter als sie selbst, litt die Bettlerin bereits unter den typischen Hautekzemen, die von Ratten- und Mäusebissen herrührten.
    Diese Nager, die für gewöhnlich eine Plage in der Stadt darstellten, wurden seit einigen Monaten von einer seltsamen Epidemie dahingerafft, und immer wieder war es vorgekommen, dass am Morgen ganze Rattenfamilien tot im Rinnstein lagen. Gerüchten zufolge hatte das Rattensterben seinen Ursprung auf dem Handelsschiff eines Pelzhändlers genommen, der Murmeltierpelze aus Kaffa am Schwarzen Meer importiert hatte. Als dessen Männer gegen Ende des langen Sommers die kostbare Ladung hatten löschen wollen, war ihnen eine wahre Flut an Tierkadavern entgegengeschwappt, die sie schaufelweise auf die den Fluss in regelmäßigen Abständen säumenden Misthaufen geschafft hatten. Diese Information – wie so viele andere – hatte Anabel von Vren, die es immer wieder schaffte, die Freundin mit ihren obskuren und aberwitzigen Geschichten zu erstaunen.
    Als die Glocke der Klosterkirche schließlich die achte Stunde verkündete, entließ die Begine Anabel, die sich halb dankbar, halb furchtsam in Richtung Hospital aufmachte, um den zweiten Teil ihres Dienstes anzutreten. Da das Lazarett jedoch vor Kranken beinahe aus den Nähten platzte, konnte sie sich relativ sicher sein, nicht erneut von Franciscus belästigt zu werden. Nach dem heutigen Vorfall war ihr Entschluss, der Meisterin von den Übergriffen des Abtes zu berichten, zurückgekehrt, und sobald sie die viel beschäftigte Guta Staiger unter vier Augen sprechen konnte, würde sie um Rat und Hilfe bitten. Die Nacht ging bereits in die frühen Morgenstunden über, als sie sich endlich auf den Heimweg machte. Furchtsam die dunkelsten Gassen meidend, eilte sie schleunigst nach Hause, und als sie gerade den Eingang zu der Straße erreicht hatte, an deren Ende die Glockenhütte auf sie wartete, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Wie hatte sie nur so lange brauchen können, um die Ähnlichkeit zu erkennen, welche ihr die Züge des Bettlers so bekannt hatte vorkommen lassen?!

Kapitel 13
     
    Mürrisch drehte Conrad das aus hellem Holz geschnitzte, mit kreuzweisen Schnitten versehene Kerbholz in den Händen hin und her, bevor er es in die Flammen warf und zusah, wie es innerhalb kürzester Zeit zu einem Häufchen Asche verbrannte. Wie jeden Dienstag hatte er sich kurz nach dem von Gertrud zubereiteten Abendessen auf den Weg ins Badehaus gemacht, wo er verdrossen hatte feststellen müssen, dass Cylia wegen einer Erkrankung nicht zur Verfügung stand. So hatte er übellaunig dem Vorschlag der mit einem Dreifachkinn bewehrten Aufseherin über das Freudenhaus zugestimmt und für den halben Preis einen von dieser hochgepriesenen Neuzugang erstanden. Was sich allerdings als Fehler herausgestellt hatte. Denn nicht nur entsprachen die prallen Rundungen der dunkelhaarigen Dirne ganz und gar nicht seinem Geschmack, auch war deren Geschlecht – im Gegensatz zu Cylias appetitlicher Kammer der Venus – umrankt von struppigem, moosähnlichem Haar. Lediglich ein größtmögliches Maß an Überzeugung hatte seine launische Männlichkeit dazu bewegen können, die ungewohnte Frucht zu kosten, doch hatte der zäh herbeigebetete Höhepunkt einen schalen Geschmack in seinem Mund zurückgelassen.
    Zornig darüber, zehn Pfennige für ein Erlebnis verschwendet zu haben, das er unter dem eigenen Dach umsonst hätte haben können, kramte er die übrigen

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