Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
Vom Netzwerk:
Tod führten.
    »Wir müssen die Frauen in Euer Sammlungsgebäude verlegen«, forderte Paulus an Meisterin Guta gewandt, die missfällig die Stirn in Falten legte.
    »Wir haben nicht genug Platz, um noch mehr Menschen aufzunehmen«, erwiderte sie gezwungen ruhig. »Warum denkt Ihr wohl, teilen wir uns seit Jahren dieses Hospital mit Euch?«
    Ein Schnauben war alles, was Paulus darauf erwiderte, doch Henricus, der in diesem Moment den Raum betrat, stieß mit bebender Stimme hervor: »Diese Plage ist eine Strafe Gottes«, während der Blick seiner zu Schlitzen verengten Augen über die Betten glitt. »Unser barmherziger Gott ist erzürnt, dass nicht einmal seine Diener sich an seine Gebote halten«, knurrte er und straffte die Schultern, bevor er sich mit der Linken über die Tonsur fuhr. »Die Anwesenheit von Weibern in einem Mönchskloster ist durch nichts zu entschuldigen«, setzte er mit einem giftigen Unterton in der tiefen Stimme hinzu und bedachte Anabel mit einem verächtlichen Hochziehen der Brauen. »Überall lauert die Sünde«, predigte er, ohne auf die entsetzten Mienen der Schwestern zu achten, die sich von dieser Ansprache mehr als nur vor den Kopf gestoßen fühlten. »Während einige von uns darum bemüht sind, ein Leben in Reinheit und Gottesfurcht zu führen, kommen andere mehr und mehr vom rechten Pfad ab.«
    Der Ausdruck des Infirmarius und des Tonsors, die heftig nickend zustimmten, verriet Anabel, die den Austausch unter niedergeschlagenen Wimpern verfolgte, dass die beiden wussten, worauf Henricus anspielte.
    »Spart Euch die pompösen Reden«, erwiderte Guta wenig beeindruckt und drängte sich an den Männern vorbei, die sie mit ihren Körpern in einem Dreieck eingeschlossen hatten. »Diese Plage wütet überall«, setzte sie hinzu. »Nicht nur in diesem Kloster!«
    »Das mag wohl sein.« Das Glimmen in den grauen Augen ließ ahnen, dass Henricus noch lange nicht fertig war. »Aber es öffnet dem Teufel Tür und Tor.«
    Guta stieß ungeduldig die Luft durch die Nase aus, bevor sie sich mit einer Hand voller Bandagen in den benachbarten Raum aufmachte, in dem nach wie vor die verunfallten und verletzten Handwerker untergebracht wurden. Mit müde nach unten gezogenen Mundwinkeln beugte sie sich über ein zerschundenes Mitglied der Stadtwache, das bei einer der zunehmend gewalttätiger werdenden Tavernenprügeleien übel zugerichtet worden war.
    »Was hat Euch ausgerechnet jetzt diese Erkenntnis beschert?«, fragte sie mit einem zynischen Unterton an Henricus gewandt, der ihr wie ein Schatten folgte. »Dass Weiber die Versuchung des Teufels sind, ist Euch doch sicherlich nicht erst in letzter Zeit aufgefallen?« Alle Freundlichkeit war aus ihrem von erschöpften Furchen durchzogenen Gesicht gewichen, und als sie sich von dem Wächter abwandte, um ihre Aufmerksamkeit zurück auf den Ordensvater zu richten, sprühten ihre Augen verächtliche Funken. »Wie praktisch es doch ist, alle Schuld auf diejenigen abzuwälzen, die sich nicht verteidigen können«, fuhr sie kalt fort und ignorierte das empörte Keuchen des kriecherisch an Paulus‘ Rockzipfel hängenden Tonsors, der seinen Herrn mit hündischer Ergebenheit anblickte, als erwarte er, dass dieser für Henricus in die Bresche springe. »Manchmal frage ich mich, warum Ihr überhaupt die Mutter Gottes verehrt!«
    Das war zuviel für Henricus, der mit bebend erhobenem Zeigefinger einen Schritt auf Guta zutat, sodass Anabel befürchtete, er könnte handgreiflich werden. Mit krampfhaft vor der Brust gefalteten Händen hielt sie sich nur mit Mühe davon ab, einen warnenden Ausruf von sich zu geben. Doch die Meisterin hatte die Gefahr bereits erkannt und war einen Schritt zurückgetreten.
    »Wagt es nicht, solch gotteslästerliche Reden zu führen!«, knurrte Henricus und nickte dem Tonsor zu, der sich daraufhin in Richtung Ausgang entfernte. »Ich habe Beweise für den Verfall der Sitten in diesem Kloster und für die Schuld der Euch Anvertrauten!«
    Bei diesen Worten wollte Anabel das Herz in der Brust erkalten, und sie wich mit dem Rücken an die Wand zurück. Anstatt wie von ihr erwartet auf sie zuzustürzen und sie anklagend in die Mitte des Raumes zu stoßen, machte Henricus jedoch dem mit zwei Novizen und einem schluchzenden Elendsbündel zurückkehrenden Tonsor Platz, als dieser eine junge Frau in den Ring schob, den die Beginen, Henricus und Paulus inzwischen gebildet hatten. Mit einem groben Schlag zwischen die Schulterblätter brachte der

Weitere Kostenlose Bücher