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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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Tonsor sein Opfer ins Straucheln, sodass das Mädchen mit einem hässlichen Geräusch kniend auf dem Boden aufschlug.
    »Steh auf«, herrschte Henricus sie an und griff in das kastanienbraune Haar, das von einer kleinen Haube bedeckt wurde.
    Als die so Vorgeführte das tränennasse Gesicht hob, entfloh Anabel ein erschrockener Laut. »Vren«, flüsterte sie, biss sich jedoch augenblicklich auf die Lippe, als Henricus‘ habichtartiges Profil in ihre Richtung zuckte und er sie mit einem vernichtenden Blick bedachte.
    Der Hass verzerrte die Züge des stellvertretenden Ordensoberhauptes, als er Vren grob dazu zwang, der Beginenmeisterin in die Augen zu blicken und die Frage zu beantworten, die er ihr laut und deutlich stellte. »Welches ist die Sünde, der du dich schuldig gemacht hast?«, donnerte er, sodass Anabel instinktiv den Kopf einzog. Als Vren erstickt schluchzend eine Antwort stammelte, rüttelte er diese unsanft. »Ich kann dich nicht verstehen«, knirschte er und verzog angewidert den Mund.
    »Ich …«, weinte Vren und blickte Hilfe suchend zu Guta, die sie jedoch lediglich sprachlos anstarrte. »Ich habe einen Novizen zur Unzucht verleitet«, stieß Vren schließlich unter schluckaufartigem Weinen hervor, bevor sie endgültig die Fassung verlor und die Hände vors Gesicht schlug.
    »O mein Gott«, wisperte Anabel.
    »Du hast was?«, fragte Guta ungläubig, doch bevor Vren ihr Geständnis wiederholen konnte, packte der Tonsor sie beim Kragen ihres Hemdkleides und zerrte sie auf den Ausgang zu.
    »Der Novize wird bereits bestraft«, informierte Henricus die Begine mit einem raubtierhaften Lächeln und schickte Vren, die sich heftig gegen den groben Griff des Mönches sträubte, beinahe genüsslich hinterher: »Er erhält vom heutigen Tag an bis Weihnachten jeden Tag zwanzig Hiebe mit einer dornenbesetzten Geißel. So lernt er, was es bedeutet, sich zu kasteien!«
    Alle Farbe wich aus Vrens Gesicht, und ihre vorspringende Nase schien zu schrumpfen, als sie in sich zusammensackte. »Nein«, flehte sie heiser. »Es war nicht seine Schuld!« Der Ausdruck auf Henricus‘ narbenzerfurchtem Gesicht wurde noch härter. »Sei froh, dass mich der Abt davon abgehalten hat, dich durch die Stadt peitschen zu lassen«, fauchte er und gab dem Tonsor mit einer abfälligen Geste zu verstehen, sie ihm aus den Augen zu schaffen.
    »Sie wird diese Abtei nie wieder betreten«, bemerkte er an Guta gewandt sachlich und warf erneut Anabel einen kalten Blick zu. »Und Ihr solltet in Zukunft darauf achten, dass sich die Eurer Obhut anvertrauten Weiber nur dort aufhalten, wo es ihnen gestattet ist!« Trotz der unverhohlenen Drohung, die in diesen Worten mitschwang, schoss Anabel eine alle anderen Gefühle niederringende Hoffnung in die Glieder. Sollte Henricus‘ Fanatismus ihr einen Weg aus ihrem Martyrium auftun? Die Zuversicht, die in ihr aufstieg, war so überwältigend, dass nicht einmal Henricus‘ nächste gehässige Bemerkung sie wieder zerschlagen konnte.
    »Ihr wollt doch nicht, dass man Euch vorwerfen kann, ein Hurenhaus zu führen.« Mit diesem Schlag unter die Gürtellinie wandte er der immer noch verdatterten Guta Staiger brüsk den Rücken und rauschte mit wallender Kutte in Richtung Ausgang. Bevor er jedoch durch den niedrigen Türrahmen verschwand, wechselte er abrupt den Kurs, blieb dicht vor Anabel stehen und spuckte abfällig aus: »Die Dirne erkennt man an ihrem Putz!« Damit und mit einem Blick auf ihr neues Kleid ließ er sie mit flammend roten Wangen stehen und nahm sowohl den Tonsor als auch den in selbstgerechtem Zorn entbrannten Infirmarius mit, um sich ohne Zweifel an anderer Stelle weiter über die Gefahr auszulassen, welche die Anwesenheit der Versuchung innerhalb der Klostermauern darstellte.
    Eine Zeit lang herrschte fassungsloses Schweigen, das lediglich vom Stöhnen und Jammern der Kranken unterbrochen wurde, bevor Schwester Mechthild, deren dunkle Augen Feuer sprühten, sich erbost an die Meisterin wandte und forsch beschied: »Warum lasst Ihr Euch diese Unverschämtheit von ihm gefallen, Meisterin?«
    Anstatt die Frage zu beantworten, ließ sich Guta wie betäubt auf einen der zahllosen Schemel fallen und schüttelte den Kopf. »Wie konnte sie nur so töricht sein?«, murmelte sie, bevor sie den Blick zu Mechthild hob und nüchtern erwiderte: »Wir haben ein Gelübde abgelegt, den Bedürftigen und Kranken zu helfen. In unserer Sammlung ist kein Platz für die Leidenden. Folglich sind wir darauf

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