Die Launen des Teufels
anstellen, konnte es durchaus sein, dass Franciscus die Kontrolle über die Aufträge verlor, was auch für Conrad ernsthafte Konsequenzen bedeuten könnte.
»Ich habe persönlich eine Handvoll Wachen dazu abgestellt, in Zukunft besser darauf zu achten, dass niemand übervorteilt wird.« Einige der Anwesenden spendeten spontan Beifall, während ein anderer Teil säuerlich die Mienen verzog.
Wie durchschaubar sie doch alle sind, dachte Conrad verächtlich und beschloss, Franciscus, dem auch aus den eigenen Reihen Gefahr drohte, eine Warnung zukommen zu lassen. Es konnte sicherlich nicht schaden, wenn der Abt in seiner Schuld stand.
»Ich sehe, Ihr habt die Wichtigkeit dieses Punktes verstanden«, fuhr der Vorsteher fort und warf einen Blick in die Runde. »Womit mir bleibt, Euch ans Herz zu legen, die Warnungen der Heiligen Brüder und Schwestern zu befolgen, um uns alle vor der tückischen Krankheit zu schützen.«
»Man kann sich nicht schützen!«, keifte eine hysterische Wollweberin aus der hintersten Reihe, und bevor der Alderman etwas erwidern konnte, mischten sich die tieferen Stimmen der Männer ein.
»Was für einen Unfug redest du da, Weib?«, dröhnte ein Hüne von einem Steinmetz, der zornig den Kopf gewandt hatte. »Natürlich kann man sich schützen! Diese Seuche trifft nur die Ungläubigen und Sündigen.«
Eine Handvoll Männer nickte zustimmend. »Ja, sie säubert die Stadt«, knurrte ein buckliger Schiffer, dessen rechtes Auge zugeschwollen und grünlich verfärbt war. »Sie ist ein Zeichen Gottes.«
»Euer Geschwätz ist aberwitzig«, mischte sich ein feingliedriger Goldschmied ein, dessen aufwendig gearbeiteter Rock mehr gekostet haben musste als ein gutes Pferd. »Nur, wenn man sein Haus regelmäßig ausräuchert, kann man sich vor der Pest schützen.« Er warf einen Blick auf eine kleine Ansammlung armseliger Gerber, die trotzig zurückstarrten. »Wer an übel riechenden Orten arbeitet, ist besser geschützt als diejenigen, die in frischer Luft ihrem Tagwerk nachgehen. Ein Gift schwächt das andere und wirft es nieder!«
Der Tumult nahm zu. »Wer badet, ist anfälliger«, kreischte eine schmutzstarrende Mangerin, deren faulige Zahnstummel kaum mehr aus dem Gaumen ragten.
»Was für ein Schwachsinn!«, donnerte einer der Gewürzhändler. »Man sagt, es sei die Schuld der Juden. Sie vergiften unsere Brunnen. Wenn wir die Plage loswerden wollen, müssen wir uns dieses Pack vom Hals schaffen!«
Das angstgepeitschte Geheul, das sich als Antwort auf diesen Einwand erhob, ließ Conrad die Stirn runzeln, und während er noch beobachtete, wie sich die Menschen weiter gegenseitig anstachelten, fuhr ihm ein Gedanke durch den Kopf, dessen Raffiniertheit ihn lauthals lachen ließ. Der kehlige Laut ging in dem Toben der Anwesenden unter, doch als er sich ohne auf den Protest des Aldermans zu achten auf dessen Podest schwang und »Ruhe!« donnerte, verstummten die Männer und Frauen erstaunt.
»Ihr habt recht«, bellte er mit geballten Fäusten. »Kurz vor Beginn des Ausbruches habe ich gesehen, wie sich einer der Juden am Brunnen vor dem Rathaus zu schaffen gemacht hat«, log er, ohne rot zu werden. »Nur wenn wir sie vertreiben, wird die Geißel von uns genommen!«
Wie eine wildgewordene Meute Hunde schüttelte der inzwischen zu besinnungsloser Wut angestachelte Mob die Arme und drängte – die Zunftangelegenheiten vergessend – in Richtung Ausgang, um auf der Stelle dafür zu sorgen, dass die Stadt in Zukunft wieder sicher sein würde.
Als der letzte Rücken durch den Ausgang verschwunden war, blickte der Alderman mit einer Mischung aus Verachtung und Entsetzen zu Conrad auf und flüsterte tonlos: »Was habt Ihr getan?«
»Dafür gesorgt, dass diese Plage aus unserer Stadt verschwindet!« Ohne näher zu erläutern, ob er damit die jüdischen Geldverleiher oder die Pest gemeint hatte, sprang er auf den Boden zurück, tippte sich an die Kappe und schlenderte seelenruhig aus dem Raum.
Ein breites Feixen auf den Zügen, trat er in die Kälte der Nacht hinaus, um gerade noch mit anzusehen, wie die inzwischen mit Fackeln bewaffnete Meute die Straße entlang auf den Judenhof zustürmte, wo sie zweifelsohne ein Blutbad anrichten würde. Wie einfach es doch war, sich von seinen Schulden zu befreien, dachte er spöttisch und steuerte in die entgegengesetzte Richtung, um sich ins Badehaus zu begeben und dem Druck in seinen Lenden Erleichterung zu verschaffen. Klirrend hing der Frost in der Luft, und mit
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