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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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in der Zeitung gelesen hatte.
    Sie fragte mich eindringlich aus, wollte wissen, ob ich alles heil überstanden habe, und sagte dann in ihrer mitleidlosen Art, mit der sie zum Kern einer jeden Sache vorstößt und die ihr politisches Markenzeichen ist: »Wenigstens heißt das, dass das Feld für Sams Buch nun frei ist. Sie sollten sich ernsthaft an die Arbeit machen. Als wir uns in Belgien gesehen haben, erwähnten Sie, es gäbe noch einige Dinge über Beddoes’ Aufenthalt in Basel und Zürich, woran Sam gearbeitet hat. Meinen Sie, diese Spuren sind es wert, weiter verfolgt zu werden?«
    »Nun, ja, ich glaube schon«, sagte ich. »Ich meine, will man sichergehen, muss man ihnen so weit wie möglich folgen, auch wenn sie sich dann als Sackgassen herausstellen sollten …«
    »Ganz richtig. Genau wie in der Politik, man muss immer für Rückendeckung sorgen, damit nicht irgendein aufdringlicher kleiner Scheißer einen mit seinen Kritteleien überfällt. Also, Folgendes werden wir tun: Bekannte von mir haben eine Unterkunft in der Schweiz. Sie werden für ein, zwei Monate wärmere Klimate aufsuchen, ich kann in ihrer Abwesenheit die Bude benutzen und werde dort mit ein paar Leuten Weihnachten verbringen. Es nennt sich Fichtenburg am Blutensee und liegt im Kanton Aargau. Das Chalet ist der ideale Arbeitsort für Sie, es ist ruhig und nett – meine Gesellschaft wird erst um den vierundzwanzigsten herum aufkreuzen –, und Sie kommen von dort schnell nach Zürich und Basel. Wie klingt das?«
    »Das klingt sehr hübsch«, sagte ich. »Aber vielleicht …«
    »Gut«, sagte sie. »Sie werden sich zu den Festlichkeiten zu uns gesellen, ansonsten aber sind Sie Ihr eigener Herr und Meister. Ich habe mit der Haushälterin gesprochen, Frau Buff, sie erwartet Sie heute Abend …«
    »Heute Abend!«, rief ich aus. Es dämmerte mir, dass Linda mit mir nicht Eventualitäten diskutierte, sondern ihre Anordnungen diktierte! Genauso war es gewesen, als sie mich im vergangenen Monat kontaktiert und gesagt hatte, sie sei auf einer Konferenz in Brüssel und habe beschlossen, das Wochenende im Fremdenhaus des Klosters von Frère Jacques zu verbringen, und ob es nicht eine gute Idee sei, wenn ich den Gründer der Third-Thought-Bewegung persönlich kennen lerne? Und während ich noch darüber nachdachte, wie ich höflich ablehnen könnte, erzählte sie mir von den bereits getroffenen Reisevorkehrungen.
    Das Gleiche geschah nun wieder. Ich war für den Flug einer Nachmittagsmaschine aus Manchester gebucht, das Ticket würde am Flughafen bereitliegen. Ein Taxifahrer würde mich am Ankunftsschalter in Zürich abholen.
    Sie schwatzte auf ihre entschiedene Art noch eine Weile lang fort, doch nach dem ersten Schock musste ich feststellen, dass ich nur daran dachte, ob Emerald an Weihnachten auch anwesend sein würde.
    »Klingt wirklich toll, Linda«, sagte ich. »Sowohl was die Arbeit als auch was Weihnachten betrifft. Ich befürchtete schon, es könnte etwas einsam werden. Aber ich will mich nicht Ihrer Familie aufdrängen …«
    »Das werden Sie nicht«, sagte sie brüsk. »Es kommen nur ein paar Kumpel aus der Politik. Und Frère Jacques wird bei uns sein, so Gott will. Also, alles klar, ja?«
    Meine Enttäuschung ließ mich ein wenig bockig werden.
    »Könnte ein Problem werden, nach Manchester zu kommen. Mein Wagen ist kaputt … und dann ist da noch meine Arbeit …«
    »Nehmen Sie ein Taxi, schreiben Sie es mir auf die Rechnung. Und die Arbeit, ihretwegen fahren Sie doch dahin«, blaffte sie.
    »Ich meinte meinen Job in der Universitätsgärtnerei …«
    Ich hörte dieses ungläubige Schnarren, das Millionen britische Zuhörer und -seher von ihren Auftritten in den Talkshows kennen. Ihr charakteristisches Erkennungszeichen, mit dem sie ihre im Rundfunk übertragenen Labour-Reden im Parlament pointierte, bevor sie sich mit der eigenen Parteiführung überwarf und davonstürmte, damit auch die Europäer in den Genuss ihrer Entrüstung kamen.
    »Sie sind jetzt ein Vollzeitgelehrter, Fran, Sie haben es nicht mehr nötig, Ihren Garten zu kultivieren. Das Buch, darauf kommt es jetzt an.«
    Seltsam, dachte ich mir, dass sie sich nach Jahren der Entfremdung von ihrem Stiefbruder nun, da er tot ist, so leidenschaftlich für sein Werk einsetzt.
    Letztendlich tat ich, was die meisten tun, wenn Linda mit einem vorgezeichneten Lebensplan über sie herfällt. Ich fügte mich.
    Und je länger ich über ihren Plan nachdachte, umso attraktiver

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