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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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treffen sich, tauschen sehnsüchtig Blicke aus, trennen sich vielleicht für immer und werden dann durch eine seltsame Laune des Schicksals in einem abgeschiedenen romantisch-schaurigen Ort wieder zusammengeführt. Das ist nicht so weit von der
Abtei von Northanger
entfernt«, sagte Ellie.
    »Wenn Roote mit im Spiel ist, stehen die Chancen gut, dass sich das ganze schaurige Zeug als etwas Übernatürliches herausstellt«, sagte Pascoe.
    »Nein, im Herzen ist er Realist. Hat für alles eine Erklärung. Mit Ausnahme dieser Vision, die er von dir gehabt haben will. Sehr seltsam. Ich meine, die Jungfrau Maria ist eine Sache, aber du!«
    »Das Lachen wird dir vergehen, wenn ich erst mal Kult bin«, sagte Pascoe leichthin.
    Er hatte Ellie nichts von seiner eigenen Vision von Roote bei der St. Margaret’s Church erzählt, zur gleichen Zeit, als dieser angeblich ihn gesehen hatte. Als Polizist wurde man ständig damit konfrontiert, dass die Welt voller Zufälle war. Während Buchrezensenten häufig darüber stöhnten, dass Krimis zu sehr auf sie vertrauten, erschienen ihm meistens jene Autoren als unglaubwürdig, die nicht wahrhaben wollten, welche große Rolle der Zufall im alltäglichen Leben spielte.
    Daher redete er sich ein, dass sich sein Schweigen rational begründen lasse. Dennoch musste er konstatieren, dass er mit beinah kindischem Eifer wollte, dass sie seiner Meinung zu den Briefen zustimmte, teilweise zumindest.
    »Du musst doch sehen, dass er sich über mich lustig macht«, drängte er.
    »Muss ich das? Was genau meinst du?«
    »Er vergleicht den Wunsch des Herzogs, seine Frau von den Toten auferstehen zu lassen, mit seinem eigenen Anliegen, Sam Johnson wiederzuerwecken. Der Herzog aber bekommt stattdessen den von ihm ermordeten Rivalen. Und daher frage ich mich also, wo ich einen toten Rivalen Rootes finde? Und es gibt eine Menge davon! Als erstes Albacore. Dann diesen Studenten in Sheffield, Jake Frobisher, jener, der sich eine Überdosis eingeworfen hat, um mit seiner Arbeit fertig zu werden, jener, dessen Tod der Auslöser für Johnsons hastigen Umzug an die Mid-Yorkshire Uni war.«
    »Dessen Tod Wieldy auf deine Anweisung hin noch mal und ergebnislos unter die Lupe genommen hat? Komm schon! Im schlimmsten Fall macht sich Franny etwas lustig über deine Besessenheit, ihn in deine Ermittlungen hineinzuziehen. Aber ich weiß, dass noch nicht einmal ein so ausgewachsener Paranoiker wie du etwas finden kann, was definitiv als bedrohlich angesehen werden könnte.«
    »Was ist mit der Stelle, an der er mein häusliches Glück beneidet?«, sagte Pascoe halsstarrig.
    Sie las es nach, sah zu ihrem Ehemann und schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Er sagt dir, dass du dich glücklich schätzen kannst, eine so liebenswerte Frau und eine so entzückende Tochter zu haben, und das hältst du für bedrohlich? Komm schon!«
    »Gut, was ist dann mit dem Scheiß, dass ich ihm Ruhe und Frieden verschaffe. Das, musst du zugeben, ist doch ein wenig verschroben«, sagte Pascoe, verärgert, dass er sich trotz seiner Vorsätze nun doch auf eine Diskussion über den Brief eingelassen hatte.
    »Vielleicht. Aber schließlich hat er dich zu seinem Guru auserkoren, zu seinem geistigen Vater, erinnerst du dich? Du kannst es dem Waisenjungen nicht verübeln, dass er sich an seinen weisen geistigen Ziehvater wendet, wenn ihn Wachstumsschmerzen plagen!«
    Fast hätte dies zu einem Ausbruch geführt, wie er für den Vorabend des großen Familienfestes höchst ungebührlich gewesen wäre, hätte nicht in diesem Augenblick Rosie den Raum betreten; sie gähnte laut und wollte wissen, ob es nicht schon längst an der Zeit sei, ins Bett zu gehen. Da dies dem Fürsten der Finsternis gleichkam, der plötzlich seinem Wunsch Ausdruck verlieh, die Hölle dichtzumachen und stattdessen ein Pflegeheim zu eröffnen, brachen beide Elternteile, leider ohne jegliches Mitgefühl, in schallendes Gelächter aus und hatten dann den Schaden wieder gutzumachen, den sie damit im zarten Gefühlshaushalt ihrer Tochter angerichtet hatten.
    Es gibt die Geschichte eines Mannes in der Todeszelle, der sich einzureden versucht, er sei ein Kind, das auf Weihnachten wartet, um somit die Angst einjagenden Stunden in jene im Schildkrötentempo dahinschleichenden Minuten der Kindheit zu verwandeln. Schnell oder langsam, Gutes oder Schlechtes, letztlich stehen alle Dinge irgendwann vor der Tür, und am folgenden Morgen musste sich der Himmel im Osten nur in eine etwas blassere

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