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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Geist kam ins Rasen. War es Zufall, fragte ich mich, oder war es geplant? Konnte Emerald von den Plänen, die ihre Mutter mit mir hatte, erfahren und daraufhin beschlossen haben, sich einzumischen? Oder war es von mir absurd arrogant, dass ich mir so etwas auch nur einbilden konnte?
    Diese Fragen lenkten mich so sehr ab, dass ich, als ich nach drinnen zurückkehrte, kaum Frau Buffs Schmortopf oder die Flasche ausgezeichneten Burgunders, den ich aus dem gut gefüllten Vorrat ausgewählt hatte, zu goutieren wusste. Ich habe sogar den Teller der überaus lecker aussehenden
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aufgeschoben, den mir die gute Frau zum Nachtisch zurückließ, damit ich Ihnen, meinem Freund, meinem geistigen Vater, ein weiteres Mal schreiben kann, um meine Gedanken zu klären und mich daran zu erinnern, dass, gleichgültig, wie aufgewühlt und turbulent mein Seelenleben auch sein mag, ich immer einen kleinen kühlen, ruhigen Kreis finden kann, wie den See draußen vor meinem Fenster, der mir Frieden verschafft.
    Nun, es hat funktioniert. Ich fühle mich bereit, der Zukunft entgegenzutreten – und meine
Sahnetorte
zu genießen.
     
    Danke
    Franny
     
     
     ogar die Verbrecher feiern in ganz England Weihnachten, doch bedeutet Müßiggang für die Verderbten nicht zwangsläufig auch Müßiggang für die Hüter des Gesetzes. Verbrechen aus Habgier, der Adventszeit angemessen, finden am Festtag selbst so gut wie nicht statt, doch werden sie durch jene Verbrechen neu entflammten Zorns und lange währender Animositäten mehr als wettgemacht, die, befeuert von großen Alkoholvorräten, ganz natürlich dem engen Zusammensein mit Blutsverwandten entspringen, welche sich die übrigen dreihundertvierundsechzig Tage wohlweislich voneinander fern gehalten haben.
    Als daher Pascoe an Heiligabend nach Hause hastete, unter dem Arm die Geschenke für Rosie, die ihm mehrere seiner großzügigen Kollegen auf den Schreibtisch gelegt hatten, trug er auch die Furcht mit sich, dass die beiden freien Tage, die er sich nach harten Mühen und Plagen erworben hatte, von einem Telefonanruf unterbrochen werden konnten, durch den man ihm mitteilte, sorry, aber es gibt so viele häusliche Zwistigkeiten, wir kommen nicht mehr hinterher, kannst du nicht reinkommen und uns bitte helfen?
    Und falls es Dalziel wäre, der anriefe, wäre das Fragezeichen und das »bitte« zu streichen.
    Als er den Schlüssel ins Schloss der Eingangstür steckte, betrachtete er den Türklopfer in Form eines Löwenkopfs aus Messing, den Ellie aus einem verfallenen Bauernhaus in Greendale Moor »gerettet« hatte, und wartete, ob er sich in das Gesicht des Dicken verwandeln würde.
    Nichts geschah, vielleicht würde es ihm erspart bleiben, von ihm verfolgt zu werden.
    Doch als er das Haus betrat und auf dem Tisch im Flur, auf dem Ellie seine Privatpost ablegte, einen Briefumschlag mit einer Schweizer Briefmarke und einer Adresse erblickte, verfasst in der ihm mittlerweile vertrauten Handschrift, hatte er das Gefühl, dass er sich zu früh gefreut hatte.
    Er hätte ihn ins Feuer geworfen, nur wusste Ellie nun bereits von ihm, und er hatte beschlossen, es für sich behalten zu wollen, wie sehr ihn diese Briefe irritierten.
    Es gelang ihm, ihn zu ignorieren, bis er seine Frau umarmt, seine Tochter in die Luft geworfen und ihren rabiaten Wachhund Tig davon überzeugt hatte, dass dies kein Angriff auf sie war, bis er in seine bequemen, hinten platt getretenen, vom Hund zerkauten Schlappen geschlüpft war, die, woran er kaum zweifelte, morgen von einem neuen, steifen Paar ersetzt und unverzüglich von ihm und Tig in Bearbeitung genommen werden würden, und er einen langen Schluck aus seinem Gin Tonic genommen hatte.
    »Hab gesehen, dass du wieder Fran-Post bekommen hast«, sagte Ellie.
    »Ich hab’s bemerkt. Was steht drin?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Hast du ihn nicht über Dampf gehalten und geöffnet?«
    »Wenn’s mich so sehr interessieren würde, hätte ich ihn einfach aufgerissen«, sagte Ellie. »Aber ich leugne nicht meine milde Neugier, was sich beim freundschaftlichen Tête-à-Tête mit den reichen Müßiggängern ergeben hat.«
    »Was sich wahrscheinlich ergeben hat, ist, dass sie nicht ganz dicht in der Birne sind«, sagte Pascoe.
    Er öffnete den Umschlag, überflog den Brief und warf ihn seiner Frau zu.
    Sie las ihn langsamer, drehte das Blatt um und begann von vorn.
    »Herr im Himmel«, sagte er. »Er ist nicht Jane Austen.«
    »Ach, ich weiß nicht. Held und Heldin

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