Die Laute (German Edition)
schinde
MARSYAS
Ich weiß es um der Vergessenheit
Zu entgehen wann immer Menschen
Bewundernd meinen Namen nennen
Werden sie auch deiner gedenken
Wenn schon nicht rühmend so doch
Voller Verachtung
APOLLON
Warum besitzt du soviel mehr
MARSYAS
Es ist nicht mein Verdienst es ist
Von einem andren Gott als du es bist
Geschenkt
…
MARSYAS
Warum trittst du überhaupt mit mir
In einen Wettstreit was wir uns wünschen
Ist doch Einzigartigkeit
APOLLON
Glaub nicht dass wir Götter glücklich sind
Wie oft beneiden wir euch Sterbliche
Um eurer Sterblichkeit willen denn ohne sie
Gäb es den Ruhm nicht
MARSYAS
Willst du damit sagen ich sollte dir
Noch dankbar sein für meinen Tod
APOLLON
Manchmal muss man Großes um des
Größeren willen opfern
MARSYAS
Und das Größere ist Ruhm
APOLLON
Das Größere ist die öffentliche Ordnung
…
MARSYAS
Du wirst nicht gegen mich gewinnen können
Weil du siegen willst all deine Kunst
Ist nur auf Sieg gerichtet doch lebt die
Kunst von Niederlagen
APOLLON
Nie verliert ein Gott am Ende siegt er immer
MARSYAS
Deswegen wird am Ende nichts von seinen
Siegen überdauern
…
MARSYAS
Nur ein Mittel kenne ich den Neid zu
Bändigen eine glückliche Jugend
Wie war deine Gott der Musen
Das beliebteste Spiel bei den Tangu in Neu-Guinea, lese ich in meinem Buch über Neid, ist »Taketak«: Zwei Mannschaften lassen Kreisel tanzen. Ziel des Wettstreits ist es, den vollkommnen Gleichstand zu erreichen. – Wie sehr würde uns »Zivilisierte« ein derartiges Spiel langweilen! Wir wollen Sieger sehen
.
Oder Verlierer. Laufen zwei tatsächlich gemeinsam über die Ziellinie, installieren wir Kameras, die immer noch einen Abstand messen, wo unser Auge längst keinen Unterschied mehr findet
.
Ein Orchester würde mit ehrgeizigen Einzelkämpfern niemals funktionieren
.
Interludium: Taketak (synchrones Summen mehrerer Kreisel)
MARSYAS
Nichts kann mich dazu verlocken in einem
Wettkampf zu gewinnen macht der Sieg uns
Bereits einsam macht der Neid uns noch
Viel einsamer alleine der Verlierer
Darf noch Hoffnung haben
APOLLON
Rühme nicht zu laut deine Talente
Die Götter dulden keine Prahlsucht
Ebenso weckt falsche Demut ihren Zorn
Strebst du nicht nach Glück so
Können wir es nicht verweigern noch
Gewähren
MARSYAS
So lässt du mir ja nicht viel Spiel
Zum Zeigen meiner Kunst wie ichs
Auch mache mach ichs falsch
…
MARSYAS
An deinem Lob Apoll ist mir
Nicht viel gelegen dein Neid indessen
Ehrt mich
APOLLON
Diese Ehre kostet nichts ich gönn sie dir
MARSYAS
Ist es nicht so dass jene Söhne
Die von ihren Müttern ausgezeichnet wurden
Dem Leben große Zuversicht abrangen
Was hat dir deine Mutter vorenthalten Gott
APOLLON
Du weißt ich war ein Siebenmonatskind
Und Leto meine Mutter irrte auf der Flucht
Vor Heras Eifersucht über Delos kahle
Unbewohnte Asche doch war es Themis
Die mit Nektar und Ambrosia mich nährte
Und Hephaistos Gott des Feuers und der
Schmiede der am vierten Tag mir
Pfeil und Bogen übergab
MARSYAS
Habe es mir doch gedacht ausgesetzter und
Verwahrloster Sohn einer Irren
Einen kurzen Augenblick überlegt Apollon, an wen Marsyas ihn erinnert, und erkennt dann, dass es sein eigenes Bild ist, das ihm in seiner jugendlichen Gestalt entgegentritt, ein wenig gröber zwar, fehlerhafter, menschlicher, aber zweifellos sein Ebenbild
.
Marsyas bemerkt diesen Moment des Erkennens und spottet:
MARSYAS
Ist es nicht schrecklich ein alternder Gott
Zu sein Talking ’bout my generation
Hope I die before I got old
Und sofort hasst Apollon sein menschliches Double, mag es auch noch so begabt sein. Schon vor Beginn des Wettstreits ist klar: Er wird es zerstören!
APOLLON
Denkst du deine Freude währt
Fett wirst du und alt und runzelig
Mit schlaffen Weiberbrüsten zahnlos
Und nach Fäulnis stinkend ehe ich
Nur einmal ausgeatmet habe
MARSYAS
Werd ich das
Beneiden heißt wissen, dass man im Voraus schon verloren hat
.
Der Asket nimmt sich die Freiheit, anders zu sein
.
Es ist bereits Mittag. Mittag in Nowa Huta. Aus den offenen Fenstern der Wohnblocks quillt der Geruch von Stampfkartoffeln mit Dill.
Den ganzen Vormittag über ist es still geblieben. Ob meine Botschaft angekommen ist? Oder ist es nur die Stille vor dem Sturm? – Ich gehe in die Küche, wärme mir die übrig gebliebenen Maultaschen von gestern auf. In Kürze wird Cześka eintreffen. Aber sie hat noch nie, solange wir befreundet sind, mit mir zusammen
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