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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ihres Mannes geben? Seid ihr so wenig Christen, dass ihr nicht helfen wollt?«
    Unruhig scharrten die Helwigsdorffer mit den Füßen und sahen sich an, bis Thomas eine Münze aus seinem Beutel nahm und sie dem Bergmann in die Hand drückte.
    »Nehmt den Toten mit nach Großhartmannsdorf und lasst ihn dort bestatten. Es sollte genug sein, dass der Pfarrer auch eine
Predigt halten kann.« Ein Hustenanfall schüttelte Thomas, der sich unter den missbilligenden Blicken von Frau und Schwiegertochter auf Jeanne stützte.
    »Wohl gesprochen, guter Mann«, sagte der Bergmann, und seine Kumpel nickten beifällig.
    Nun suchten auch die anderen nach einem Kupfergroschen, den sie entbehren konnten, denn viel zu verschenken hatte keiner. Gudrun nahm die Münzen an und murmelte Dankesworte.
    Schließlich zogen die Freiberger mit dem Leichenkarren weiter, und die Leute zerstreuten sich so rasch, wie sie gekommen waren.
    Jeanne war erleichtert, dass der alte Froehner wieder normal atmete und sich nur noch leicht auf ihre Schulter stützte. »Was wird jetzt aus Gudrun und den Kindern? Müssen sie wirklich ins Armenhaus?«
    »Es wird wohl so kommen, wenn sie keine Anverwandten haben, zu denen sie gehen können«, sagte Thomas.
    Agathe giftete: »Dass du dich unterstehst, ihr mehr zu geben! Wir müssen selbst die Groschen wenden und haben zwei Mäuler mehr zu stopfen, wie du wohl weißt!«
    »In der Heiligen Schrift steht, dass man den Bedürftigen geben soll, Agathe«, mahnte ihr Mann.
    »Ja, und es heißt auch, dass man die eigenen Kinder lieben soll wie sich selbst«, erwiderte die Alte.
     
    Als Jeanne am nächsten Morgen ihre Laute aus der Stube holen wollte, erwartete sie eine böse Überraschung. Das schöne Instrument lag auf dem Boden, die Muschel und der Hals zerbrochen, die Saiten hingen lose an den herausgesprungenen Wirbeln. Sie stieß einen verzweifelten Schrei aus und hockte sich auf den Boden, um mit Tränen in den Augen die Teile zusammenzufügen, doch das Holz war gesplittert. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr Vater das Instrument, auf dem schon ihre Mutter gespielt hatte, zu reparieren vermochte.

    Ihr Vater kam aus der Werkstatt gelaufen. »Wie ist das geschehen?«, fragte er fassungslos.
    »Ich weiß nicht«, jammerte Jeanne. »Sie lag so auf dem Boden.«
    Plötzlich ging die Küchentür auf, und Afra streckte den Kopf herein. »Nein, welch ein Jammer! Die ungeschickte Ute ist heute Morgen auf die Laute getreten, als sie saubermachen wollte. Vielleicht kann man das Holz ja leimen.« Mit einem feinen Lächeln verschwand sie wieder in der Küche.
    Endres streichelte seiner Tochter über die dunklen Haare. »Nicht weinen, mignonne , ich baue dir eine neue.«
    »Aber Mutter hat auf ihr gespielt …«
    Anstelle einer Antwort bückte Endres sich und sammelte gemeinsam mit seiner Tochter die Bruchstücke der Laute auf.

8
    Gerwin war davon überzeugt, dass sie ihre unentdeckte Flucht bis Großschirma nur der Hilfe eines Dutzends Schutzengel verdankten. Was auch immer Hippolyt sagen mochte, es musste eine himmlische Macht gewesen sein, die dem alten Gaul die Kraft geschenkt hatte, sie heil aus dem Wald zu bringen. Der Pferdehändler in Großschirma hatte beim Anblick des verschwitzten und geschundenen Tieres den Kopf geschüttelt und gesagt, dass das Tier nur noch zum Schlachten tauge. Doch für Mitleid blieb keine Zeit, wenn sie den Vorsprung vor ihren Verfolgern behalten wollten. Sie erzählten, um eine falsche Fährte zu legen, dem Pferdehändler, dass sie auf dem Weg nach Braunschweig seien.
    Mit den frischen Pferden, gutem Sattelzeug und Proviant für zwei Tage ritten sie bis kurz vor Krögis. Noch immer hielten sie sich auf Nebenstraßen und Waldwegen, was zur Folge hatte, dass sie überfallen wurden, die Strauchdiebe aber durch das Auftauchen einer Gruppe Jäger verscheucht wurden. Nicht bald danach
verstellten ihnen drei Gesetzlose den Weg, denen sie mit einem schnellen Galopp entkamen. Die Nacht verbrachten sie unter dem dichten Zweigwerk alter Fichten und wechselten sich mit der Wache ab. Mit der ersten Morgenröte standen sie auf und brachten die letzte Wegetappe hinter sich.
    Im Wald um das kurfürstliche Jagdschloss entgingen sie knapp einer Gruppe Soldaten und kamen am Abend erschöpft und mit blank liegenden Nerven auf dem Gut Jerg von Rechbergs an, wo der Herr des wehrhaft befestigten kleinen Anwesens sie mit offenen Armen aufnahm. Gerührt und leicht befremdet sah Gerwin das Wiedersehen der alten

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