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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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zusammengerufen. Der Morgen begann müde, das Licht war noch fahl und grau und kroch mehr durch die Fenster, als dass es hereinschien.
    Sein Tauchteam hatte er nicht allein nach der Erfahrung der einzelnen Teilnehmer zusammengestellt. Es handelte sich nicht um Naturburschen, die man für ein Projekt begeistern konnte; das waren harte Männer, die von der Bergung, häufig der illegalen Bergung, von wertvollen Gegenständen lebten. Alle waren bereits in Kontakt mit der Polizei gekommen. Manche mehr als einmal, im besten Falle wegen Hehlerei, im schlimmsten, weil ein Mitbewerber mit den Fäusten ausgeschaltet worden war. Keine schweren Kriminellen, aber auch keine Hobby-Schatztaucher. So eine Auswahl stellte immer ein Sicherheitsrisiko für ein Projekt dar, aber hier wusste er ja von Anfang an, dass mit harten Bandagen gekämpft werden würde.
    Schmidtdresdner war in das Besprechungszimmer getreten, die Reliefkarte des Seebodens zusammengerollt in den Händen. Die Männer hatten sich bereits an der Kaffeemaschine bedient, vor jedem stand eine dampfende Tasse. Einer der Taucher hatte Brötchen mitgebracht. Jemand raschelte mit der Tüte, um sich eines herauszuholen, hielt aber sofort inne, als Schmidtdresdner hereinkam. Er schilderte den Tauchern in dürren, kurzen Worten, was er bei seinem abendlichen Telefonat erfahren hatte.
    »Also Leute, es wird eng!«
    Mit einem Mal waren alle Männer hellwach.
    Schmidtdresdner rollte die mitgebrachte Karte auf und zeigte in eine Bucht, die geschützt am Waldrand lag. »Hierhaben die Sondierungen die besten Chancen ergeben, und hier hatte Archy seinen tödlichen Zusammenstoß mit unseren … Konkurrenten .«
    Er händigte den Tauchern eine Kopie der Karte aus, in Plastikfolie geschweißt, damit man sie unter Wasser verwenden konnte.
    »Vergesst niemals, dass das Wrack uns gehört – und macht das jedem klar, der sich daran vergreifen will!«
    Gerd Schmidtdresdner drückte jedem der Männer eine automatische Harpune und ein Tauchermesser in die Hand. »Ihr wisst, wie man damit umgeht?«
    Sie nickten.
    Es konnte losgehen.
    »Ich schlage vor, dass ihr euch nun vorbereitet und spätestens in einer halben Stunde im See seid.«
    Die Männer erhoben sich.
    »Das dort unten«, schärfte Schmidtdresdner seinen Tauchern ein, »das ist euer Gold. Denkt immer daran! Lasst es euch von niemandem wegnehmen!«
    »Schon klar, Boss«, murmelte einer der Taucher und fuhr mit seinem Daumen über die Spitze seiner Harpune.
    Die anderen lachten.
    »Jeder von euch untersucht ein Drittel des Terrains«, wies Schmidtdresdner seine Gruppe an. Die drei Taucher hörten aufmerksam zu, jeder wollte der sein, der das Projekt zum Erfolg führte. »Ihr schwimmt vom Ufer bis in eine Distanz von 500 Metern zur Seemitte, und das möglichst systematisch, und diese Flachwasserzone sucht ihr ab. Wenn wir das Wrack aufspüren, war das definitiv euer letzter Job. Dann habt ihr ausgesorgt.«
    Die Taucher verließen das Zimmer und überquerten in der Morgenkühle den Hof. Schon stand die Sonne rot und rund über dem Horizont, sie spiegelte sich schillernd in den Pfützen. Dann stiegen sie in den Transporter, den GerdSchmidtdresdner zum See fuhr. Die Männer schlüpften während der Fahrt in ihre Taucheranzüge und schnallten sich die Pressluftflaschen um.
    Schmidtdresdner bog aus der Zufahrtsstraße ab zum See, hielt den Wagen an, sprang heraus und öffnete die Autotür. Sie eilten über den in der Frühe noch verlassenen Parkplatz zum Ufer, stülpten sich die Flossen an die Füße und verschwanden im kalten Wasser. Alles lief ohne ein Wort ab, präzise, die Planung funktionierte.
    Schmidtdresdner sah den aufsteigenden Luftblasen noch eine ganze Weile versonnen zu, bis sie sich in der Ferne verloren. Noch schwammen sie als Gruppe, bald würden sie sich trennen und die ihnen zugewiesenen Areale des Seebodens untersuchen. Wenn das Flugzeugwrack dann lokalisiert worden war, mussten sie in der nächsten Nacht zurückkehren, die einzelnen Barren mit starken Seilen an Bouyancy-Bags festschnüren und die Ballons, mit Druckluft gefüllt, an die Oberfläche steigen lassen. All das konnte nur bei Nacht geschehen und ohne Einsatz von Scheinwerfern oder Taschenlampen. Jeder der Taucher trug eine Kamera bei sich, so hatten sie, wenn alles wie geplant ablief, den ganzen Nachmittag Zeit, um ein dreidimensionales Modell des Laderaums zu erstellen, damit später jeder Griff im Dunkeln saß.
    Ein erster Reisebus rollte auf den Parkplatz.

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