Die Lavendelschlacht
gibt’s nichts mehr zu reden.« Ich verspürte nicht das geringste Bedürfnis, mir in meinen eitrigen Wunden herumstochern zu lassen. Schon gar nicht heute Abend! Josch und eine große Portion Tiramisu warteten im Wohnzimmer auf mich. Beides fand ich wesentlich verlockender als eine weitere Auseinandersetzung mit Thomas.
»Das sehe ich aber ganz anders. Mir ist in der Zwischenzeit einiges klar geworden. Hör mir einfach nur zehn Minuten zu. Bitte!« Es klang beinahe flehend. Ich hatte nicht den Eindruck, dass Thomas sich so ohne weiteres abwimmeln lassen würde.
»Na schön, sag einfach, was du zu sagen hast, und dann verschwinde wieder.«
»Aber nicht zwischen Tür und Angel.« Thomas schob mich beiseite und stiefelte schnurstracks Richtung Wohnzimmer. Ich stürzte hinterher, Linus folgte uns mit wedelndem Schwanz.
Vor dem Esstisch kam die Prozession zum Stehen.
Innerhalb von Sekunden machte Thomas sich ein Bild von der Situation – der festlich gedeckte Tisch, die leise klassische Musik im Hintergrund, die roten Rosen, die Josch mir mitgebracht hatte, und natürlich last but not least Josch selbst – und zog daraus seine Schlüsse. Falsche Schlüsse.
»Ach, ich verstehe. Vorspiel mit Lebensmitteln«, kommentierte er zynisch. »Na, du hast dich ja wirklich schnell getröstet. Josch stellt sich bestimmt gerne als Samenspender zur Verfügung. Nicht wahr, Superman? Ist doch schön für dich, Annette. Dann kannst du dir diesmal die Mühe sparen, an dem Kondom herumzuschnippeln.«
Ich zog scharf die Luft ein. Das war ja wohl das Ungeheuerlichste, was ich je gehört hatte! Wenn ich Thomas gerade richtig verstanden hatte, unterstellte er mir, das Kondom vorsätzlich manipuliert zu haben. Wie viel Niederträchtigkeit traute er mir eigentlich zu? Jedenfalls genug, um es darauf anzulegen, ihm ein Kind unterzujubeln. Unglaublich!
Es kochte, brodelte und zischte in mir. Ein bisschen mehr Testosteron im Blut, und ich hätte Thomas auf der Stelle einen rechten Haken verpasst. Genau auf seine schönen, blauen Augen. Ich zählte im Geist bis drei, dann weiter bis zwanzig. Endlich hatte ich mich wieder so weit unter Kontrolle, dass ich Thomas die Tür weisen konnte.
»Raus!«, zischte ich gefährlich leise. Übergangslos steigerte ich meine Lautstärke von Piano zu Forte. »Raus! Verlass auf der Stelle meine Wohnung!«
»Keine Sorge, bin schon unterwegs. Ich will das junge Glück nicht länger stören.«
Als Thomas grußlos gegangen war, zitterte ich am ganzen Körper. Wie kam er bloß dazu, sich solche widerwärtigen Anschuldigungen aus den Fingern zu saugen? Ich war zutiefst beleidigt und verletzt.
»Hey, schon gut. Nimm dir das nicht so zu Herzen. Vergiss einfach den Bullshit, den der Blödmann gerade abgesondert hat.« Josch nahm mich fest in den Arm. Sein Körper fühlte sich warm und tröstlich an. Wie eine schöne Tasse Kakao. Das aufregende, kribbelnde Sektblubbern, das ich seinerzeit bei ihm gespürt hatte, war komplett verschwunden. Leider! Warum konnte man sich bloß nicht aussuchen, in wen man sich verliebte?!
Allmählich beruhigte ich mich wieder.
Josch schob mich ein Stück von sich und sah mir prüfend in die Augen. »Du liebst den Scheißkerl immer noch, stimmt’s?«
Stumm nickte ich.
Einundzwanzig
»Hab ich dir übrigens schon erzählt, dass wir heiraten werden?«
»Wie bitte?!!«
Ich saß mit Mona im Casablanca, als sie die Bombe hochgehen ließ.
Bang! Einfach so, aus heiterem Himmel. Ohne Vorwarnung. Bis eben hatten wir den neusten Klatsch aus der Redaktion durchgehechelt. Mausis neuer Lover – ein eingebildeter Schnösel, dem der Potenzrasen in Büscheln unter dem Hemd hervorquoll – war dabei nicht besonders gut weggekommen. Aber wen interessierte das jetzt noch!?
Mona strahlte wie ein Kronleuchter.
Völlig perplex ließ ich Messer und Gabel sinken. Puh, diese Neuigkeit musste erst mal verdaut werden. Zusammen mit den Calamares. Plötzlich schmeckten die frittierten Ringe zäh. Ich schob den halb vollen Teller zur Seite, denn Monas Hochzeitspläne waren mir etwas auf den Magen geschlagen. Um Zeit zu gewinnen, kramte ich in meiner Tasche umständlich nach den Zigaretten.
»Sicher hast du dir das gut überlegt.« Vorsichtig suchte ich nach den passenden Worten. Ich wollte nicht, dass Mona den Eindruck bekam, ich würde ihr ihr Glück nicht gönnen. Man hätte schon blind sein müssen, um zu übersehen, wie verliebt Kai und sie waren. Richtige Turteltauben. Trotzdem fand ich die Heirat
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