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Miss Monster

Miss Monster

Titel: Miss Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Der alte Maschendrahtzaun glänzte in der Dunkelheit wie ein dichtes Spinnennetz!
    Bis hierher und nicht weiter, hieß es immer. Jenseits des Zaunes begann die andere Welt, da lag das Moor, der Sumpf mit all seinen Gefahren und Geheimnissen.
    Tagsüber düster, grau und von grünen, verschwommenen Farben durchzogen, in der Nacht aber war er eine schwarze, manchmal glänzende Fläche, über die hin und wieder geheimnisvolle Irrlichter tanzten, als wollten sie irgendwelche Botschaften vermitteln. Diese Nacht war eine besondere, denn es herrschte Vollmond. Der Erdtrabant stand bleich wie ein runder Ausschnitt inmitten der Schwärze. Es war kein Silberlicht, das er der Erde entgegenschickte, sondern ein fahler, unwirklich anmutender Schein, dessen Blässe sich auch auf der dunklen Fläche des Sumpfes widerspiegelte. Sie gab den zahlreichen Gräsern und Gewächsen einen leichenhaften Anstrich. Sie spiegelte sich auf den Tümpeln und Pfützen, als wären diese unheimliche Spiegel, die das Bild einer zum Sterben verurteilten Landschaft zurückgeben sollten. Bis hierher und nicht weiter!
    Niemand hatte ein Warnschild aufgestellt. Jeder wußte Bescheid, und jeder wußte auch, daß harte Strafen drohten, wenn diese Regel durchbrochen wurde.
    Einige hatte es getan, wenige taten es noch immer. Aber eine ließ sich durch nichts abschrecken. Keine Strafe konnte zu hart sein, denn sie wußte genau, wohin ihr Weg führte. Sie sah nicht die Verbote, sie sah das Ziel, allein das Ziel, das hinter allem stand. Auch in dieser Nacht.
    Schuhlos hatte sich Wiebke Crotano aus dem Internat geschlichen und die kräftigen Treter erst später übergestreift. Sie war dann auf leisen Sohlen bis zum Zaun gehuscht, stand jetzt vor ihm und preßte ihr Gesicht gegen das Metall. Sie starrte hinüber.
    Ihre Augen hatten einen ungewöhnlichen Glanz bekommen. In ihm spiegelten sich Freude, Erwartung und Hoffnung. Was andere abschreckte, zog sie an.
    Hinter dem Zaun lag die andere Welt, eine Welt, die ihr gehörte, in die sie eindrang, die sie gerufen hatte, denn sie war sicher, daß sie es in dieser Nacht finden würde.
    An die Schule verschwendete sie keinen Gedanken mehr. Das hatte die Schülerin weit zurückgedrückt. Aus Wiebke Crotano war eine andere geworden.
    Miss Monster!
    Den Namen hatte sie sich selbst gegeben und noch mit keinem darüber gesprochen. Möglicherweise würde sich das in dieser Nacht ändern, denn sie wollte endlich einen Erfolg erzielen.
    Der Sumpf stank nach Verwesung, einfach widerlich. Sie aber liebte ihn.
    Abhalten konnte er sie nicht. Im Gegenteil, sie sah ihn als beruhigend an.
    Geschmeidig sprang sie am Außengitter in die Höhe. Blitzschnell faßten ihre kleinen, aber doch sehr kräftigen Hände zu. Die Finger fanden die richtigen Lücken. Auch wenn der Draht in die Haut drückte, es kümmerte Wiebke nicht. Sie mußte hoch, den Zaun überklettern, und war dann in ihrer Welt.
    Heimlich hatte sie sich für diesen nächtlichen Ausflug umgezogen. Sie trug Jeans, einen Pullover, feste Schuhe. Das lange Haar hatte sie im Nacken zusammengesteckt. Vier Klammern hielten es fest. Es war kühl geworden. Der nahe Herbst war bereits zu riechen. Die Natur zeigte sich irgendwie verändert.
    Feucht und absterbend, etwas traurig, angefüllt mit einer morbiden Melancholie.
    Sie erreichte das Ende des Zauns. Für einen Moment blieb sie auf der schmalen Kante hocken, drehte den Kopf und schaute zurück zum Internat.
    Dort lag die Schule.
    Ein altes, ein mächtiges Gemäuer, ein dunkler Kasten, in dem schon Generationen von Schülern zu ›tüchtigen‹ Menschen erzogen worden waren. Wie sie das Wort erziehen haßte. Es war eine einzige Tortur. Sogar geschlagen wurde, und es gab da einige Lehrer, die es mit einer besonderen Freude taten.
    Wie Mister Redstone, zum Beispiel…
    Wiebke sprang. Sie hatte das oft genug geübt. Nie war ihr beim Aufprall etwas passiert, und auch in dieser so besonderen Nacht kam sie sicher auf. Der Boden war weich, er federte nach, und sie spürte in den Knien einen bissigen Schmerz.
    Das lag an ihrem Miniskus. Wenn sie einige Schritte gelaufen war, verschwand das Ziehen wieder. Warum sollte es heute nacht anders sein als sonst?
    Es war nicht anders als sonst. Es ging ihr gut, sie konnte sich wieder auf die Umgebung konzentrieren.
    Viel hatte sich nicht verändert. Der Untergrund zeigte noch immer eine Decke aus Hügeln, Mulden, kleinen Rinnen, in denen sich Schmutzwasser gesammelt hatte. Das Gras wuchs hier ziemlich

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