Die Lazarus-Formel
die Bedrohungen durch die Aesirianer und die Hüter überwunden. Sie war dem Tod entronnen und unsterblich geworden.
Sie konnte die zusätzliche Energie in ihren Zellen regelrecht spüren. Sie fühlte sich stärker und lebendiger als je zuvor. Sie war stärker und lebendiger als je zuvor. Eigentlich hätte sie glücklich sein müssen. Aber Bens Todessehnsucht trübte dieses Glück.
Er trat an ihre Seite und folgte ihrem Blick hinauf zu der uralten Konstellation.
Er seufzte.
Eve konnte sich nur zu gut vorstellen, was er gerade dachte. »Es tut weh, nicht wahr?«
»Jedes Mal, wenn ich ihn sehe«, gab er leise zu. »Nacht für Nacht für Nacht. Seit Tausenden von Jahren. Ich will das nicht mehr, Eve. Ich kann das nicht mehr.«
»Dann sieh die Sterne nicht an«, sagte sie noch leiser als er und fühlte, wie ihre Stimme zitterte. »Sieh mich an.«
Er drehte sich zu ihr um. Die Härte und der Schmerz in seinem Gesicht verschwanden.
»Ich kann dir sagen, Ben, wie der Mechanismus funktioniert«, begann sie und bemühte sich, ihrer Stimme wieder mehr Kraft zu verleihen.
Er wartete.
»Ich habe das Wasser in dem Glastank mit reinem Sauerstoff angereichert und auch reinen Sauerstoff geatmet, um dessen Level in meinem Blutkreislauf und meinen Zellen zu erhöhen. Mit den Strahlern und den Lautsprechern habe ich die Infrarot-Wärme-Strahlung und die Infraschallwellen im Innern eines Vulkans simuliert. Das war die weitere Bedeutung des Rätsels: die Stimme der Götter und die Schlange, die Feuer speit. Die dadurch angeregte Ionisation hat den zusätzlichen Sauerstoff in den Zellen mit dem freien und eigentlich schädlichen Phosphor zu der benötigten vierten Phosphatgruppe gebunden und damit aus dem ATP das hochwertigere ATTP gemacht.«
Er nickte.
»Bei Normal-Unsterblichen«, sagte sie und musste bei diesem Ausdruck selbst die Augen verdrehen, »könnte man den Prozess vermutlich rückgängig machen, indem man das Taxan Paclitaxel, das der Körper nun in einer Art Nebenprozess ausscheidet, wieder zuführt, um damit die Zellteilung zu blockieren. Also, man könnte die Unsterblichkeit behandeln , wie man Krebs behandelt.«
Ben schüttelte den Kopf. »Das habe ich mehrfach versucht. Ich kann so viele normale Eibennadeln und -samen essen, wie ich will, es ändert bei mir nichts.«
»Das habe ich mir gedacht, nachdem du eben deine Geschichte erzählt hast«, sagte Eve. »Du bist tatsächlich völlig anders als die Aesirianer. Der Mechanismus, den ich entdeckt habe, und auch dessen vielleicht mögliche Umkehrung, haben für dich keinerlei Bedeutung.«
»Dann war alles umsonst«, murmelte er resigniert.
Eve rang sich ein Lächeln ab, um nicht zu zeigen, wie sehr seine Worte sie schmerzten.
»So habe ich das nicht gemeint«, fügte er hastig hinzu, als er es dennoch in ihren feucht gewordenen Augen las. »Es ist nur … Das war meine letzte Hoffnung.«
Sie nahm sein wunderschönes Gesicht in ihre schlanken Hände. »Nein, Ben, das war sie nicht.«
Er war irritiert. »Was?«
»Das war nicht deine letzte Hoffnung.«
»Nein?«
Als sie merkte, dass er ihr zuhörte, fasste sie neuen Mut, und diesmal gelang ihr das Lächeln, ohne dass sie es erzwingen musste. »Nein. Wir treffen eine neue Vereinbarung.«
Er sah sie fragend an.
»Wir begeben uns erneut auf die Suche …«
»Du würdest mir tatsächlich helfen, doch noch einen Weg zu finden, sterblich zu werden?«, unterbrach er sie ungläubig.
Sie schluckte trocken. Er hatte sie missverstanden. Deshalb sagte sie schnell: »Wenn sich alles andere als vergeblich herausstellt, ja. Dann helfe ich dir, einen Weg zu finden, sterblich zu werden.«
»Alles andere?«
»Ja. Wir werden Osiris suchen, Ben«, erklärte sie. »Oder zumindest werden wir herausfinden, wer er war oder hoffentlich noch ist und woher er kam.«
Seine breiten Schultern senkten sich. »Glaub mir, Eve, ich habe schon überall nach ihm gesucht.«
»Da hattest du mich noch nicht«, sagte sie und grinste selbstbewusst. »Immerhin habe ich ja auch sein Rätsel des ewigen Lebens durchschaut und entschlüsselt. Als Erste nach so vielen tausend Jahren – wenn ich das, ohne mich selbst loben zu wollen, hinzufügen darf.«
Ihr Grinsen steckte ihn an. »Ja, das hast du.«
»Und jetzt bin ich obendrein auch noch unsterblich«, sagte sie mit einem Zwinkern. »Wir haben Zeit, wir haben Ressourcen, und wir sind ein verdammt gutes Team. Gemeinsam schaffen wir das.«
Er überlegte einen Moment. »Du meinst, wir
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