Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
Reis ab. Meine Wirtin war mit treulich beholfen und hatte auch ihren ehrlichen Gewinn davon. Sie lernete mich allerhand feine Künste, die nicht nur leichtfertige Weiber können, sondern auch solche, womit sich lose Männer schleppen, so gar daß ich mich auch fest machen und einem jeden, wann ich nur wollte, seine Büchsen zubannen konnte. Und ich glaube, wenn ich länger bei ihr blieben wäre, daß ich auch gar hexen gelernt hätte. Demnach ich aber getreulich gewarnet wurde, daß die Obrigkeit unser Nest ausnehmen und zerstören würde, kaufte ich mir eine Kalesch und zwei Pferd, dingte einen Knecht und machte mich damit unversehens aus dem Staub, weil ich eben gute Gelegenheit hatte, sicher nach Prag zu kommen.

Das sechste Kapitel
    Courasche kommt durch wunderliche Schickung
in die zweite Ehe und freiet einen Hauptmann,
mit dem sie trefflich glückselig und vergnügt lebte.
    Ich hätte zu Prag feine Gelegenheit gehabt, mein Handwerk ferners zu treiben; aber die Begierde, meine Kostfrau zu sehen und meine Eltern zu erkundigen, trieb mich, auf Bragoditz zu reisen, welches ich als in einem befriedeten Land sicher zu tun getraute. Aber potz Herz, da ich an einem Abend allbereit den Ort vor mir liegen sah, da kamen eilf Mansfeldische Reuter, die ich, wie sonst jederman getan hatte, für kaiserisch und gutfreund ansahe, weil sie mit roten Schärpen oder Feldzeichen montirt waren. Diese packten mich an und wanderten mit mir und meiner Kalesch dem Böhmerwald zu, als wann sie der Teufel selbst gejagt hätte. Ich schrie zwar, als wenn ich an einer Folter gehangen wäre, aber sie machten mich bald schweigen. Um Mitternacht kamen sie in eine Meierei, die einzig vorm Wald lag, allwo sie anfingen zu füttern und mit mir umzugehen, wie zu geschehen pflegt, welches mir zwar der schlechteste Kummer war, aber es wurde ihnen gesegnet wie dem Hund das Gras; denn indem sie ihre viehischen Begierden sättigten, wurden sie von einem Hauptmann, der mit dreißig Dragonern eine Convoy nach Pilsen verrichtet hatte, überfallen und, weil sie durch falsche Feldzeichen ihren Herren verläugnet, alle mit einander niedergemacht. Das Meinige hatten die Mansfeldischen noch nicht gepartet, und demnach ich kaiserlichen Paß hatte und noch nicht 24 Stund in Feinds Gewalt gewesen, hielt ich dem Hauptmann vor, daß er mich und das Meinige als keine rechtmäßige Beuten halten und behalten könne. Er mußte es selbst bekennen; aber gleichwohl, sagte er, wäre ich ihm um meiner Erlösung willen obligiert, ihm aber nicht zu verdenken, wenn er einen solchen Schatz, den er vom Feind erobert, nicht mehr aus Händen zu lassen gedächte; seie ich eine verwittibte Rittrneisterin, wie mein Paß auswiesen so sei er ein verwittibter Hauptmann, wenn mein Will darbei wäre, so würde die Beut bald geteilt sein; wo nicht, so werde er mich gleichwohl mitnehmen und hernach erst mit einem jedwedern disputirn, ob die Beute rechtmäßig sei oder nicht. Hiermit ließ er genugsam scheinen, daß er allbereit den Narrn an mir gefressen; und damit er das Wasser auf seine Mühl richtete, sagte er: diesen Vorteil wolle er mir lassen, daß ich erwählen möchte, ob er die Beute unter seine ganze Bursch teilen solle, oder ob ich vermittelst der Ehe samt dem Meinigen allein sein verbleiben wolle, auf welchen Fall er seine Leute schon bereden wollte, daß ich mit dem Meinigen keine rechtmäßige Beute, sonder ihm allein durch die Verehelichung zuständig worden wäre. Ich antwortete, wenn die Wahl bei mir stünde, so begehrte ich deren keins, sondern meine Bitte wäre, sie wollten mich in meine Gewahrsam passieren lassen. Und damit finge ich an zu weinen, als wann mirs gründlicher Ernst gewesen wäre, nach dem alten Reimen:
Die Weiber weinen oft mit Schmerzen,
Aber es geht ihnen nicht von Herzen,
Sie pflegen sich nur so zu stellen;
Sie können weinen, wann sie wöllen.
    Aber es war meine Meinung, ihm hierdurch Ursach zu geben, mich zu trösten, sich selbst aber stärker zu verlieben, sintemal mir wohl bewußt, daß sich die Herzen der Mannsbilder am allermeisten gegen dem weinenden und betrübten Frauenzimmer zu öffnen pflegen. Der Poß ging mir auch an; und indem er mir zusprach und mich seiner Liebe mit hohem Beteuern versicherte, gab ich ihm das Jawort, doch mit diesem ausdrücklichen Beding und Vorbehalt, daß er mich vor der Copulation im geringsten nicht berühren solle, welches er beides verheißen und gehalten, bis wir in die Mansfeldischen Befestigungen zu Weidhausen

Weitere Kostenlose Bücher