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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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Beute zu erschnappen, willig unterwirft.
    Weil ich meine vorhabende Reise Unsicherheit halber von Wien aus nach Bragoditz so bald nicht ins Werk zu setzen getraute, zumalen es in den Wirtshäusern grausam teur zu zehren war, so verkaufte ich meine Pferde und schaffte alle meine Diener ab, dingte mir aber hingegen eine Magd und bei einer Wittib eine Stube, Kammer und Kuchel, um genau zu hausen und Gelegenheit zu erwarten, mit der ich sicher nach Haus kommen könnte. Dieselbe Wittib war ein rechtes Daus-As, die nicht viel ihres Gleichen hatte. Ihre zwo Töchter aber waren unsers Volks und beides bei den Hofburschen und den Kriegsofficiern wohl bekannt, welche mich auch bei denselben bald bekannt machten, so daß dergleichen Schnapphahnen in Kürze, die große Schönheit der Rittmeisterin, die sich bei ihnen aufhielt, unter einander zu rühmen wußten. Gleich wie mir aber mein schwarzer Traurhabit ein sonderbares Ansehen und ehrbare Gravität verlieh, zumalen meine Schönheit desto höher herfür leuchten machte, also hielt ich mich auch anfänglich gar still und eingezogen. Meine Magd mußte spinnen, ich aber begab mich aufs Nähen Wirken und andere Frauenzimmerarbeit, daß es die Leute sahen; heimlich aber pflanzte ich meine Schönheit auf und konnte oft eine ganze Stund vorm Spiegel stehen, zu lernen und zu begreifen, wie mir das Lachen, das Weinen, das Seufzen und andere dergleichen veränderliche Sachen anstunden. Und diese Torheit sollte mir ein genugsame Anzeigung meiner Leichtfertigkeit und eine gewisse Prophezeiung gewesen sein, daß ich meiner Wirtin Töchtern bald nachahmen würde; welche auch, damit solches bald geschehe, samt der Alten anfingen gute Kundschaft mit mir zu machen und mich oft in meinem Zimmer besuchten mir die Zeit zu kürzen, da es dann solche Discurs setzte, die gar ungesund zu sein pflegen, so jungen Dingern, wie ich war, die Frommkeit zu erhalten, sonderlich bei solchen Naturen, wie die meinige inclinirt gewesen. Sie wußte mit weitläufigen Umschweifen artlich herum zu kommen, und lernete meine Magd anfänglich, wie sie mich recht auf die neue Mode aufsetzen und ankleiden solle. Mich selbst aber unterrichtet sie, wie ich meine weiße Haut noch weißer, und meine goldfarben Haar noch glänzender machen solle. Und wann sie mich dann so geputzt hatte, sagte sie: es wäre immer schad, daß so ein edele Creatur immerhin in einem schwarzen Sack stecken und wie ein Turteltäublein leben sollte. Das tät mir dann trefflich kirr und war Oel zu dem ohnedas brennenden Feur meiner anreizenden Begierden. Sie lehnete mir auch den "Amadis", die Zeit darin zu vertreiben und Complimenten daraus zu ergreifen, und was sie sonst erdenken konnte, das zu Liebeslüsten reizen machte, das ließ sie nicht unterwegen.
    Indessen hatten meine abgeschafften Diener ausgesprengt und unter die Leute gebracht, was ich für eine Rittmeisterin gewesen und wie ich zu solchem Titul kommen; und weil sie mich nicht anders zu nennen wußten, verblieb mir der Nam Courasche. Auch fing ich nach und nach an, meines Rittmeisters zu vergessen, weil er mir nicht mehr warm gab, und indem ich sah, daß meiner Wirtin Töchter so guten Zuschlag hatten, wurde mir das Maul allgemach nach neuer Speise wässerig, welche mir auch meine Wirtin lieber als sich selbst gern gegönnt hätte. Doch dorfte sie mir, so lang ich die Traur nicht ablegte, noch nichts dergleichen so öffentlich zumuten, weil sie sah, daß ich die Anwürf, so hierauf zieleten, gar kaltsinnig annahm. Gleichwohl unterließen etliche vornehme Leute nicht, ihr täglich meinetwegen anzuliegen und um ihr Haus herum zu schwärmen wie die Raubbienen um ein Immenfaß.
    Unter diesen war ein junger Graf, der mich neulich in der Kirchen gesehen und sich aufs äußerste verliebt hatte. Dieser spendirte trefflich, einen Zutritt zu mir zu bekommen; und damit es ihm anderwärts gelingen möchte, weil ihn meine Wirtin noch zur Zeit nicht kecklich bei mir anzubringen getraute, die er dessentwegen oft vergeblich ersucht, erkundigte er von einem meiner gewesenen Diener alle Beschaffenheit des Regiments, darunter mein Rittmeister gelebt, und als er der Officier Namen wußte, demütigt er sich, mir aufzuwarten oder mich persönlich zu besuchen, um seinen Bekannten nachzufragen, die er sein Lebtag nicht gesehen hatte. Von dannen kam er auch auf meinen Rittmeister, von welchem er aufschnitt, daß er in der Jugend neben ihm studiert und allzeit gute Kundschaft und Vertraulichkeit mit ihm gehabt

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