Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
merkte, daß ich viel mehr Feinde als Freunde hatte, also konnte ich mir auch wohl einbilden, es würde ein jedweder von meiner widerwärtigen Gattung gar nicht unterlassen, mir auf ihre sonderbare Manier eins anzumachen, wann sich nur die Gelegenheit darzu ereignet. O Courasche, sagte ich zu mir selbst, wie willst du so vielen unterschiedlichen Feinden entgehen können, von denen vielleicht ein jeder seinen besonderen Anschlag auf dich hat? Wann du sonst nichts hättest als deine schönen Pferde, deine schönen Kleider, dein schönes Gewehr und den Glauben, daß du viel Geld bei dir habest, so wären es Feinde genug, einige Kerl anzuhetzen, dich heimlich hinzurichten. Wie, wann dich dergleichen Kerl ermordeten oder in einer Occasion niedermachten, was würde wohl für ein Hahn darnach krähen? Wer würde deinen Tod rächen? Was, solltest du wohl deinen eigenen Knechten trauen dörfen?
Mit dergleichen Sorgen quälte ich mich selbst und fragte mich auch selbst, was Rats, weil ich sonst niemand hatte, ders treulich mit mir meinete. Und eben deswegen mußte ich mir auch selbst folgen.
Demnach sprach ich den Obristen um einen Paß an in die nächste Reichsstadt, die mir eben an der Hand stund und wohlgelegen war, mich von dem Kriegsvolk zu retiriern. Den erlangte ich nicht allein ohne große Mühe, sondern noch anstatt eines Abschieds eine Urkund, daß ich einem Hauptmann vom Regiment (denn von meinem letzten Mann begehrte ich keinen Ruhm zu haben), ehrlich verheuratet gewesen und, als ich solchen vorm Feind verloren, mich eine Zeitlang bei dem Regiment aufgehalten und in solcher währenden Zeit also wohl, fromm und ehrlich gehalten habe, wie einer rechtschaffnen ehr- und tugendliebenden Dame gebühre und wohlanständig sei, mich derowegen jedermänniglichen um solchen meines untadelhaften tugendlichen Wandels willen bestens recommendirend. Und solche fette Lügen wurden mit eigenhändiger Subscription und beigedrucktem Sigill in bester Form bekräftigt. Solches lasse sich aber niemand wundern, denn je schlimmer sich einer hält und je lieber man eines gerne los wäre, je trefflicher wird der Abschied sein, den man einem solchen mit auf den Weg gibt, sonderlich wann derselbe zugleich sein Lohn sein muß. Ein Pferd und einen Knecht, welcher trotz einem Officier montirt war, ließ ich dem Obristen unter seiner Compagnie, um meine Dankbarkeit darmit zu bezeugen; hingegen brachte ich einen Knecht, einen Jungen, eine Magd, sechs schöne Pferd, darunter das eine hundert Ducaten wert gewesen, samt einem wohlgespickten Wagen darvon; und ich kann bei meinem großen Gewissen (etliche nennen es ein weites Gewissen) nicht sagen, mit welcher Faust ich alle diese Sachen erobert und zuwegen gebracht habe.
Da ich nun mich und das Meinige in bemeldte Stadt in Sicherheit gebracht hatte, versilberte ich meine Pferd und gab sonst alles hinweg, was Geld galt und ich nicht gar nötig brauchte. Mein Gesind schaffte ich auch mit einander ab, um geringe Kosten zu haben. Gleichwie mirs aber zu Wien war gangen, also ging mirs auch hier; ich konnte abermal des Namens Courasche nicht los werden, wiewohl ich ihn unter allen meinen Sachen am allerwohlfeilsten hinweggeben hätte; denn meine alten oder vielmehr die jungen Kunden von der Armee ritten mir zu Gefallen in die Stadt und fragten mir mit solchem Namen nach, welchen auch die Kinder auf der Gassen ehender als das Vatterunser lerneten, und eben darum wies ich meinen Galanen die Feigen. Als aber hingegen diese den Stadtleuten erzählten, was ich für ein Daus-As wäre, so erwies ich hinwiederum denselben ein anderes mit Brief und Siegel und beredet sie, die Officier gäben keiner andern Ursachen halber solch lose Stück von mir aus, als weil ich nicht beschaffen sein wollte, wie sie mich gerne hätten. Und dergestalt biß ich mich zimlich heraus und brachte vermittelst meiner guten schriftlichen Zeugnis zuwegen, daß mich die Stadt, bis ich meine Gelegenheit anders machen konnte, um ein gerings Schirmgeld in ihren Schutz nahm, allwo ich mich dann wider meinen Willen gar ehrbarlich fromm still und eingezogen hielt und meiner Schönheit, die je länger je mehr zunahm, aufs beste pflegte, der Hoffnung, mit der Zeit wiederum einen wackern Mann zu bekommen.
Das zehnte Kapitel
Courasche erfährt, wer ihre Eltern gewesen, und freiet wieder
einen andern Hauptmann.
Aber ich hätte lang harren müssen, bis mir etwas Rechts angebissen, denn die guten Geschlechter verblieben bei Ihresgleichen, und was
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