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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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daß sie hätte kupplen und ich huren sollen, sondern weil sie eine Ernährerin, ich aber eine getreue Person bedorfte, gleichwie diese eine gewesen, der ich Ehr und Gut vertrauen konnte. Ich hatte ohne Kleider und Geschmuck bei 3000 Reichstaler baar Geld beieinander und dannenhero damals keine Ursach, durch schändlichen Gewinn meine Nahrung zu suchen. Meine neue Mutter kleidete ich wie eine ehrbare alte Matron, hielt sie selbst in großen Ehren und erzeigte ihr vor den Leuten allen Gehorsam. Wir gaben uns für Leute aus, die auf der teutschen Grenz durch den Krieg vertrieben worden wären, suchten unseren Gewinn mit Nähen, auch Gold- Silber- und Seidensticken, und hielten uns im übrigen gar still und eingezogen, meine Batzen genau zusammen haltend, weil man solche zu vertun pflegt, ehe mans vermeint, und deren keine anderen kann gewinnen, wenn man gern wollte.
    Nun, dies wäre ein feines Leben gewest, das wir führten, ja gleichsam ein klösterliches, wann uns nur die Beständigkeit nicht abgegangen wäre. Ich bekam bald Buhler; etliche suchten mich wie das Frauenzimmer im Bordell, und andere Tropfen, die mir meine Ehre nit zu bezahlen getrauten, sagten mir viel vom Heuraten; beide Teile aber wollten mich bereden, sie würden durch die grausame Liebe, die sie zu mir trügen, zu ihren Begierden angespornet. Ich hätte aber keinem geglaubt, wann ich selbst ein keusche Ader in mir gehabt. Es ging halt nach dem alten Sprichwort: Gleich und gleich gesellt sich gern; denn gleich wie man sagt, das Stroh in den Schuhen, eine Spindel im Sack und eine Hur im Haus läßt sich nicht verbergen, also wurde ich auch gleich bekannt und wegen meiner Schönheit überall berühmt. Dannenhero bekamen wir viel zu stricken, und unter anderem von einem Hauptmann ein Wehrgehenk, welcher vorgab, daß er vor Liebe in den letzten Zügen läge. Hingegen wußte ich ihm von der Keuschheit so einen Haufen aufzuschneiden, daß er sich stellte, als wolle er gar verzweifeln; denn ich ermaß die Beschaffenheit und das Vermögen meiner Kunden nach der Regul meines Wirts zum Goldenen Löwen zu N. Dieser sagte: »Wann mir ein Gast kommt und gar zu unmäßig viel höflicher Complimenten macht, so ist das ein gewisse Anzeigung, daß er entweder nicht viel zum besten, oder sonst nicht im Sinn hat, viel zu vergeben; kommt aber einer mit Trutzen und nimmt die Einkehr bei mir gleichsam mit Pochen und einer herrischen Botmäßigkeit, so gedenke ich: holla, diesem Kerl ist der Beutel geschwollen, den mußt du schröpfen! Also traktiere ich die Höflichen mit Gegenhöflichkeit, damit sie mich und meine Herberg anderwärts loben, die Schnarcher aber mit allem, das sie begehren, damit ich Ursach habe, ihren Beutel rechtschaffen zu actioniren.« Indem ich nun diesen meinen Hauptmann hielt wie dieser Wirt seine höflichen Gäst, als hielt er mich hingegen, wo nicht gar für einen halben Engel, jedoch wenigst für ein Muster und Ebenbild der Keuschheit, ja schier für die Frommheit selbsten. In Summa er kam so weit, daß er von der Verehlichung mit mir anfing zu schwätzen, und ließ auch nicht nach, bis er das Jawort erhielt. Die Heuratspunkte waren diese, daß ich ihm 1000 Reichstaler bar Geld zubringen, er aber hingegen mich in Teutschland in seiner Heimat um dieselbigen versichern solle, damit, wann er vor mir ohne Erben sterben sollte, ich deren wieder habhaft werden könnte; die übrigen 2000 Reichstaler, die ich noch hätte, sollten an ein gewiß Ort auf Zins gelegt und in stehender Ehe die Zins von meinem Hauptmann genossen werden, das Capital aber ohnverändert bleiben, bis wir Erben hätten; auch sollte ich Macht haben, wann ich ohne Erben stürbe, mein ganz Vermögen, darunter auch die 1000 Reichstaler verstanden, die ich ihm zugebracht, hin zu vertestieren wohin ich wollte etc. Demnach wurde die Hochzeit gehalten, und als wir vermeinten, so lang der Krieg währete, zu Prag bei einander in der Guarnison gleich wie im Frieden in Ruhe zu leben, siehe, da kam Ordre, daß wir nach Holstein in den Dänemärkischen Krieg marschiern müßten.

Das elfte Kapitel
    Nachdem Courasche anfähet sich fromm zu halten wird sie
wieder unversehens zu einer Wittib.
    Ich rüstete mich trefflich ins Feld, weil ich schon besser als mein Hauptmann wußte, was darzu gehörete; und indem ich mich ängstigte, daß ich wieder dahin müßte, wo man die Courasche kenne, erzählte ich meinem Mann mein ganzes geführtes Leben, bis auf die Hurenstücke, die ich hie und da

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