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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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er ferner, »ich bin in einem solchen verwirrten Stand, der mich so verwirret, daß ich auch weder meine Verwirrung, noch mein Anliegen, noch mein oder ihre Beschuldigung, weniger meine Unschuld oder so etwas erläutern möchte, dardurch mir geholfen werden könnte. Sehet, allerschönste Dam, ich sterbe, weil mir das Glück und mein geringer Stand nicht gönnet, ihrer Hoheit zu erweisen, wie glückselig ich mich erkennete, ihr geringer Diener zu sein.« Ich stunde da wie eine Närrin, weil ich von einem geringen und noch sehr jungen Musquetierer solche, wiewohl untereinander und, wie er selbst sagte, aus einem verwirrten Gemüt laufende Reden hörete. Doch kamen sie mir vor, als wann sie mir nichtsdestoweniger einen muntern Geist und sinnreichen Verstand anzeigten, der einer Gegenlieb würdig und mir nicht übel anständig sei, mich dessen zu meiner Marquetenterei, mit welcher ich damals groß schwanger ging, rechtschaffen zu bedienen. Derowegen machte ichs mit dem Tropfen gar kurz und sagte zu ihm: »Mein Freund, ihr nennet mich fürs erst euer Gebieterin, fürs zweit euch selbst meinen Diener, wann ihrs nur sein könnet; fürs dritt klagt ihr, daß ihr ohne meine Gegenwart sterben müßt. Daraus nun erkenne ich eine große Liebe, die ihr vielleicht zu mir traget. Jetzt sagt mir nur, wormit ich solche Liebe erwidern möge; denn ich will gegen einen solchen, der mich von meinen Ehrenschändern errettet, nicht undankbar erfunden werden.« – »Mit Gegenlieb,« sagte mein Galan; »und wann ich dann würdig wäre, so wollte ich mich für den allerglücklichsten Menschen in der ganzen Welt schätzen.«
    Ich antwortet: »Ihr habt allererst selbst bekennet, daß euer Stand zu gering sei, bei mir zu sein, der ihr zu sein wünschet, und was ihr gegen mir mit weitläuftigten Worten weiters zu verstehen gegeben habt. Was Rats aber, damit euch geholfen und ich von aller Bezüchtigung der Undankbarkeit und Untreu, ihr aber euers Leidens entübrigt werden möchtet?« Er antwortet, seines Teils sei mir alles heimgestellt, sintemal er mich mehr für eine Göttin als für eine irdische Creatur halte, von der er auch jederzeit entweder den Sentenz des Todes oder des Lebens, die Servitut oder Freiheit, ja alles gern annehmen wolle, was mir nur zu befehlen beliebte. Und solches bezeugte er mit solchen Geberden, daß ich wohl erachten konnte, ich hätte einen Narren am Strick, der eher in seiner Dienstbarkeit mir zu Gefallen erwürgen, als in seiner Libertät ohne mich leben würde.
    Ich verfolgte das, was ich angefangen, und unterstund zu fischen, dieweil das Wasser trüb war; und warum wollte ichs nicht getan haben, da doch der Teufel selbst diejenigen, die er in solchem Stand findet, wie sich mein Löffler befand, vollends in seine Netze zu bringen unterstehet? Ich sage dies nicht, daß ein ehrlicher Christenmensch, den Werken dieses seines abgefeimten bösen Feindes zu folgen an mir ein Exempel nehmen soll, weil ich ihm damals nachahmte, sondern daß Simplicius, dem ich diesen meinen Lebenslauf allein zueigne, sehe, was er für eine Dame an mir geliebt. Und höre nur zu, Simplex, so wirst du erfahren, daß ich dir dasjenige Stücklein, so du mir im Sauerbrunnen erwiesen, dergestalt wieder eingetränkt, daß du für ein Pfund, so du ausgeben, wieder ein Centner eingenommen. Aber diesen meinen Galanen brachte ich so weit, daß er mir folgende Puncte einging und zu halten versprach.
    Erstlich solle er sich von seinem Regiment loswürken, weil er anderer Gestalt mein Diener nicht sein könnte, ich aber keine Musquetiererin sein möchte.
    Alsdann solle er zweitens bei mir wohnen und mir, wie ein Ehemann alle Lieb und Treu seiner Ehefrauen zu erweisen pflege, eben desgleichen zu tun schuldig sein, und ich ihm hinwiederum.
    Jedoch solle solche Verehlichung drittens vor der christlichen Kirchen nicht eher bestätigt werden, ich befände mich denn zuvor von ihm befruchtet.
    Bis dahin sollte ich viertens die Meisterschaft nicht allein über die Nahrung, sondern auch über meinen Leib, ja auch über meinen Serviteur selbsten haben und behalten, in aller Maß und Form, wie sonst ein Mann das Gebiet über sein Weib habe.
    Kraft dessen sollte er fünftens nicht Macht haben, mich zu verhindern noch abzuwehren, viel weniger sauer zu sehen, wann ich mit andern Mannsbildern conversire oder etwas dergleichen unterstünde, was sonst Ehemänner zum Eifern verursachte.
    Und weil ich sechstens gesinnet sei, eine Marquetenterin abzugeben, solle er zwar in

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