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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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Gattung Fleisch zu Hülf kommen konnte, ob er es gleich roh, gesotten, gebraten oder lebendig haben wollen. Ging es dann an ein Stehlen Rauben und Plündern, wie es dann in dem vollen und reichen Italia treffliche Beuten setzt, so mußten nit nur Springinsfeld samt meinem Gesind ihre Hälse daran wagen, etwas einzuholen, sondern die Courasche selbst fing ihre vorige Gattung zu leben, die sie in Teutschland getrieben, wiederum an; und indem ich dergestalt gegen den Feind mit Soldatengewehr, gegen den Freunden aber im Lager und in den Quartirn mit dem Judenspieß focht, auch wo man mir in aller Freundlichkeit offensive begegnen wollte, den Schild vorzusetzen wußte, wuchs mein Beutel so groß darvon, daß ich beinahe alle Monat einen Wechsel von 1000 Kronen nach Prag zu übermachen hatte, und litt samt den Meinigen doch niemals keinen Mangel; denn ich befliß mich dahin, daß meine Mutter, mein Springinsfeld, mein übrig Gesind und vornehmlich meine Pferde zu jederzeit ihr Essen Trinken Kleid und Fütterung hatten, und hätte ich gleich selbst Hunger leiden, nackend gehen und Tag und Nacht unter dem freien Himmel mich behelfen sollen. Hingegen aber mußten sie sich auch befleißen, einzutragen und in solcher Arbeit weder Tag noch Nacht zu feiern, und sollten sie Hals und Kopf darüber verloren haben.

Das siebzehnte Kapitel
    Was der Courasche für ein lächerlicher Poß wiederfuhr,
und wie sie sich deswegen wieder rächete.
    Schaue, mein Simplice, also war ich bereits deines Cameraden Springinsfeld Mätresse und Lehrmeisterin, da du vielleicht deinem Knan noch die Schwein hütetest und ehe du geschickt genug warest, anderer Leute Narr zu sein, und hast dir doch einbilden dörfen, du habest mich im Saurbrunnen betrogen! Nach der ersten Mantuanischen Belägerung bekamen wir unser Winterquartier in einem lustigen Städtlein, allwo es bei mir anfing ziemlich Kundenarbeit zu geben. Da verging kein Gasterei oder Schmaus, dabei sich nicht die Courasche fand, und wo sie sich einstellete, da galten die italienischen Putani wohl nichts; denn bei den Italiänern war ich Wildpret und etwas Fremds, bei den Teutschen konnte ich die Sprach, und gegen beide Nationen war ich viel zu freundlich, darneben noch trefflich schön; so war ich auch nicht gar hoffärtig und teuer, und hatte sich niemand keines Betrugs von mir zu besorgen, von dem aber die Italiänerinnen dichte voll staken. Solche meine Beschaffenheiten verursachten, daß ich den welschen Huren viel gute Kerl abspannete, die jene verließen und mich hingegen besuchten, welches bei ihnen kein gut Geblüt gegen mir setzte. Einsmals lud mich ein vornehmer Herr zum Nachtessen, der zuvor die berühmteste Putana bedient, sie aber auch meinetwegen verlassen hatte. Solches Fleisch gedachte mir jene wiederum zu entziehen und brachte mir derowegen durch eine Kürschnerin bei demselben Nachtimbiß etwas bei, davon sich mein Bauch blähete, als ob er hätte zerspringen wollen; ja die Leibsdünste drängten mich dergestalt, daß sie endlich den Ausgang mit Gewalt öffneten und eine solche liebliche Stimm über Tafel hören ließen, daß ich mich deren schämen mußte. Und sobald sie die Tür einmal gefunden, passierten sie mit einem solchen Ungestüm nach einander heraus, daß es daher donnerte, als ob etliche Regimenter eine Salve geben hätten. Als ich nun dessentwegen vom Tisch aufstund, um hinweg zu laufen, ging es bei solcher Leibsbewegung allererst rechtschaffen an. Alle Tritt entwischten mir aufs wenigst einer oder zehen, wiewohl sie so geschwind auf einander folgten, daß niemand sie zählen konnte. Und ich glaube, wann ich sie alle wohl anlegen oder der Gebühr nach fein ordentlich hätt austeilen können, daß ich zwo ganzer geschlagener Glockenstund trutz dem besten Tambour den Zapfenstreich darmit hätte verrichten mögen. Es währete aber ungefähr nur eine halbe Stund, in welcher Zeit Gäst und Aufwarter mehr Qual von dem Lachen, als ich von dem continuirlichen Trompeten erlitten. Diesen Possen rechnete ich mir für einen großen Schimpf und wollte vor Scham und Unmut ausreißen; eben also tät auch mein Gastherr, als der mich zu etwas anders, als diese schöne Musik zu halten, zu sich kommen lassen, hoch und teuer schwörend, daß er diesen Affront rächen wolle, wann er nur erfahren könnte, durch was für Pfefferkörner- und Ameiseneier-Köch diese Harmonia angestimmt worden wäre. Weil ich aber daran zweifelt, ob nicht er vielleicht selbst den ganzen Handel angestellt,

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