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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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angetrieben, mehr ihrer Wollust nachzuhängen und solcher abzuwarten als um Beuten zu schauen oder nach Brod und Fourage zu trachten gewohnt war; und sonderlich so war meines Hochzeiters Corporal ein solcher Schnapphahn, der auf dergleichen Nascherei am allermeisten verpicht war, als welcher gleichsam eine Profession daraus machte, anderen die Hörner aufzusetzen, und sichs für eine große Schand gerechnet hätte, wann er solches irgends unterstanden und nicht werkstellig hätt machen mögen.
    Wir lagen damals in Stormaren, welches noch niemals gewußt, was Krieg gewesen; dannenhero war es noch voll von Überfluß und reich an Nahrung, worüber wir uns Herren nannten und den Landmann für unsere Knechte Köch und Tafeldecker hielten. Da währete Tag und Nacht das Banquetieren, und lud je ein Reuter den andern auf seines Hauswirts Speis und Trank zu Gast. Diesen modum hielt mein Hochzeiter auch, worauf angeregter Corporal seinen Anschlag machte, mir hinter die Haut zu kommen; denn als mein besagter Hochzeiter sich mit zweien von seinen Cameraden, so aber gleichwohl auch des Corporals Creaturen gewesen, in seinem Quartier lustig machte, kam der Corporal und commandirte ihn zu der Standarten auf die Wacht, damit, wann mein Hochzeiter fort wäre, er sich selbst mit mir ergötzen könne. Weil aber mein Hochzeiter den Possen bald merkte und ungern leiden wollte, daß ein anderer seine Stell vertreten oder, daß ichs fein teutsch gebe, daß ihn der Corporal zum Gauch machen solle, siehe, da sagte er ihm, daß noch etliche wären, denen vor ihm gebührte, solche Wacht zu versehen. Der Corporal hingegen sagte ihm, er solle nicht viel disputirn, sondern seinem Commando parirn, oder er wolle ihm Füße machen; denn er wollte diese feine Gelegenheit, meiner teilhaftig zu werden, einmal nicht aus Handen lassen. Demnach ihm aber mein Liebster solche nicht zu gönnen gedachte, widersetzte er sich dem Corporal so lang, bis er von Leder zog und ihn auf die Wacht nötigen oder ihn kraft habender Gewalt so exemplarisch zeichnen wollte, daß ein andermal ein anderer wisse, wie weit ein Untergebener seinem Vorgesetzten zu gehorsamen schuldig wäre.
    Aber ach, mein lieber Stern verstund den Handel leider übel, denn er war ebensobald mit seinem Degen fertig, und verdingte dem Corporal eine solche Wunden in Kopf, die ihn des unkeuschen und erhitzten Geblüts alsobald entledigte und allen Kitzel dergestalt vertrieb, daß ich wohl sicher vor ihm sein konnte. Die beiden Gäst gingen ihrem Corporal auf sein Zuschreien zu Hülf und mit ihren Fochteln auch auf meinen Hochzeiter los, davon er den einen alsobalden durchstach und den andern zum Haus hinaus jagte, welcher aber gleich wieder kam und nit allein den Feldscherer für die Verwundten, sondern auch etliche Kerl brachte, die meinen Liebsten und mich zum Profosen führten, allwo er an Händ und Füßen in Band und Ketten geschlossen wurde. Man machts gar kurz mit ihm, denn den andern Tag ward Standrecht über ihn gehalten, und obzwar sonnenklar an Tag kam, daß der Corporal ihn keiner andern Ursachen halber auf die Wacht commandirt, als selbige Nacht an seiner Statt zu schlafen, so wurde doch erkannt, um den Gehorsam gegen die Officiern zu erhalten, daß mein Hochzeiter aufgehenkt, ich aber mit Ruten ausgehauen werden solle, weil ich an solcher Tat ein Ursächerin gewesen. Jedoch wurden wir beide so weit erbeten, daß mein Hochzeiter harquebusirt, ich aber mit dem Steckenknecht vom Regiment geschickt wurde, welches mir gar ein abgeschmackte Reis war.
    So sauer kam mich aber diese Reis nicht an, so fanden sich doch zween Reuter in unserm Quartier, die mir und sich solche versüßen wollten; denn ich war kaum ein Stund gehend hinweg, da saßen diese beiden in einem Bosch, dardurch ich mußte passiren, mich willkommen zu heißen. Ich bin zwar, wann ich die Wahrheit bekennen muß, meine Tage niemal so heikel gewesen, einem guten Kerl eine Fahrt abzuschlagen, wann ihn die Not begriffen; aber da diese zween Halunken mitten in meinem Elend eben dasjenige von mir mit Gewalt begehrten, wessentwegen ich verjagt und mein Auserwählter tot geschossen worden, widersetzte ich mich mit Gewalt; denn ich konnte mir wohl einbilden, wann sie ihren Willen erlangt und vollbracht, daß sie mich auch erst geplündert hätten, als welches Vorhaben ich ihnen gleichsam aus den Augen und von der Stirnen ablesen konnte, sintemal sie sich nicht schämten, mit entblößtem Degen auf mich wie auf ihren Feind loszugehen,

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