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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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Ursprung hatte. Mein Marquetenter aber bekam hierdurch kraft unserer Heuratsnotul den Namen Springinsfeld, und dies ist eben der Springinsfeld, den du, Simplicissime, in deiner Lebensbeschreibung oftermal als einen guten Kerl rühmest. Du mußt auch wissen, daß er alle diejenige Stücklein, die er und du in Westphalen und zu Philippsburg verübet, und sonst noch viel mehr darzu, von sonst niemand als von mir und meiner Mutter gelernet; denn als ich mich mit ihm paaret, war er einfältiger als ein Schaf, und kam wieder abgefeimter von uns, als ein Luchs und Kernessig sein mag.
    Aber die Wahrheit zu bekennen, so sind ihm solche seine Wissenschaften nicht umsonst ankommen, sondern er hat mir das Lehrgeld zuvor genug bezahlen müssen. Einsmals da er noch in seiner ersten Einfalt war, discurirten er, ich und meine Mutter von Betrug und Bosheit der Weiber, und er entblödete sich zu rühmen, daß ihn kein Weibsbild betrügen solle, sie wäre auch so schlau als sie immer wolle. Gleichwie er nun seine Einfalt hiermit genugsam an den Tag legte, also bedauchte mich hingegen, solches wäre meiner und aller verständigen Weiber Dexterität viel zu nahe und nachteilig geredet, sagte ihm derowegen unverhohlen, ich wollte ihn neunmal vor der Morgensuppe betrügen können, wann ichs nur tun wollte. Er hingegen vermaß sich zu sagen, wann ich solches könnte, so wolle er sein Lebtag mein leibeigner Sclave sein, und trutzte mich noch darzu, wann ich solches zu tun mich nicht unterstünde, doch mit dem Geding, wann ich in solcher Zeit gar keinen Betrug von den neunen bei ihm anbrachte, daß ich mich alsdann zur Kirchen führen und mit ihm ehelich copuliren lassen sollte.
    Nachdem wir nun solcher Gestalt der Wettung eins worden, kam ich des Morgens frühe mit der Suppenschüssel, darin das Brod lag, und hatte in der andern Hand das Messer samt einem Wetzstein, mit Begehren, er solle mir das Messer ein wenig schärfen, damit ich die Suppe einschneiden könnte. Er nahm Messer und Stein von mir; weil er aber kein Wasser hatte, leckte er den Wetzstein mit der Zunge, um selbigen zu befeuchtigen. Da sagte ich: »Nun, das walt Gott! das ist schon zwei mal.«
    Er befremdet sich und fragte, was ich mit dieser Rede vermeine. Hingegen fragte ich ihn, ob er sich dann unserer gestrigen Wettung nicht mehr zu erinnern wisse. Er antwortet: »ja,« und fragte, ob und womit ich ihn dann schon betrogen. Ich antwortet: »Erstlich machte ich das Messer stumpf, damit du es wieder schärfer wetzen müßtest; zweitens zog ich den Wetzstein durch ein Ort, das du dir leicht einbilden kannst, und gab dir solchen mit der Zung zu schlecken.«
    »Oho!« sagte er, »ists um diese Zeit, so schweig nur still und höre auf! Ich gib dir gern gewonnen und begehre die restirenden Mal nit zu erfahren.«
    Also hatte ich nun an meinem Springinsfeld einen Leibeigenen. Bei Nacht, wann ich sonst nichts Bessers hatte, war er mein Mann, bei Tag mein Knecht, und wann es die Leute sahen, mein Herr und Meister überall. Er konnte sich auch so artlich in den Handel und in meinen Humor schicken, daß ich mir die Tage meines Lebens keinen besseren Mann hätte wünschen mögen, und ich hätte ihn auch mehr als gern geehlicht, wann ich nicht besorget, er würde dadurch den Zaum des Gehorsams verlieren und in Behauptung der billigen Oberherrlichkeit, die ihm alsdann gebühren würde, mir hundertfältig wiederum eintränken, was ich ihm etwan ohnverehlicht zuwider getan und er ohne Zweifel mit großem Verdruß zuzeiten verschmerzen müssen. Indessen lebten wir bei und mit einander so einig, aber nicht so heilig als wie die lieben Engel.
    Meine Mutter versah die Stelle einer Marquetenterin an meiner Statt, ich den Stand einer schönen Köchin oder Kellerin, die ein Wirt darum auf der Streu hält, damit er viel Gäst bekommen möge; mein Springinsfeld aber war Herr und Knecht und was ich sonst haben wollte, das er sein sollte. Er mußte mir glatt parirn und meiner Mutter Gutachten folgen; sonst war ihm alles mein Gesind gehorsam, als ihrem Herrn, dessen ich mehr hielt als mancher Hauptmann; dann wir hatten liederliche Commißmetzger bei dem Regiment, welche lieber Geld zu versaufen als zu gewinnen gewohnt waren; darum drang ich mich durch Schmiralia in ihre Profession und hielt zween Metzgerknecht für einen, also daß ich das Prä allein behielt und jene nach und nach caput spielte, weil ich einem jeden Gast, er wäre auch herkommen, woher er immer wollte, mit einem Stück von allerhand

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