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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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solchem Geschäfte das Haupt sein und der Handelschaft wie ein getreuer und fleißiger Hauswirt so Tags, so Nachts emsig vorstehen, mir aber das Obercommando, sonderlich über das Geld und ihn selbsten lassen und gehorsamlich gedulden, ja ändern und verbessern, wann ich ihm wegen einiger seiner Saumsal corrigirn würde; in Summa er solle von männiglich für den Herrn zwar gehalten und angesehen werden, auch solchen Namen und Ehre haben, aber gegen mich oben angeregte Schuldigkeit in allweg in Acht nehmen. Und solches alles verschrieben wir einander.
    Damit er auch solcher Schuldigkeit sich allzeit erinnern möge, solle er zum siebenten gedulden, daß ich ihn mit einem sonderbaren Namen nennete, welcher Nam aus den ersten Wörtern des Befehls genommen werden solle, wormit ich ihn das erstemal etwas zu tun heißen würde.
    Als er mir nun alle diese Puncte eingangen und zu halten geschworen, bestätigte ich solches mit einem Kuß, ließ ihn aber für diesmal nicht weiter kommen. Darauf brachte er bald sein Abscheid; ich hingegen griff mich an und brachte unter einem andern Regiment zu Fuß alles zuwegen, was ein Marquetenter haben soll, und fing an mit dem Judenspieß zu laufen, als wann ich das Handwerk mein Lebtag getrieben hätte.

Das sechzehnte Kapitel
    Wie Springinsfeld und Courasche miteinander hauseten
(und er seinen Namen bekam)
    Mein junger Mann ließ sich trefflich wohl an in allem demjenigen, worzu ich ihn angenommen und zu brauchen hatte. So hielt er auch oben vermeldte Articul so nett und erzeigte sich so gehorsam, daß ich die geringste Ursach nicht hatte, mich über ihn zu beschweren. Ja, wann er mir ansehen konnte, was mein Will war, so war er schon bereit, solchen zu vollbringen; denn er war in meiner Liebe so gar ersoffen, daß er mit hörenden Ohren nit hörete noch mit sehenden Augen nit sahe, was er an mir und ich an ihm hatte; sondern er vermeinete vielmehr, er hätte die allerfrömste getreueste verständigste und keuscheste Liebste auf Erden, worzu mir und ihm dann meine angenommene Mutter, die er meinetwegen auch in großen Ehren hielt, trefflich zu helfen wußte. Diese war viel listiger als eine Füchsin, viel geiziger als eine Wölfin, und ich kann nicht sagen, ob sie in der Kunst Geld zu gewinnen oder zu kupplen am vortrefflichsten gewesen sei. Wann ich ein los Stücklein in dergleichen Sachen im Sinn hatte, und ich mich um etwas scheuete (denn ich wollte für gar fromm und schamhaftig angesehen sein), so dorfte ichs ihr nur anvertrauen, und war damit soviel als versichert, daß mein Verlangen ins Werk gestellt würde; denn ihr Gewissen war weiter als des Rhodiser Colossus Schenkel auseinander gespannet, zwischen welchen die größte Schiff ohne Segelstreichung durchpassiren können.
    Einmal hatte ich große Begierden, eines Jungen von Adel teilhaftig zu sein, der selbiger Zeit noch Fähndrich war und mir seine Liebe vorlängstens zu verstehen gegeben. Wir hatten eben damals, als mich diese Lust ankam, das Läger bei einem Flecken geschlagen, wessentwegen sowohl mein Gesind als ander Volk um Holz und Wasser aus war; mein Marquetenter aber ging beim Wagen herum nisteln, als er mir eben mein Zelt aufgeschlagen und die Pferd zunächst bei uns zu andern auf die Weid laufen lassen. Weil ich nun mein Anliegen meiner Mutter eröffnet, schaffte sie mir denselben Fähndrich, wiewohl zur Unzeit, an die Hand, und als er kam, war das erste Wort, das ich ihn in Gegenwart meines Mannes fragte, ob er Geld hätte, und da er mit ja antwortet, dann er vermeinte, ich fragte allbereit um (s. v.) den Hurenlohn, sagte ich zu meinem Marquetenter: »Spring ins Feld und fange unsern Schecken! Der Herr Fähndrich wollte ihn gern bereuten und uns denselben abhandlen und gleich baar bezahlen.«
    Indessen nun mein guter Marquetenter gehorsamlich hinging, meinen ersten Befelch zu vollbringen, hielt die Alte Schildwacht, dieweil wir den Kauf miteinander machten und auch einander ritterlich bezahlten. Demnach sich aber das Pferd nicht von meinem Marquetenter so leichtlich wie seine Marquetenterin vom Fähndrich fangen lassen wollte, kam er ganz ermüdet wiederum zum Zelt, ebenso ungeduldig, als sich der Fähndrich wegen seines langen Wartens stellet. Dieser Geschichten halber hat besagter Fähndrich nachgehende ein Lied gemacht, "der Scheck" genannt, anfahend: »Ach was für unaussprechliche Pein etc.«, mit welchem sich in folgender Zeit ganz Teutschland etliche Jahr geschleppt, da doch niemand wußte, woher es seinen

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