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Die Lebensprinzipien

Die Lebensprinzipien

Titel: Die Lebensprinzipien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruediger Dahlke , Margit Dahlke
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auftretender Weise. Mit Bonn als Hauptstadt verschwand der Großmachtanspruch auch schon äußerlich, und rheinisches Wirtschaftsdenken bestimmte das Geschehen. Mit Fleiß und Engagement machten die Deutschen unter Adenauers Führung aus der von England zur Diskriminierung deutscher Waren durchgesetzten Strafbezeichnung »Made in Germany« ein weltweit anerkanntes Markenzeichen für Qualität und Wertarbeit. Als dem schon betagten, aber noch sehr rüstigen Adenauer auf einer fortgeschrittenen Geburtstagsfeier von einem Laudator gewünscht wurde, er möge hundert werden, entgegnete der gläubige Katholik in rheinischem Dialekt: »Warum woll’n se denn Jottes Jüte so begrenzen?« Nach dem englischen Admiral Sir Walter Raleigh war er wohl der berühmteste Boule-Spieler der Welt. Jedes Jahr fuhr er in denselben italienischen Urlaubsort und spielte dort mit großem Ernst Boccia.
    Der Hanseat Helmut Schmidt zog als Hamburger Innensenator
während der Flutkatastrophe das Krisenmanagement und danach die Aufräumungsarbeiten in so vorbildlicher Weise durch, dass es ihn über seine Heimatstadt hinaus bekannt machte. Als Schmidt-Schnauze hatte er in jüngeren Jahren auch marsische Einschläge, die bei manchem politischen Gegner schwer einschlugen. Sich und den seinen machte er es nie leicht, aber häufig schwer. Seine Regierungszeit war von sachlicher Arbeit geprägt, doch auch von heftigen Auseinandersetzungen um den rechten Weg mit den Jungsozialisten aus dem eigenen Stall. Mit seinem hohen Abstraktionsniveau und seinem klaren Verstand brachte er viele seiner Genossen an deren Grenzen; die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus (Pluto) in Deutschland brachte ihn an seine, wie er offen und freimütig bekannte. Er übernahm von dem Charismatiker Willy Brandt, der Ikone der Ostpolitik, die Regierungsgeschäfte und führte sie mit Konsequenz und Sachlichkeit, aber auch mit Respekt – etwa für seine glücklosen Gegner. Krankheitsbilder prägten sein Leben, aber auch nachdem sein Herz nicht mehr so wollte und er sich einen Herzschrittmacher einbauen ließ, arbeitete er konsequent weiter und blieb seiner hanseatisch sachlichen Linie treu bis zum Abschied aus der Politik, den er mit Larvieren und Anpassen wohl hätte verhindern können. So etwas war jedoch nie seine Sache und schon gar nicht sein Stil. Seiner soliden Geradlinigkeit treu, ging er lieber, als sich verbiegen zu lassen – eine Haltung wie eine deutsche Eiche. Und er konnte immer zwischen Amt und Privatangelegenheiten sachlich trennen. Die Anliegen seiner Frau, der engagierten Naturschützerin Loki, drangen über ihn nie in die Politik, er verschlief sogar die grüne Entwicklung für seine Partei. Offenbar war er da zu stur, sonst hätte er seiner Partei rechtzeitig die aufkommende Zukunftsthematik ins Stammbuch schreiben können.
    Mit über neunzig Jahren wirkt Helmut Schmidt nun wie ein Relikt aus einer anderen Zeit. Er hat aber immer noch sein klares, schnörkelloses, nordisches Denken und die für ihn typische Konsequenz und Bescheidenheit, mit der er etwa mit Loki immer im Reihenhaus
in Hamburg wohnen blieb. Fragen, die er nicht beantworten will, weil sie die Tagespolitik betreffen, beantwortet er einfach nicht. Und das entspricht wundervoll der Weisheit des Alters, das den Überblick hat und sich in nutzlose Streitereien nicht mehr einmischt. Schmeicheleien und Schönfärberei war nie seine Sache, die höchste Form von Anerkennung erwies er dem späteren Finanzminister Steinbrück, indem er äußerte, bisher habe der keine Fehler gemacht.
    Die Grenze zwischen Konsequenz und Sturheit ist bei Schmidt sehr klar gezogen, gerade auch wenn er stur an seinem Zigarettenkonsum in aller Öffentlichkeit festhält. So dürfte er der am besten geräucherte und haltbar gemachte Politiker der Republik sein. Bis ins Alter ist der Sozialdemokrat seiner eher konservativen Linie treu geblieben und – wie es sich für einen richtigen Steinbock-Geborenen gehört – bestens konserviert.
    Mao Tse-tung , der große Vorsitzende der chinesischen Kommunisten, der die armen Bauernmassen Chinas aus Leibeigenschaft und ärmlichsten Verhältnissen befreite, ging später für seine Ideen mit unglaublicher Härte über Leichen wie niemand vor ihm. Wohl kein Herrscher dieser Welt hat so viele Millionen Menschen an seinen Ideen leiden und sterben lassen. Mao machte zeitlebens sein Wort zum Gesetz und hielt mit erschreckender Hartnäckigkeit an offensichtlich gescheiterten Kampagnen wie dem

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