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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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Kloster in mein Geheimnis ein.«
    »Ja, ich wüsste eine, die mir treu ergeben …«
    »Hochverehrter Provinzial, es sollte eine Schwester sein, die mir ergeben ist und Euch niemals das Rezept verrät. Nicht einmal unter der Folter. Und das kann nur eine sein. Schwester Walburga.«
    »O nein!«
    »Überlegt es Euch, und wenn Ihr in Zukunft gute Lebkuchen haben wollt, schlagt ein!«
    »Gut, aber dann werden wir sie ebenfalls auf dem Markt verkaufen.«
    »Aber nur in Abstimmung mit Gieselbert Ebert. Schickt doch morgen gleich einen Boten zum Haus des Bäckermeisters Heller und lasst den Gesellen herbringen, damit wir unsere Vorgehensweise abstimmen. Und dann reicht mir ein Stück Pergament, damit ich Euch aufschreibe, welche Zutaten wir brauchen.«
    »Die Gewürze und der Zucker werden von uns geliefert. Über den Preis verhandeln wir später«, mischte sich Konstantin geschäftig ein.
    »Gewürze? Preis?« Der Atem des Provinzials pfiff.
    »Alles, was meine Braut für die Herstellung der ersten klösterlichen Benedicten braucht, das schenke ich ihr natürlich, doch in Zukunft müssen wir beide wohl über den Preis verhandeln. Aber wir werden uns sicherlich einig. Sie braucht ja nur Anis, Zimt, Piment, Ingwer, Nelken und Zucker.«
    Zur Bekräftigung seiner Worte klopfte Konstantin dem Provinzial jovial auf die Schulter. Der starrte den Kaufmann fassungslos an, als rechne er die Summe für die hochwertigen Zutaten gerade im Kopf zusammen.
    »Ja, und den Honig bestellen wir vom Zeidler Jost. Ich muss mich sputen, damit die Schwestern in Sankt Katharinen nicht versehentlich Dietlindes Lebkuchen in Umlauf bringen«, ergänzte Benedicta.
    Kaum hatten Benedicta und Konstantin die Tür der Amtsstube hinter sich geschlossen, brachen sie in lautes Gelächter aus.
    »Mein Weib ist nicht nur schön, klug, mutig, sondern auch bemerkenswert geschäftstüchtig.«
    »Nein, nein, das Geschäft hast du daraus gemacht«, lachte Benedicta und umarmte ihn übermütig.

Epilog
    Das Gesicht der Frau war leichenblass, ihre Haut durchscheinend, und unter den Augen lagen schwere schwarze Schatten. Sie musste einmal wunderschön gewesen sein, doch nun bestand sie nur noch aus Haut und Knochen.
    Wegen des hohen Amtes, das sie bis vor Kurzem in Engelthal bekleidet hatte, lag sie nicht bei den anderen Schwestern im Siechsaal, sondern hatte eine kleine Zelle für sich. Doch die Wände waren so dünn, dass sie das Ächzen und Stöhnen hörte, als befände sich die Pritsche genau neben ihr.
    Aber es schreckte sie nicht, sondern es feuerte sie an, Zwiesprache mit dem Herrn zu halten. Unermüdlich betete sie für die Seelen derer, die nun bald dort oben im Himmel bei ihm wären. Sie wartete bereits seit Wochen geduldig darauf, endlich selbst vor dem Jüngsten Gericht zu stehen.
    Klaglos ertrug sie die Schmerzen. Kein Laut drang ihr je über die Lippen. Im Gegenteil, sie wurde unruhig, wenn sie ihre Male nicht spürte. Jeden Tag sah sie nach, ob sie bluteten, aber dieses höchste Glück schien ihr versagt zu bleiben. Nur den Schmerz, den fühlte sie. So als ob ihr Nägel durch die Hände getrieben wurden. Sogar an den Füßen fühlte sie das Leiden des Gekreuzigten in einer Heftigkeit, die ihr so manches Mal stumme Tränen in die Augen trieben.
    Immer häufiger war sie dem Herrn zum Greifen ganz nahe. Dann hörte sie ihn locken: Komm zu mir, Leonore! Und das zauberte ein seliges Lächeln auf ihre Lippen. Wenn sie seine Stimme einige Tage lang nicht hörte, bekam sie Angst, dass sie doch in der Hölle schmoren musste für die Schuld, die sie auf sich geladen hatte.
    Gerade war der Herr ihr wieder ganz nahe. Sie fühlte sich wie in eine warme weiße Wolke eingehüllt.
    »Ihr habt Besuch«, sagte jemand.
    Das riss sie aus ihren Visionen. Ihr missfielen sowohl diese Störung als auch die Stimme der Mitschwester, deren Namen sie inzwischen vergessen hatte. Beim Geräusch, das die Menschen verursachten, die nun ihr Heiligtum betraten, fuhr sie zusammen. Sie wollte niemanden sehen. Vielleicht gingen sie wieder, wenn sie die Augen noch fester zusammenkniff.
    »Ich glaube, wir sollten lieber später noch einmal kommen. Sie schläft«, sagte eine freundliche und besorgt klingende Frauenstimme, die ihr entfernt bekannt vorkam.
    »In diesem Dämmerzustand liegt sie schon seit Wochen danieder«, erwiderte die Mitschwester, und jetzt drang ihr auch deren Name wieder ins Gedächtnis. Dietlinde, die Unglückselige.
    »Muhme, hörst du mich?« Diese Stimme hätte sie

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