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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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er aus der Tür, holte sein Pferd und preschte durch die nächtlichen Gassen. Er war selten zu derart später Stunde unterwegs, und es schauderte ihn beim Anblick der finsteren Gestalten, die sich in der Stadt herumtrieben. Wenn er nicht hoch zu Ross gewesen wäre, er hätte sich nicht an jenen Burschen vorbeigetraut, die am Steg herumlungerten. Zu Fuß hätten sie ihn wahrscheinlich überfallen. So trauten sie sich nicht, sondern warfen ihm nur drohende Blicke zu.
    Konstantin war froh, dass der Mond hell vom Himmel schien und ihm den Weg wies.
    Völlig außer Atem erreichte er das Frauentor. Aus der Wohnung des Wächters drang ein Lichtschein nach außen. Vorsichtig pochte er gegen die Tür. Er hoffte nur, dass ihm nicht der Narbengesichtige öffnete, der vorhin so unfreundlich gewesen war.
    Doch es war der lange Schlaksige, der bei dem anderen vergeblich ein gutes Wort für ihn eingelegt hatte.
    »Bist du Jasper?«, fragte Konstantin.
    »Ja, aber was fällt Euch ein, mich zu nachtschlafender Zeit aus dem Bett zu holen?« Dann leuchtete er ihm mit dem Kienspan ins Gesicht. »Wart Ihr nicht vorhin am Tor?«
    »Hör zu. Ich soll dir einen Gruß vom alten Ehrenreit ausrichten. Ich bin sein Neffe. Es geht um Leben und Tod. Ich muss die Stadt sofort verlassen.« Konstantin bekam einen roten Kopf, als er in den Geldbeutel langte und dem Wächter eine Handvoll Pfennige reichte.
    »Was soll das? Ihr wisst doch, dass es uns strengstens untersagt ist, nächtens jemanden zur Stadt hinauszulassen.«
    In seiner Aufregung vergaß Konstantin, was ihm sein Onkel aufgetragen hatte, nämlich, noch einmal in den Geldbeutel zu greifen.
    »Bitte, guter Mann, helft mir! Man hat meine Verlobte heute gegen ihren Willen aus der Stadt gebracht und will sie in Regensburg mit ihrem Stiefbruder vermählen, aber sie ahnt nicht, dass ihr unterwegs etwas zustoßen wird. Die alte Frau und ihr Sohn führen Übles im Schilde!«
    Jasper sah Konstantin durchdringend an. »Sprecht Ihr von der jungen Frau mit dem kleinen Kind?«
    »Sie ist groß, sie ist schön, sie ist …«
    »Zu dürr für meinen Geschmack.«
    »Wann hast du sie gesehen – und wann und mit wem?«
    »Ruhig Blut! Bevor Ihr mich ausfragt, bin ich dran. Ihr könnt gar nicht ihr Verlobter sein, weil sie nämlich mit einem Zeidler verheiratet ist oder zumindest war, denn die Alte hat nun plötzlich behauptet, sie werde ihren Sohn heiraten, diesen Regensburger.«
    »O Gott, ja, das ist sie! Diese Menschen haben sie mitgenommen, um sie aus dem Weg zu räumen.«
    Jasper lachte. »Das glaubt Ihr wohl selbst nicht. Ich kann die Alte zwar gar nicht leiden, aber wie eine Mörderin sieht sie nicht aus. Sie ist von hohem Stand.«
    »Genau wie Benedicta. Darum geht es doch. Die Alte glaubt, dass der kleine Sohn der Erbe ist …«
    »Nun verstehe ich gar nichts mehr. Also, die Alte aus Regensburg hat Sorge, dass …«
    »Um des Himmels willen, lass mich endlich durch!«, zischte Konstantin, und nun fiel ihm ein, was der Onkel ihm geraten hatte. Er griff noch einmal in seinen Beutel.
    Jasper aber lehnte verächtlich ab. »Ich will Euer Geld nicht. Ich will nur eines wissen: Wer seid Ihr? Und meint Ihr es wirklich gut mit ihr?«
    Konstantin rollte mit den Augen. »Ich bin der Mann, der sie liebt und den sie liebt. Und ich werde verhindern, dass man ihr ein Leid antut, wenn du mich endlich durchlässt.«
    »Warum sagt Ihr das nicht gleich? Ich schließe Euch sogleich auf, aber unter einer Bedingung. Wenn Ihr mit ihr in die Stadt zurückkehrt, verratet Ihr mir wenigstens, wer der Vater des Kindes ist. Ein Zeidler oder Ihr?«
    »Alles! Ich verspreche alles, wenn du endlich …« Aber Jasper war schon an Konstantin vorbei zum Tor geeilt und schob den schweren Riegel auf. Dasselbe tat er beim zweiten Tor.
    »Viel Glück!«, rief er Konstantin hinterher.

61
    Adelheit erwachte von dem entfernten Geschrei eines Kindes. Sie besaß gute Ohren, vor allem was Geräusche anging, die von Benedicta und ihrem Balg stammten. Erschrocken fuhr sie hoch und horchte angestrengt, aber nun war alles still. Bis auf die lärmenden Burschen unten in der Schenke. Hatte sie geträumt?
    Trotzdem stand sie leise auf und kleidete sich an. Ein merkwürdiges Gefühl überkam sie. Auf Zehenspitzen schlich sie zu Benedictas Kammer. Wie sie bereits befürchtet hatte, saß Conrat nicht mehr davor, um Wache zu halten. Sie hätte sich denken können, dass er das warme Bett dem zugigen Flur vorzog! Vorsichtig öffnete sie die Tür. Sie

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