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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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verehrt wird. Bei Gan Orrin ist er allerdings nicht sonderlich beliebt.«
    »Kann ich mir vorstellen«, meinte Druss. »Aber das ist ein Problem, mit dem wir uns in Dros Delnoch beschäftigen werden. Wie steht’s mit Nachschub?«
    »Da gibt es einige Schwierigkeiten. Wir haben genügend Lebensmittel für ein Jahr, und wir haben noch drei Brunnen entdeckt, einen sogar in der Festung selbst. Wir haben fast sechstausend Pfeile, zahlreiche Speere und einige hundert zusätzliche Kettenhemden.
    Aber das größte Problem ist die Stadt selbst. Sie hat sich von der dritten bis zur sechsten Mauer ausgebreitet, Hunderte von Gebäuden von Mauer zu Mauer. Es gibt keine Schlachtfelder, Druss. Sobald der Feind die sechste Mauer überwunden hat, hat er bis zur Festung überall Deckung. «
    »Auch darum kümmern wir uns, wenn wir dort sind. Gibt es noch Gesetzlose in Skultik?«
    »Sicher. Wann hätte es sie dort nicht gegeben?« fragte Pinar.
    »Wie viele?«
    »Unmöglich zu sagen. Fünf- oder sechshundert, vielleicht.«
    »Weiß man, wer ihr Anführer ist?«
    »Auch das ist schwer zu sagen«, antwortete Pinar. »Den Gerüchten nach handelt es sich um einen jungen Adeligen, der die größte Bande anführt. Jeder Anführer ist angeblich entweder ein Adliger oder ein Fürst. Woran denkst du?«
    »Ich denke, daß es Bogenschützen sind«, sagte Druss.
    »Aber du kannst jetzt nicht nach Skultik, Druss. Alles könnte passieren. Sie könnten dich töten.«
    »Wohl wahr. Alles Mögliche könnte passieren. Mein Herz könnte versagen, meine Leber streiken. Ich könnte krank werden. Ein Mann kann sich nicht sein Leben lang um das Unerwartete sorgen. Ich brauche Bogenschützen. In Skultik gibt es Bogenschützen. So einfach ist das, mein Junge.«
    »Nein, so einfach ist es eben nicht. Schick jemand anders. Du bist zu wertvoll, als daß wir dich verlieren könnten«, sagte Pinar und ergriff den Arm des alten Mannes.
    »Ich bin schon zu lange dabei, um mich noch zu ändern. Direkte Aktionen zahlen sich aus, Pinar, glaub mir. Und es steckt noch mehr dahinter. Aber davon erzähle ich dir ein andermal. Und jetzt«, sagte er, sich zurücklehnend, an die Menge gewandt, »wißt ihr, wer ich bin und wohin mein Weg führt. Ich werde offen mit euch reden. Viele von euch sind davongelaufen, manche sind verängstigt, einige demoralisiert. Versteht mich richtig: Wenn Ulric Dros Delnoch einnimmt, werden die Länder der Drenai zu Ländern der Nadir. Die Höfe, die ihr bewirtschaftet, werden Nadir-Höfe. Eure Frauen werden die Frauen der Nadir. Es gibt einige Dinge, vor denen kein Mann davonlaufen kann. Ich weiß das.
    In Dros Delnoch riskiert ihr euer Leben. Aber alle Menschen müssen sterben.
    Selbst Druss. Selbst Karnak der Einäugige. Selbst der Bronzegraf.
    Ein Mann braucht viele Dinge, damit sein Leben erträglich wird. Eine gute Frau. Söhne und Töchter. Kameradschaft. Wärme. Nahrung und Unterkunft. Aber vor allem muß er wissen, daß er ein Mann ist.
    Und was ist ein Mann? Jemand, der wieder aufsteht, wenn das Leben ihn zu Boden geworfen hat. Jemand, der die Faust zum Himmel reckt, wenn ein Sturm seine Ernte vernichtet hat – und dann wieder sät. Und wieder. Ein Mann bleibt durch die Wirrungen des Schicksals ungebrochen.
    Dieser Mann mag niemals gewinnen. Aber wenn er sich selbst betrachtet, kann er stolz sein auf das, was er sieht. Denn auch wenn er nur einen niedrigen Rang hat, als Bauer oder Leibeigener oder wenn er arm ist – er ist unbezwingbar.
    Und was ist der Tod? Ein Ende der Mühsal. Ein Ende von Hader und Furcht.
    Ich habe in vielen Schlachten gekämpft. Ich habe viele Männer sterben sehen. Die meisten sind stolz gestorben. Denkt daran, wenn ihr über eure Zukunft entscheidet.«
    Die feurigen blauen Augen des alten Mannes blickten prüfend über die Menge und versuchten, die Reaktionen abzuschätzen. Er wußte, er hatte sie gepackt. Es war Zeit zu gehen.
    Er verabschiedete sich von Pinar und den anderen, bezahlte trotz der Proteste des Wirts seine Rechnung und machte sich auf den Weg nach Skultik.
    Er war wütend, als er loszog und die Blicke der Menschen im Rücken spürte, die auf die Straße gekommen waren, um ihm nachzusehen. Er war wütend, weil er wußte, daß seine Ansprache voller Falsch gewesen war, und er war ein Mann, der die Wahrheit liebte. Er wußte, das Leben zerbrach viele Männer. Manche waren stark wie Eichen – bis ihre Frau starb oder sie verließ oder bis ihre Kinder litten oder hungerten. Andere starke Männer

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