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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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vorbeirennen, bevor diese reagierten. Sehr langsam, Schritt für Schritt näherten sich die Jungen dem Ausgang der Sackgasse. Dabei fixierte Kex immer wieder die Wachen. Mittlerweile konnte er drei Männer erkennen, ihre genaue Blickrichtung blieb aber im Dunkel der Nacht verborgen. Zumindest regte sich keiner der drei, noch waren sie sicher. Dann plötzlich eine Bewegung, Kex und Kos erstarrten. Ein Speer klimperte zu Boden, das Geräusch hallte in der Gasse wider. Es folgte ein unverständliches Grummeln, dann ließ sich einer der Männer an der Wand nach unten gleiten und setzte sich, die Knie mit den Armen umschlossen, auf die Straße. Die Geräusche der Nacht kehrten zurück. Irgendwo auf den Dächern stritten sich zwei Katzen, ein einsamer Vogel zwitscherte und weit entfernt grölte ein Betrunkener. Kex und Kos warteten noch eine Weile, bevor sie weiterschlichen. Als sie nur noch ein paar Meter von den Wachen entfernt waren, bemerkten sie, dass alle drei Wachen schliefen. Aber gerade in dem Moment, in dem die Jungen an den Wachen vorbeischlichen, schreckte einer der Männer auf.
    „Achtung! Sie kommen. Verteidigt euch…“, rief er.
    Kex gab Kos einen Schubs und die beiden rannten los. Doch niemand folgte ihnen. Kex blieb wenigen Metern stehen und blickte sich um. Die drei Männer standen, beziehungsweise hockten noch genauso wie vorhin. Anscheinend hatte einer nur im Schlaf geredet. Erleichtert atmete Kex aus, sie hatten es geschafft, er hatte Kos gerettet. Es war eine Wette, er hatte gewonnen, Esrin verloren.
    Mit stolz geschwellter Brust, Kos vor sich herschiebend betrat er wenig später das Versteck der Bande.
    „Ich habe ihn gerettet! Ich habe Kos zurückgeholt, hörst du Esrin?“, sagte er laut.
    Nichts rührte sich, das Versteck war leer.
     

Initialisierung
    Ein paar Sonnenstrahlen tanzten vom Zelteingang herüber, der Wind hatte für einen kurzen Moment einen schmalen Spalt aufgetrieben. Zemal blinzelte. Neben ihm schliefen seine Eltern und Geschwister, ihr Atem ging ruhig, sein Vater schnarchte wie immer leicht. Zemal konnte nicht schlafen. Er hatte Geburtstag, der siebzehnte, ein ganz besonderer Tag für jeden Verdammten. Heute Abend würden ihm die Ältesten seine Aufgabe erteilen. Konnte er sie erfüllen, wäre er endlich ein Mann. Er würde sein eigenes Zelt erhalten, eine Frau dürfte sich ihn als Ehemann auswählen. Selbst eine eigene Gruppe durfte er dann anführen, schließlich scharten sich schon jetzt seine besten Freunde gern um ihn. Er hatte die Tage gezählt, eine Ewigkeit schon, doch jetzt, heute, als es endlich soweit war, hätte er am liebsten noch gewartet. Unruhig wälzte er sich auf seiner Matte hin und her. Es blieben noch Stunden bis zum Abend. Er schloss die Augen, Schlaf fand er nicht. Die Initialisierung war ein großes Geheimnis unter den Verdammten, niemand sprach darüber. Zemal hatte es versucht, einige Male, mit mäßigem Erfolg. Die Ältesten schwiegen beharrlich, alle anderen erzählten Schauermärchen. So prahlte sein Vater, er hätte einen Wüstensturm aufhalten müssen, und sein Onkel hat angeblich die Sonne für eine ganze Woche unter den Horizont gedrückt, mit bloßen Händen versteht sich. Eine realistische Vorstellung, was ihn erwartete, hatte Zemal also nicht. Sicher, er hatte schon einige in die Einöde ziehen sehen, doch die jeweilige Aufgabe kannten nur die Ältesten und derjenige, der sie erfüllen sollte. Nicht alle schafften ihre Aufgabe, es war nicht einmal sicher, dass man überhaupt aus der Einöde zurückkehrte. Deshalb kamen am Tag des Auszugs auch alle auf dem großen Platz zusammen, selbst Rivalitäten und Feindschaften wurden beiseitegelegt. Schließlich könnte es ein Abschied für immer sein. Ob man Erfolg hatte, entschieden die Ältesten. Sie überreichten denen, die zurückkamen ihr Zelt, oder eben auch nicht. Ohne Zelt blieb man ein Leben lang unter der Obhut seiner Eltern oder Geschwister, als Dienender. Man besaß nichts, durfte keine eigenen Kinder zeugen, hatte nicht einmal eine Stimme bei der Wahl der Ältesten. Ein solches Schicksal mochte sich Zemal nicht ausmalen, dann würde er lieber in der Einöde sterben.
    Er öffnete die Augen, setzte sich auf und starrte auf den sich immer wieder für kurze Momente öffnenden hellen Spalt am Zelteingang. Wie spät war es? Wie lange musste er noch warten? Von draußen drang nur das Geräusch des ewigen Windes ins Zelt. Der Wind schlief nie in der Einöde. Niemand sonst schien wach zu sein,

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