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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Thiele
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gerade über Zemal und seine Aufgabe für die Initialisierung. Wisst ihr schon, was ihr im auftragt?“, fragte Zemals Vater.
    „Darüber darf ich nicht sprechen, das weißt du genau. Telek würde mir den Kopf abreisen. Einfach
    wird sie aber nicht. Schließlich stehen wir derzeit ohne Dienenden da…“, begann Piri.
    „Ramed wird unsere neue Dienende“, unterbrach Zemals Mutter sie.
    „Es sind noch Monate bis zu Rameds fünfundzwanzigsten Geburtstag. Wer soll in dieser Zeit die ganze Arbeit erledigen?“, bemerkte Piri.
    „Viele Familien kommen ganz ohne Dienende aus, wir werden es ein paar Monate schaffen“, entgegnete Zemals Mutter.
    „Das ist absurd! Wir sind eine der ältesten Familien hier in der Einöde, wir sind eine der größten Familien und wir sind die angesehenste Familie der Verdammten. Die Gesetze der Einöde bedingen die Dienenden, sie sind nicht nur eine Tradition, sie sind eine Notwendigkeit. Die Familien, von denen du sprichst, sind der Untergang der Verdammten. Stell dir einfach einmal vor, wenn all die Dienenden eigene Familien hätten. Wie lange, glaubst du, würde unser Wasser reichen? Wir müssen darauf achten, dass wir stark bleiben. Unsere Familie muss ein Vorbild sein“, belehrte Piri ihre Schwiegertochter.
    „Ich rede nicht davon die Dienenden abzuschaffen, so wie manche Verdammten. Aber die Einöde bricht nicht über uns zusammen, wenn unsere Familie noch ein paar weitere Monate ohne Dienende auskommt. Es bleibt bei meiner Entscheidung, Ramed wird unsere Dienende! Also gebt Zemal eine Aufgabe, die er erfüllt“, sagte Zemals Mutter fest.
    „Ich muss los“, verabschiedete sich Piri und verließ das Zelt wieder.
    ***
    Es war Abend, als Zemal wieder erwachte. Von draußen klangen Stimmen und Schrittgeräusche ins Zelt, Schatten huschten vorbei. Zemal schaute sich um, er benötigte einen Augenblick, um sich zu erinnern, wo er war. Seine Großmutter hatte das Zelt bereits verlassen, sie war bestimmt schon bei den anderen Ältesten und… wartete auf ihn! Plötzlich hellwach richtete Zemal sich auf. Hastig legte er seinen Schal an, stürmte dabei bereits aus dem Zelt. Weit kam er nicht, mehrere Seile schwangen sich, angetrieben von den Gewichten an ihren Enden, um seinen Beine. Er stolperte und schlug der Länge nach hin, das Gesicht im Staub. Gelächter dröhnte in seinen Ohren. Natürlich hatten sie auf ihn gewartet, er hätte es wissen sollen. Er hatte es ihnen viel zu leicht gemacht. Jetzt banden sie ihm bereits Arme und Beine zusammen und wenig später hing er wie ein erlegtes Wildschwein an einer Stange und wurde getragen. Kaum einer hatte jemals den Weg zu seiner Initialisierung auf den eigenen Beinen zurückgelegt. Einige versuchten es mit Schnelligkeit, andere schlichen geduckt von Zelt zu Zelt, sogar eine Verkleidung als Frau soll es schon gegeben haben. Letztlich endeten aber fast alle an der Stange, so wie Zemal jetzt. Vier kräftige junge Männer trugen die Stange auf ihren Schultern. Bei jedem Schritt schwang Zemal hin und her, so dass ihm beinahe schwindlig wurde. Ein paar Kinder rannten nebenher und bewarfen Zemal mit Staub und kleinen Steinen. Dahinter folgte eine Gruppe junger Frauen, die in gespielter Trauer Tücher an ihre Augen hielten. Dabei heulten sie herzzerreißend, oder kicherten, weil sie ihre eigene Performance derart lustig fanden. Wenigstens war Piris Zelt um einiges näher an der Halle als das Zelt seiner Eltern, er würde nicht mehr ewig hier baumeln. Immer mehr Schaulustige schlossen sich der kleinen Prozession an, einige machten Witze, andere wieder sparten nicht mit gutem Zuspruch. Als sie endlich den Platz vor der Halle erreichten, war dieser bereits gut gefüllt. Die Menschen machten eine Gasse für Zemal und seine Träger frei. Unter dröhnendem Jubelgeschrei wurde Zemal vor den Ältesten abgesetzt. Es war eine Wohltat, als ihm endlich einer der Männer die Arme und Beine aufband. Zemal hatte Mühe aufzustehen und, als ihm dies schließlich gelungen war, auf den eigenen Beinen stehen zu bleiben. Die Ältesten saßen auf einer Bank vor der Halle. Die Halle war aus roten Ziegeln erbaut, ihre Fenster mit Zeltstoff verhangen. Das Glas, das die Fenster zu Zeiten der Alten ausgefüllt hatte, war längst zerbrochen. Auch für die Lücken im Dach hatten die Verdammten Zeltstoff aufgespannt. Niemand wohnte in der Halle, sie diente lediglich als Versammlungsraum. Und in einem Nebenzimmer surrten die Wasserpumpen. Leicht torkelnd trat Zemal vor. Telek,

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