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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Lucas einen Laufburschen bekam, konnte er diesen Laufburschen auch losschicken und sich selbst entlasten, die Zeit dazu nutzen, um einzuchecken und sich vom Rest des Teams auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Für den Fall, dass es irgendein Problem gab, hatte er bereits einen Mann im Hotel, an den er sich wenden konnte.
    Reiner war noch nie in Macao gewesen, doch er wollte nicht aussehen wie ein Tourist mit Stadtplan. Also hatte er sich vier verschiedene Routen eingeprägt, die er nehmen konnte, um zu seinem Ziel zu gelangen.
    Bekleidet mit einer blauen Sportjacke, die Haare so kurz geschnitten, dass man es schon fast kahlköpfig hätte nennen können, genoss er den zwanzigminütigen Spaziergang über die Brücke in die Innenstadt von Macao. Er hasste Langstreckenflüge, und obwohl die Militärmaschine, die sie hergebracht hatte, gut ausgestattet gewesen war, gab es nichts, was gegen Jetlag und Müdigkeit half.
    Die hellen Lichter und das massive Aufgebot an Security auf dem Cotai Strip gaben ihm ein Gefühl von Sicherheit, das jedoch schnell dahin war, als er tiefer in das heruntergekommene Viertel des alten Macao vordrang. Er war überrascht, dass die Gegend eher europäisch wirkte, nicht fernöstlich, mit den vielen Stuccogebäuden, den zerrissenen und verdreckten Markisen über den Fenstern und den mit Kopfstein gepflasterten Straßen und Gassen. Die feuchte Luft, die sich in den schmalen, von heruntergewohnten Häusern gesäumten Straßen staute, war schweißtreibend und stank nach Urin, süßem Fleisch und verfaultem Kohl.
    Über dieses Viertel stand nie etwas in den Reisekatalogen, und es wurde in den Broschüren nie erwähnt. So ähnlich wie in Paris, New York und London wurden die Schattenseiten der Stadt totgeschwiegen und gemieden, und wenn doch einmal darüber gesprochen wurde, dann wurde so getan, als gehörte das alles der Vergangenheit an.
    Auf den Bürgersteigen wimmelte es von Menschen. Er sah die Gangmitglieder, die an den Straßenecken Schmiere standen, die Rangniedrigsten in der Hierarchie, die alles beobachteten, und er konnte im Rücken spüren, wie sie ihm, dem einsamen Amerikaner, der durch ihr Revier marschierte, hinterherstarrten. Er spürte einen Anflug von Klaustrophobie, ein Gefühl, das ihn immer befiel, wenn er in einem fremden Land und von Menschen umgeben war, die andere Sitten und Gebräuche hatten und anders aussahen als er. Er sagte immer, dass er unvoreingenommen sei und keine Vorurteile habe, doch er musste zugeben, dass er sich in der Gesellschaft von seinesgleichen wesentlich wohler fühlte.
    Die Gegend, in der sich der Unterschlupf befand, war alles andere als sicher, obwohl ihm einleuchtete, dass es weniger Aufmerksamkeit erregte, wenn darum herum so viel ablief wie hier.
    Reiner wusste, was Angst war – das wusste jeder Soldat. Er hatte es erlebt im Irak und in Afghanistan, doch er verstand es meisterhaft, seine Angst zu bezwingen und sich zu konzentrieren, und dieser Fähigkeit verdankte er seinen Erfolg auf dem Schlachtfeld. Er hatte Macao nie als Schlachtfeld betrachtet, aber je dunkler und verwahrloster die Straßen wurden, desto deutlicher spürte er, dass das hier ein ebenso gefährliches Krisengebiet war wie alle anderen, in denen er bisher stationiert gewesen war.
    Er spürte das Gewicht der .45er in seinem Schulterholster und fand es tröstlich, dass sie da war. Er war fast ein Scharfschütze mit dieser Waffe, aber er hatte sie bisher immer nur im Krieg benutzt. Ansonsten hatte er nur auf dem Schießstand damit geschossen, weil er Auseinandersetzungen normalerweise mit den Fäusten austrug.
    Er fand ein unscheinbares Bordell, ging hinein, bedachte die Puffmutter mit einem Nicken und stieg die Treppe hinauf. Er hatte eine streng katholische Erziehung genossen und war noch nie in einem Freudenhaus gewesen. Die einzige Frau in seinem Leben war die wunderschöne Tanzlehrerin, mit der er verheiratet war, und an käuflichen Sex hatte er noch nie einen Gedanken verschwendet. Aber obwohl er nicht hier war, um sich fleischlichen Gelüsten hinzugeben, hatte er Schuldgefühle – wie ein kleiner Junge, der im Laden an der Ecke einen Blick in ein Mädchenmagazin wagt und dabei von seiner Mutter erwischt wird. Er würde seiner Frau gegenüber kein Wort über diesen Teil seiner Reise verlieren.
    Er ging zu der Tür am Ende des Flurs, benutzte den besonderen Schlüssel, von dem der Colonel behauptete, dadurch erübrige es sich, den Daumen auf den Sensor zu legen, dann gab

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