Die Legende der Dunkelheit: Thriller
zurückzukaufen und ihm dafür das Dreifache dessen zu zahlen, was dieser ursprünglich Kwon gezahlt hatte. Doch Marconi wollte nicht verkaufen und erklärte, er habe es nicht als Investment gekauft.
Als Xiao ihm das Zehnfache bot, änderte Marconi seine Meinung. Er erklärte sich bereit, das Buch innerhalb der nächsten vier Wochen zu verkaufen. Er lud Xiao ein, nach Italien in sein Schloss am Meer zu kommen, wo sie die Transaktion zu Ende bringen wollten.
Doch Xiao hatte nicht die Absicht, für etwas zu bezahlen, was rechtmäßig ihm gehörte. Sein Versuch, Zheng Hes Tagebuch zu stehlen, scheiterte jedoch, und es hätte nicht viel gefehlt, und Isaac hätte ihn auf dem Tyrrhenischen Meer getötet.
Aber jetzt, da es Nacht wurde über Macao, würde Xiao seinem Bruder zuvorkommen und endlich die Geheimnisse ergründen, die das Buch enthielt, die Geheimnisse, vor denen seine Mutter sich so gefürchtet hatte.
Kapitel 30
G uten Abend«, sagte die groß gewachsene Frau mit einem eleganten britischen Akzent in das Haustelefon des Venetian. »Suite 3402 bitte.«
Als sie das Freizeichen hörte, legte sich ein Lächeln auf ihre Züge. Sie hatte es nicht über sich gebracht, nach Warren Grossberg zu fragen, sie konnte sich nicht vorstellen, nach einem leidenschaftlichen Akt im Bett mit einem Mann zu liegen, der Warren hieß, denn so hatte der übergewichtige Nachbar geheißen, der in ihrer Kindheit in London gleich neben ihnen gewohnt hatte. Sie ließ den Blick durch das Casino schweifen und fragte sich, wie viele Leute unter ihrem richtigen Namen hier waren und wie oft sich der Empfangschef wohl ein Grinsen verkneifen musste über die kreativen Decknamen, mit denen manche hier um sich warfen.
Da am anderen Ende der Leitung niemand abnahm, hinterließ sie eine kurze unverfängliche Nachricht und legte wieder auf.
Sie strich sich mit der Hand durch ihr dichtes rotes Haar und steckte den Kamm aus Jade und Elfenbein wieder fest, den »Warren Grossberg« ihr geschenkt hatte. Dann hob sie ihre kleine Reisetasche vom Boden auf und machte sich auf den Weg zu McSorley’s Old Ale House . Bis auf die drei Tütchen mit Erdnüssen und die zwei Gläser Wein im Flugzeug hatte sie seit dem Vorabend nichts mehr gegessen. Die Leute fragten sie oft, wie sie mit fünfundvierzig immer noch so gut aussehen konnte, und obwohl sie es schaffte, sich mehrmals in der Woche Zeit für Yoga und eine Runde Joggen zu nehmen, war das eigentliche Geheimnis ihrer schlanken Linie, dass sie nie Zeit zum Essen hatte. Ständig steckte sie in irgendwelchen Meetings oder war auf Geschäftsreise und verzichtete dann entweder aus Stress auf das Essen oder weil sie die Zeit, die sie mit Essen verplempert hätte, besser nutzen konnte, um noch ein Telefonat zu führen. Sie war genauso ein Workaholic, wie »Warren« einer war.
Er hatte ihr den Namen und seine Zimmernummer für den Notfall gegeben mit der strikten Anweisung, den Decknamen zu benutzen. Sie sollte eigentlich in der kommenden Woche in Tokio sein, weil sie dort beruflich zu tun hatte, doch sie wollte ihn mit einem Besuch am frühen Abend überraschen. Sie musste ihn unbedingt sehen und wusste, dass auch er sie unbedingt sehen musste. Nur ein paar Stunden und dann schlafen, Arm in Arm, einfach nur die Wärme des anderen spüren.
Als er auf den Cotai Strip hinaustrat, war Sergeant Reiner heilfroh, dass er den Colonel einmal für eine Stunde vom Hals hatte. In allerletzter Minute hatte man ihn zu seinem Attaché berufen, und Reiner befolgte diesen Befehl des Pentagon ebenso kritiklos, wie er alle seine Befehle befolgte.
Obwohl der Colonel es nicht aussprach, war er nicht glücklich über Reiners Berufung, denn Lucas zog es vor, sein Team selbst zusammenzustellen. Doch an höchster Stelle wuchs die Sorge um die Sicherheit des Colonels, und so hatte man ihm befohlen, einen Attaché mitzunehmen – womit man ihn an seinen Rang innerhalb des Militärs erinnerte und daran, dass andere sich um die banalen Alltagsdinge kümmern konnten, damit er sich voll und ganz auf seinen derzeitigen Auftrag konzentrieren konnte. Obwohl Lucas alles andere als begeistert war, hatten sie sich arrangiert; Lucas war sich der Gefahr bewusst, in der er schwebte, und so akzeptierte er Reiner in seinem Team.
Reiner hatte Bedenken, den Colonel allein im Hotel zu lassen, doch der Mann hatte darauf bestanden. Der Colonel brauchte eine spezielle Akte aus dem Unterschlupf, und wenn man schon an höchster Stelle darauf bestand, dass
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