Die Legende der Dunkelheit: Thriller
losrannte.
Sie lief so schnell wie noch nie. Das Herz hämmerte in ihrer Brust, und ihre Angst wuchs, als die platschenden Schritte heranzukommen schienen. Sie konnte das schnelle Stakkato des Atems ihres Verfolgers hören. Und dann konnte sie spüren, wie er mit der Hand nach ihr griff, wie seine Fingerspitzen an ihr kratzten und versuchten, sie zu fassen zu bekommen, sie zu Boden zu werfen. Und sie wusste, dass es ihm gelingen würde, jeden Moment …
Ssswappp . Und das Getrappel hörte auf, als hätte man dem Mann die Beine weggezogen. Sie spürte, dass ihr etwas Warmes in den Nacken spritzte, und sie wusste sofort, was das war. Die plötzliche Stille, als sein Körper in die Luft flog, endete mit einem knirschenden Geräusch, als er zu Boden stürzte.
KC drehte sich nicht um und rannte weiter.
»Stopp«, rief Annie im Befehlston in ihren Ohrhörer.
KC blieb stehen.
»Du musst die Leiche wegschaffen und sie verstecken.«
KC rannte zurück zu dem Wachmann, der verdreht auf dem Boden lag. Die rechte Seite seines Schädels war nicht mehr da. Sie verbot es sich, nach hinten zu greifen und sich das von ihrem Nacken und ihrem Rücken zu wischen, von dem sie wusste, dass es sein Blut war. Sie packte ihn an den Füßen und zog ihn in den Schatten des Tao-Gebäudes.
Dann zog sie die selbst gebastelte Pistole aus ihrer Hosentasche, steckte sie in die Tür und drückte ab. Die dünne Spitze vibrierte, die Scharnierbolzen verschoben sich, und Sekunden später gab das Schloss nach, und sie öffnete die Tür. Sie packte den Wachmann bei den Füßen und bemerkte, wie seine Schuhe glänzten und wie perfekt der Doppelknoten war, mit dem er die Schnürsenkel gebunden hatte. Er war ein pedantischer Mann gewesen, stolz auf seine äußere Erscheinung. Sie schämte sich. Er war bloß ein Wachmann gewesen, jemand, der die Kultur seines Landes beschützte, ein Mensch, der sich mit Taschendieben und randalierenden Touristen herumschlug und der nicht damit gerechnet hatte, in Ausübung seiner Pflicht als Museumswärter zu Tode zu kommen. Als sie seine Leiche in den Lagerschuppen zerrte, sah sie den Ring an seinem Finger und verfluchte Annie. Sie verfluchte sie für das, was sie tat, und dafür, wie leicht sie diesen unschuldigen Mann getötet hatte.
»Mach die Tür zu«, befahl Annie. »Schnell.«
KC hörte Schritte, die über den aufgeweichten Boden platschten. Sie streckte die Hand aus und schloss sacht die Tür, hielt den Türgriff fest, bis die Tür geräuschlos eingerastet war. Dann ließ sie den Knauf los. Sie kauerte sich unter das Fenster und lauschte angestrengt. Sie konnte hören, wie der Wachmann langsam an der Tür und am Fenster vorbeiging, nur durch eine Wand von ihr getrennt, konnte hören, wie das Geräusch seiner Schritte sich entfernte.
Erleichtert atmete sie auf.
»Alles okay«, flüsterte KC in ihr Mikrofon. »Können wir weiter?«
Doch sie bekam keine Antwort.
»Annie?«
Wieder nichts.
Und das Geräusch der Schritte kam wieder näher.
»Annie? Kommt er zurück?«
Die Schritte hielten an der Tür inne, und dann drehte sich der Knauf ganz langsam, und die Tür öffnete sich.
Ein chinesischer Sicherheitsbeamter stand im Türrahmen. KC wagte nicht zu atmen, bis sie plötzlich sah, dass der Mann mit erhobenen Händen dastand. Annie stand hinter ihm, völlig durchnässt, und die schwarzen Haare klebten ihr im Gesicht; das Gewehr hing über ihrer Schulter, und sie hielt dem Wachmann die Pistole an den Hinterkopf. Sie stieß ihn in den dunklen Raum und schaute auf die Leiche am Boden, inspizierte ihre schusstechnische Leistung.
»Bist du stolz darauf?«, fauchte KC sie an. »Musstest du ihn wirklich umbringen? Du hast gar nicht erst versucht, ihn nur zu verletzen, du hast ihn einfach erschossen, ohne zu zögern.«
»Und dir damit das Leben gerettet«, erwiderte Annie. Sie drehte sich um und schnauzte den chinesischen Wachmann an, den sie in ihre Gewalt gebracht hatte: »Xia guì!«
Der Wachmann kniete sich vor ihr auf den Boden und legte die Hände mit verschränkten Fingern über den Kopf. Sie hielt ihm den Lauf der Pistole gegen die Schläfe und -
»Nein«, brüllte KC und griff nach dem Lauf der Pistole.
»Was hast du denn gedacht? Dass das ein Spiel ist?«
»Du kannst den Mann nicht töten«, sagte KC und schaute auf den Ehering am Finger des Mannes.
»Wir haben – nein. Du hast hier eine Chance, das Ganze hinzukriegen, also halt mir keine Predigt. Was ich tue, dient einem höheren Zweck, das tu
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