Die Legende der Dunkelheit: Thriller
um und bemerkte die Größe und die luxuriöse Ausstattung. Er nickte dem Wachmann mit der höchst auffälligen Waffe am Gürtel zu, doch der einen Meter neunzig große Mann erwiderte den Gruß nicht, sondern konzentrierte sich weiter auf seine Aufgabe. Er griff nach vorn, drückte auf den Knopf für U-2 – eine Fahrt, die Carl im Voraus organisiert hatte –, und der Aufzug bewegte sich nach unten. Busch schaute zu Michael mit diesem angespannten Blick, der sagte »Jetzt gibt es kein Zurück mehr«. Doch in Michaels Augen war dieser Punkt schon erreicht, als er erfahren hatte, dass sie KC in ihrer Gewalt hatten.
Als die vier aus dem Fahrstuhl stiegen, nickte Michael dem großen schweren Wachmann abermals zu, aber der Mann starrte nur nach vorn, als die Türen sich schlossen.
Sie standen mitten in einem langen und elegant eingerichteten Flur. Die Dekoration entsprach der des Hotels über ihnen. Hier gab es Büros mit offen stehenden Türen, die jetzt in der Nacht alle dunkel waren. Der Duft von frischen Blumen lag in der Luft. Zwei Kameras überwachten die Fahrstühle, und weitere Kameras befanden sich jeweils am Ende des Flurs.
Die drei folgten Carl in einen Konferenzraum, der an den Aufzugschacht angrenzte. In der Mitte des Raums stand ein großer Mahagonitisch mit achtzehn Stühlen darum herum, und an der einen Wand hing ein übergroßer Flachbildfernseher, an der anderen war eine Bar. Auf dem Mahagonitresen standen Flaschen mit amerikanischem Scotch, russischem Wodka, französischem Wein und chinesischen huangjiu und baijiu sowie die zu dem jeweiligen Getränk passenden Kristallgläser. Ein Befeuchter mit kubanischen Zigarren stand neben einem Zigarettenanzünder, in den ein Tiger eingraviert war, und wiederum daneben lag ein Streichholzbriefchen des Venetian.
Es gab Modems, Freisprecheinrichtungen und im ganzen Raum verteilt verschiedene Steckdosen für die Kommunikation bei den Geschäftstreffen.
Busch öffnete den Befeuchter und nahm eine Zigarre heraus.
»Leg sie sofort zurück«, fuhr Michael ihn an.
»Die sind zum Rauchen.«
»Aber nicht für dich.«
»Ist recht, Mama, wie du meinst.«
Busch griff erneut in den Befeuchter, nahm noch drei Zigarren heraus und steckte sie in seine Tasche.
Michael hatte seinen Plan dargelegt und auf das präzise Timing hingewiesen, das keinen Raum für irgendwelche Fehler ließ. Ausführlich beschrieb er, wie er die verschiedenen Sicherheitshürden nehmen wollte, allerdings gab es da gewisse Hindernisse, die er wegen ihrer Zeitnot nicht aus dem Weg räumen konnte. Und da war er gezwungen, sich auf Jon zu verlassen, auf jemanden, der das Personal beeinflussen und sich Loyalität kaufen konnte. Jon hatte ihm erklärt, er würde das erledigen und dass Michael sich keine Sorgen zu machen brauche. Doch Michael machte sich Sorgen. Er hasste es, sich auf andere verlassen zu müssen. Und er vertraute Jon nicht.
Jon hatte Michael alles beschafft, was dieser brauchte. Nichts fehlte, und in vielen Fällen hatte er die Sachen in zweifacher Ausführung mitgebracht, etwas, was Michael auch so gehandhabt hätte, wenn er das Einkaufen selbst übernommen hätte. Michael musste sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass Jon militärisch geschult, effizient und hochkonzentriert war und alles anging nach dem Motto Nichts ist unmöglich . Und Michael wusste, dass es genau diese Einstellung war, vor der er und Paul sich in Acht nehmen mussten, wenn sie überleben wollten, um KC zu retten.
Carl sprach schnell und leise mit Jon, alles auf Chinesisch, dann ging er.
Jons Aktenkoffer war groß, in Ziehharmonika-Form, wie Buchhalter sie für ihre Arbeit benutzten. Er stellte den Koffer auf den Tisch, öffnete ihn, und man sah die Kanten von Unmengen Papieren und Akten, die den Koffer auf fast dreißig Zentimeter Breite auseinanderzogen. Er griff hinein und nahm den falschen Deckel heraus; die Papiere und Akten ragten aus einem Einsatz, in der drei Paar Turnschuhe steckten, zwei Pistolen und drei Rollen Seil.
Jon und Busch schlüpften aus ihren Anzügen; darunter trugen sie einen eng anliegenden Overall. Sie zogen die Turnschuhe an und legten sich eine digitale Armbanduhr um das Handgelenk.
Michael nahm den falschen Deckel von seinem Aktenkoffer, zog einen zusammengelegten Rucksack heraus und schüttelte ihn auf. Dann nahm er einen Satz selbstgebastelte Präzisionshandwerkszeuge aus dem Koffer und warf sie in den Rucksack.
Er hob ein schwarzes Kästchen, so groß wie ein Buch, aus dem
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