Die Legende der Dunkelheit: Thriller
ich für mein Land, für den Colonel. Und du? Du bist bloß eine Diebin, du bestiehlst andere, die Unschuldigen.«
KC gab keine Antwort. Sie wusste, dass das nicht stimmte. Sie war wütend über Annies selbstgerechte Worte. Es war eine Sache, zu stehlen, um zu überleben, aber es war etwas ganz anderes, einem Mann das Leben zu nehmen, obwohl man ihm einfach nur ins Bein hätte schießen können.
Annie blickte hinunter auf den Wachmann und schlug ihn mit ihrer Waffe nieder. Dann griff sie in ihre Tasche und holte ein paar Kabelbinder heraus, fesselte ihn an den Hand- und Fußgelenken und murmelte: »Das ist totaler Schwachsinn.«
KC ignorierte Annie, griff in ihren Rucksack und zog eine langhaarige braune Perücke heraus. Sie zog die nasse Mütze vom Kopf, steckte sich die Haare hoch, setzte die Perücke auf und stopfte die losen Haarsträhnen darunter. Es war eine Verkleidung, die weder Fisch noch Fleisch war, doch sie würde ihren Zweck erfüllen.
Annie hockte sich auf den Boden und nahm dem bewusstlosen Wachmann das Funkgerät ab. »Dann höre ich wenigstens, wenn die Kacke am Dampfen ist.«
Sie drehte sich zu dem toten Wachmann um, nahm auch dessen Funkgerät an sich und trat mit dem Stiefel darauf, dann riss sie dem Toten die blutverschmierte Krawatte vom Hals und stopfte sie dem bewusstlosen Wachmann in den Mund. »Unser Zeitplan hat sich gerade halbiert. Wenn sich die Typen hier nicht pünktlich melden, dann suchen die anderen nach ihnen.
Dass das klar ist«, sprach Annie weiter. »Ich lasse diesen Mann am Leben, obwohl ich das für einen schweren Fehler halte. Wenn du nicht willst, dass noch jemand stirbt, ziehst du das Ding jetzt durch wie geplant.«
KC sagte nichts, und sie schlichen sich hinaus. Sie schauten nach links und nach rechts, nach Norden und nach Süden. Annie rannte los und tauchte fünfzig Meter weiter im Schutz der Dunkelheit unter. Sekunden später stand sie auf dem Dach – das Gewehr geschultert.
»Los«, sagte Annie in KCs Ohrhörer.
Und KC schoss los, hinein in den strömenden Regen.
Kapitel 34
Im Venetian
A uch wenn der Trubel im Venetian gegen 2.00 Uhr morgens nachgelassen hatte, ging es dort, verglichen mit den meisten Orten der Welt, immer noch zu wie an Silvester. Die Spieltische waren immer noch zu drei Viertel besetzt, über zweitausend Spielautomaten klingelten, und in den Bars und Restaurants wurden immer noch Speisen und Getränke serviert. Das hier war der harte Kern, diejenigen, die das Spielen ernster nahmen und die nicht wegen der Shows, den Konzerten und dem guten Essen ins Venetian kamen.
Die Angestellten lächelten und nickten aufmerksam und zuvorkommend, als wäre es zehn Uhr morgens: Kellnerinnen mit Drinks, Croupiers mit ihren Begrüßungsfloskeln, Hotelangestellte, die herumgingen und die Gäste beobachteten, um sofort jeden Wunsch zu erfüllen. Alle zwanzig Minuten wurden neue Rollwagen mit Spielchips angeliefert, damit sichergestellt war, dass der Geldfluss nie versiegte.
Carl begrüßte Jon und führte ihn zusammen mit Michael und Busch an den Wachen vorbei in den Durchgangsraum, den er ihnen beim letzten Mal gezeigt hatte. Es war Carls letzte Nacht, seine letzte Amtshandlung. Seine Konten hatte er schon leer geräumt, die Koffer gepackt, und die Zahlung von einhunderttausend Euro würde auch schon an ihn unterwegs sein, wenn er um 6.00 Uhr in der Früh das Flugzeug mit Ziel Philippinen bestieg.
Die drei trugen Anzüge, Nadelstreifen, feinste Qualität. Jeder von ihnen hatte einen Aktenkoffer in der Hand und eine Computertasche über der Schulter, sodass sie aussahen, als würden sie sich vorbereiten auf eine Schlacht an der Wall Street oder auf einen Krieg im Gerichtssaal. Um den Hals trugen sie einen laminierten Ausweis an einem schwarzen Umhängeband, mit dem sie durch die Kontrolle kamen, um sich in die Büroräume im zweiten Untergeschoss zu begeben.
Dort gab es nichts von Wert. Hier liefen die unspektakulärsten und uninteressantesten Aspekte des Casinolebens ab, die Verwaltung, die Personalabteilung und die Buchhaltung. Hier befanden sich die Büros von mittleren Angestellten, die keine Fenster, sondern nur Luftschlitze hatten, sowie einen großen Pferch aus Zellenbüros für den Betreuerstab gleich neben verschiedenen Konferenzräumen, die für Vorstandsbesprechungen genutzt wurden, wenn sie dabei nicht in den aufwendigeren Räumlichkeiten im dritten Stock gesehen werden wollten.
Als sie den Fahrstuhl betraten, sah Michael sich in der Kabine
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