Die Legende der Dunkelheit: Thriller
diese Insel verlässt, wird er dann anderen den Tod bringen? Stellen Sie sich vor, ein Arzt rettet einen Mörder, und dieser Mörder tötet dann wieder. Ist der Arzt dann mitschuldig? Hat er dann auch Blut an den Händen, weil er den Handlanger des Todes gerettet hat?«
»Diese Frau ist unschuldig«, antwortete Simon, »sie ist einer der gütigsten und großzügigsten Menschen, die mir je begegnet sind. Wenn Sie sie retten, werden Sie die Welt zu einem besseren Ort machen. Ich werde Ihnen dieses Gegenmittel nicht wegnehmen, aber ich werde Sie anflehen …«
San Bao starrte Simon immer noch an.
Und in dem Moment fielen draußen die ersten Schüsse.
Busch wendete das Schlauchboot und fuhr flussaufwärts. Niemand sprach ein Wort, als sie im Hafen anlegten und den Motor abschalteten. Um sie herum war es totenstill. Der Lärm der wilden Tiere des Dschungels war verstummt, als wäre plötzlich etwas hier, was gefährlicher und wilder war als sie. Und dann ertönten Schüsse, ganze Gewehrsalven. Sie kamen vom Deck des Navy-Schiffes und zerrissen die Stille der Nacht.
Michael rannte zum Rumpf des Navy-Schiffes und ging dort in Deckung, Busch und Jon brachten sich im Dschungel in Sicherheit.
Und ebenso schnell wie die Schießerei begonnen hatte, endete sie wieder. Nichts regte sich, es waren keine Stimmen zu hören, nur das Platschen des Wassers, das gegen den Rumpf des Bootes schlug. Michael hielt seine Waffe fest in der Hand, reckte den Hals und spähte auf das Deck, wo er lauter Tote sah.
Lucas’ Männer lagen reglos auf dem stahlgrauen Boden, in riesigen Blutlachen; ihre Köpfe lagen neben ihnen, waren ihnen abgeschlagen worden.
»Er ist hier«, flüsterte Michael in sein Mikrofon und duckte sich wieder. »Er –«
Michael verstummte, denn in dem Moment sah er Simon und Lucas aus dem Tempel treten. Waffen waren auf ihren Rücken gerichtet, sie selbst hatte man entwaffnet, und sie wurden von zwei Männern eskortiert. Und dann hörte er hinter sich plötzlich Schritte.
Michael drehte sich um und erblickte einen großen Asiaten, der in Schwarz gekleidet war und mit beiden Händen eine Sig Sauer hielt, mit der er auf ihn zielte.
Flammen tanzten an Bord der chinesischen Dschunke, und der orangefarbene Schein färbte die Nacht und warf riesige Schatten auf das Wasser.
Xiao saß auf einem großen verschnörkelten Kapitänsstuhl, mit nacktem Oberkörper, sodass die grauenvollen Tätowierungen auf seiner Haut im Licht der züngelnden Fackeln lebendig zu werden schienen. Hinter ihm auf dem Deck lag KC. Ihre Augen waren geschlossen, und sie zitterte am ganzen Körper. Annie stand vor ihr. Mit bleichem Gesicht und blutunterlaufenen Augen zielte sie mit ihrer Waffe auf KCs Kopf.
Drei von Xiaos Männern führten Michael, Simon und Lucas mit vorgehaltener Waffe über das Deck.
Xiao und Lucas sahen einander an, und der blanke Hass blitzte in ihren Augen.
»Du siehst aus, als würdest du jeden Moment tot umfallen«, sagte Isaac Lucas.
Xiao stand auf und ging um seinen Bruder herum. Obwohl sein Gesicht blass und unter seiner Nase verkrustetes Blut zu sehen war, deutete nichts an seinen Bewegungen darauf hin, dass er Schmerzen hatte. Mit der linken Hand hielt er sein jian , das er fest gegen den Körper presste, als er seinen Bruder musterte. »Obwohl du überlebt hast, glaube ich, dass du dem Tode näher bist als ich.«
»Mag sein, aber es wird nicht lange dauern, bis du mir folgst.« Lucas grinste.
»War sonst noch jemand in dem Tempel?«, fragte Xiao seine Männer, doch die schüttelten wortlos den Kopf.
»Nun«, Xiao wandte sich wieder Lucas zu, »da ich deine Verfassung sehe, muss es auf der Insel sein, und du hast es halt nicht allein gefunden. Bevor ich also zu Mitteln greifen muss, die mir viel Vergnügen bereiten, erzähl mir doch einfach, wo die Tränen des Phoenix sind.«
Lucas schüttelte den Kopf. »Keine Chance.«
»Oh, allerdings –«
Ohne Vorwarnung krachten zwei Schüsse, und einer von Xiaos Wachmännern fiel tot aufs Deck.
Busch und Jon saßen am Rand des Dschungels. Busch hatte das Auge am Zielfernrohr seines Gewehres, und Jon hielt seine Heckler & Koch in der Hand.
Als auf dem Navy-Schiff die Schüsse fielen, waren sie aus dem Schlauchboot gesprungen. Michael und sie hatten sich aufgeteilt, und Busch und Jon waren in den Dschungel gerannt, nur um von dort mitansehen zu müssen, wie Michael, Simon und Lucas über die Landungsbrücke auf die chinesische Dschunke gebracht wurden.
Rasch bezogen sie
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