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Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Die Legende der Dunkelheit: Thriller

Titel: Die Legende der Dunkelheit: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Touristengruppe von Europäern und Amerikanern mit einem überfreundlichen Tour Guide anschloss. Der Mann war Chinese, sprach aber ein perfektes und akzentfreies Englisch. In seiner Jeans und der Winterjacke von The North Face sah er aus, als wäre er höchstens fünfzehn, doch er sprach wie der Doktorand in Chinesischer Geschichte, der er war.
    »In einer düsteren Zeit war die Verbotene Stadt eine Welt des Reichtums und des Überflusses, ein Leuchtfeuer im Herzen eines vom Krieg zerrissenen Landes. Mit ihrer rechteckigen Form ist die Verbotene Stadt der größte Palastkomplex der Welt: von Norden nach Süden ist sie 961 Meter lang, von Osten nach Westen 753 Meter, und die Grundfläche beträgt 720 000 Quadratmeter. Es ist die größte antike Palastanlage der Welt und gehört mit Versailles, dem Buckingham Palace, dem Weißen Haus und dem Kreml in Russland zu den fünf großen Palästen.
    Umschlossen wird das gewaltige Gelände von einem 52 Meter breiten Graben, der ersten von zahlreichen Befestigungsanlagen, mit der feindliche Angriffe abgewehrt wurden. Auf der anderen Seite des Grabens erhebt sich die rote Außenmauer mehr als zehn Meter in die Höhe und ist unten acht Meter dick, oben sechs. Sie wurde extra so gebaut, um Plünderern und Kanonen zu trotzen sowie allem, was sonst zur damaligen Zeit dagegengeschleudert wurde. Die zwölf Millionen Ziegel der Außenmauer bestehen aus Weißkalk und Reis, während der Zement aus Reiskleber und Eiweiß hergestellt wurde, Materialien, über die manche Leute lachen, die aber außerordentlich stabil sind. Und zum Schutz gegen Leute, die einen Tunnel graben wollen, um in die Stadt zu gelangen, ist das Pflaster fünf Meter dick.
    In jeder Seitenmauer der Anlage befindet sich ein Tor: das Mittagstor, das wir hier vor uns sehen, das Tor der göttlichen Kriegsmacht im Norden und die beiden Blüte-Tore im Osten und im Westen. An den vier Ecken sorgen die aufwendig gebauten Wachtürme für einen Rundumblick, nicht nur über den Palast, sondern in Feudalzeiten auch über die Welt draußen.«
    »Dieser Typ macht mich wahnsinnig«, schimpfte Annie. »Das ist ein Schauspieler, der einen Text wiederkäut.«
    Zwei ältere Frauen mit blau getönten Haaren drehten sich zu ihr um und bedachten sie mit einem finsterem Blick.
    »Die Verbotene Stadt war das Zuhause von vierundzwanzig Kaisern der Dynastien Ming und Qing. In der damaligen Zeit galt der Kaiser als Sohn des Himmels, und das war der Grund dafür, dass ihm die uneingeschränkte Macht des Himmels zuteil wurde. Das Heim des Kaisers war so gebaut, dass es ein Abbild von Gottes Heim im Himmel war, ein göttlicher Palast, zu dem gewöhnlichen Bauern der Zutritt verwehrt war, was der Verbotenen Stadt ihren Namen gab. Um die dem Kaiser von Gott gegebene, allerhöchste Macht und den Ort, an dem er lebte, als den Mittelpunkt der Welt darzustellen, wurden sämtliche Tore, die Palastbereiche sowie verschiedene andere Gebäude der Verbotenen Stadt auf der Nord-Süd-Achse Pekings erbaut, während der eigentliche Kaiserpalast nach dem Polarstern ausgerichtet wurde, von dem man damals glaubte, er sei der Mittelpunkt des Himmels.«
    Annie zog ihr Handy heraus und wählte eine Nummer. Der Anruf wurde sofort an die Mailbox weitergeleitet. »Sie haben sich verspätet und werden viel zu gut bezahlt. Wo sind Sie?«
    »Entschuldigen Sie«, sprach der Tour Guide sie an. »Wir möchten Sie bitten, Ihr Handy während der Führung auszuschalten, damit Sie nicht von meinen Ausführungen ablenken.«
    Annie klappte das Telefon heftig zu und blitzte den Guide an, doch der lächelte nur, nickte und sprach dann sofort weiter.
    »Das ummauerte Gelände der Verbotenen Stadt diente als Wohn- und Arbeitsbereich für die kaiserliche Familie und ihren Hofstaat und beherbergte die Amtsräume der Minister und favorisierten Offiziellen. Auf dem Gelände wohnten Verwaltungsbeamte, Konkubinen, Eunuchen, Hausmädchen und Soldaten. Über 10 000 Menschen lebten hier, und dazu noch etwa 2000 Frauen und 410 000 Eunuchen am Ende der Ming-Dynastie. Heute wird sie nicht nur als Kaiserstadt gesehen, sondern auch als Kaisermuseum, deshalb wird sie auch das Palastmuseum genannt.
    Erbaut wurde die Verbotene Stadt in der Zeit von 1406 bis 1420 vom dritten Kaiser der Ming-Dynastie, Zhu Di, dem Yongle-Kaiser, der, nachdem er den Thron an sich gerissen hatte, beschloss, seine Hauptstadt von Nanjing weiter Richtung Norden nach Peking zu verlegen. 1644 wurde sie geplündert, und die

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