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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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ein Schicksal drohen, das schlimmer ist als der Tod.“
    „Schlimmer als der Tod?“, fragte Gylfie. „Was kann schlimmer als der Tod sein? Wir sind zum Äußersten entschlossen, der Tod schreckt uns nicht.“
    „Glaubt mir, ein Dasein, wie ich es friste, ist schlimmer als der Tod.“

Grimbels Geschichte

    „Ich hielt mich für besonders schlau“, begann Grimbel zu erzählen. Sie hatten sich in einen anderen Nebengang zurückgezogen. „Die Häscher des Sankt Äggie wollten gerade eins meiner Küken entführen, als ich mit meiner Frau von der Jagd zurückkehrte. Die kleine Bess war mein Liebling, das gebe ich offen zu. Ich stürzte mich auf die Entführer und hieb mit Schnabel und Krallen auf sie ein. Es war ein Vetter von Jatt und Jutt, der meine Kleine gepackt hatte, Ork hieß er. Er galt als sehr gefährlich un d … Nun ja, ich habe ihn getötet. Die anderen Eulen kriegten es mit der Angst zu tun und ließen von mir ab, aber da kamen Skench und Spoorn angeflogen und sahen, was geschehen war. Seltsamerweise freuten sie sich sehr darüber, dass Ork tot war. Der frühere Leiter von Sankt Ägolius war nämlich vor Kurzem gestorben. Seither herrschte ein erbitterter Machtkampf zwischen Ork und seinen Leuten auf der einen und Skench, Spoorn und ihren Anhängern auf der anderen Seite. Skench und Spoorn waren so glücklich über den Tod ihres Rivalen, dass sie mir versprachen, meine Familie fortan zu verschonen und sich unserem Nest nie mehr zu nähern, wenn ich sie nach Sankt Ägolius begleiten und mich ihnen anschließen würde. Sie bewunderten meine Kampfkünste. Ich hatte Ork ohne den Einsatz von Kampfkrallen bezwungen, mit meinen bloßen Krallen und meinem Schnabel. Einen wie mich konnten sie gut gebrauchen.
    Um meine Frau und unsere drei anderen Küken zu schützen, erklärte ich mich notgedrungen damit einverstanden. Meine Frau flehte mich an zu bleiben, schlug mir vor wegzuziehen, irgendwo weit weg ein neues Nest zu bauen, aber Skench und Spoorn lachten bloß und meinten, sie würden uns überall aufstöbern. Darum flog ich schließlich mit ihnen. Meine Frau und meine Kinder versicherten mir, sie würden mich nie vergessen, und Skench und Spoorn versprachen mir, dass ich meine Familie dreimal im Jahr besuchen dürfte. Das fand ich damals sehr großzügig. Ich hätte mir denken können, dass an der Sache etwas faul war, aber ich hatte noch nie etwas von der Mondwirrnis gehört. War ich nämlich erst richtig mondwirr, würden sich die Besuche bald erübrigen. Meine Familie würde mich nicht wiedererkennen und ich meinerseits würde nichts mehr für meine Lieben empfinden. Mondwirre Eulen haben keine Gefühle mehr und werden anderen Eulen, die noch über ihre natürlichen Gefühle verfügen, im Lauf der Zeit immer fremder. Das ist die verhängnisvollste Auswirkung der Mondwirrnis.
    Insgeheim war ich wie ihr entschlossen, Widerstand zu leisten und nur so zu tun, als ob. Skench und Spoorn schätzten mich als Kämpfer so sehr, dass sie mir sogar einen richtigen Namen zugestanden. Anfangs war ich Nummer 28-5, aber nach einer Weile hieß ich ‚Grimbel‘. Aber inzwische n …“, Grimbel fing wieder zu zittern an, „ … inzwischen bin ich nicht mehr derselbe.“
    „Wieso das? Du hast doch nur so getan, als ob“, fragte Soren.
    „Gewissermaßen.“
    „Gewissermaßen? Entweder man ist mondwirr oder nicht“, sagte Gylfie verständnislos.
    „Alle paar Erneuerungen müssen sich auch die erwachsenen Eulen im vollen Schein versammeln, damit die Wirkung nicht nachlässt. Ich versuche zwar jedes Mal, mich vor dem Mondlicht zu schützen, trotzdem merke ich, dass etwas mit mir geschieht. Ich kann mich kaum noch an das Gesicht meiner lieben Frau oder an unsere kleine Bess erinnern. Wenn ich die beiden sonst besucht habe, habe ich auch immer meine alte Stimme wiedergefunden. Der Ruf eines Raufußkauzes ist sehr melodisch. Man sagt, er klinge wie Kirchenglocken. Aber meine Stimme ist ausdruckslos geworden. Vor ungefähr acht Erneuerungen bin ich wieder einmal nach Hause geflogen. Bei meiner Ankunft habe ich wie immer einen Begrüßungsruf ausgestoßen, aber ich bekam keine Antwort. Und vor zwei Erneuerungen haben mich meine Frau und Bess nicht mehr erkannt.“
    „Das ist ja furchtbar!“, flüsterte Gylfie.
    „Und jetzt sind sie nicht mehr da.“
    „Nicht mehr da?“, fragte Soren. „Du meinst, sie sind weggezogen?“
    „Entweder das oder Skench und Spoorn haben sie umgebracht ode r …“ Grimbel konnte nicht mehr

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