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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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bewachen pflegte. Er versicherte den Kindern, dass es ihnen leichtfallen werde, von der Bibliothek aus loszufliegen, nachdem sie so lange unter schwierigen Bedingungen im engen Inventarium geübt hatten.
    Soren und Gylfie waren beide schon ganz gespannt auf die Bibliothek. Grimbel hatte ihnen beschrieben, wie es dort aussah, wie die Bücher, die Federn und Zähne, die Knochen und Tupfen und alle anderen tagsüber aus den Gewöllen gezupften Bestandteile verwahrt und angeordnet waren. In der Bibliothek lagerten auch die wertvollsten Kampfkrallen. Auch darauf waren Soren und Gylfie gespannt.
    „Die Kampfkrallen werden nicht hier angefertigt, oder?“, hatte sich Gylfie erkundigt.
    „Nein. Man weiß hier nicht, wie man sie herstell t – was Spoorn und Skench maßlos ärgert. Die beiden reden über kaum etwas anderes. Um Kampfkrallen anzufertigen, muss man sich gut mit Metall auskennen, nehme ich an. Nein, die Kampfkrallen im Sankt Äggie sind alle gestohlen. Skench und Spoorn schicken Diebestrupps in verschiedene Länder, in denen sich die Oberhäupter der dortigen Eulenvölker Kampfeulen halten. Außerdem plündern sie verlassene Schlachtfelder und nehmen gefallenen Eulenkriegern die Kampfkrallen ab. Selbst welche herzustellen, will ihnen aber einfach nicht gelingen. Die herrschenden Eulen hier in Sankt Ägolius wirken auf den ersten Blick sehr schlau und gerissen, aber Skench und Spoorn sind von der Furcht besessen, dass irgendwann eine Eule auftaucht, die ihnen überlegen ist. Darum müssen sie ja auch alle anderen Eulen mondwirr machen. Hier kann keiner lesen, Fragen stellen ist verboten. Wie soll man da etwas lernen, etwas Neues erfinden? Auch mit den Tupfen beschäftigen sich die beiden schon jahrelang, aber es sieht nicht so aus, als würden sie das Rätsel irgendwann lösen. Andere Eulen dürfen sich damit nicht befasse n … Sie könnten ja etwas herausfinden! Nehmen wir doch nur dich, Gylfie. Weil du nachdenkst und auf deinen Magen vertraust, weißt du wahrscheinlich genauso viel über die Tupfen wie Skench und Spoorn. Aber jetzt wird weitergeübt! Heute sollt ihr zum höchsten Spalt in der Felswand hochfliegen. Soren, du müsstest mit fünf Flügelschlägen auskommen. Weil du kleiner bist, Gylfie, erlaube ich dir acht.“
    „Du machst wohl Witze!“, rief Soren entsetzt aus.
    „Mitnichten. Du versuchst es als Erster, Soren. Denk dran, auf die Abwärtsschläge kommt es an! Und wer genug Selbstvertrauen aufbringt, kriegt auch keine Flügelstarre.“
    Soren stand mit geschlossenen Augen auf einem Felsvorsprung dicht über dem Boden. Er hob die Flügel und drückte sie mit aller Kraft wieder herunter. Ich schaffe das! Ich schaffe das!
    Er merkte, dass er abhob, spürte, wie sich beim nächsten Aufwärtsschlag die Luft als dicke Blase unter seinen Schwingen sammelte.
    „Gut so!“, hörte er Grimbel raunen. „Noch mal. Noch kräftiger!“ Soren hatte schon die halbe Strecke zurückgelegt und dafür erst zwei Abwärtsschläge gebraucht.
    Ich schaffe das! Ich spüre die Luft. Ich spüre die Kraft in meinen Flügeln. Ich hebe ab! Gleic h – gleich fliege ic h …

Die Beschaffenheit des Windes

    „Heute Nacht? Du bist wohl gaga, Grimbel! Der Mond schwindet noch lange nicht. Es ist viel zu früh!“, rief Gylfie erschrocken.
    „Wir sind wirklich noch nicht so weit“, widersprach auch Soren.
    „Oh doch, ihr seid so weit, Soren. Dir habe ich bis zu dem Felsspalt im Inventarium fünf Flügelschläge erlaubt und du hast nur vier gebraucht. Bei dir waren es statt acht nur sieben, Gylfie. Heute Nacht ist es so weit.“
    „Warum?“, fragten beide gleichzeitig.
    Grimbel seufzte. Die beiden würden ihm fehlen. Vor allem ihre Fragen. Es war herrlich, Fragen gestellt zu bekommen und sie zu beantworten. Früher hatte er gedacht, nichts könnte den köstlichen Geschmack einer frisch geschlagenen Wühlmaus übertreffen, inzwischen wusste er es besser. Nichts war so köstlich wie eine Frage, die einem auf der Zunge lag. Ein Wort, das mit dem belebenden Lüftchen eines „W“ anfing. Ja, die beiden Jungvögel würden ihm schrecklich fehlen. Mit ihrem dichten, nicht von Vampirfledermäusen verdorbenen Jugendgefieder boten sie einen prachtvollen Anblick. „Weil wir heute Nacht thermische Aufwinde erwarten, darum.“
    „Was sind thermische Aufwinde?“, fragte Soren.
    „Warme Luftströmungen. Sie treffen diesmal früher ein als sonst. Wenn ihr erst aus diesen Schluchten entkommen seid, werden euch die aufsteigenden

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