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Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe

Titel: Die Legende der Wächter 6: Die Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Gedanken waren abgeschweift, als sich die Fleckenkäuzin lang und breit darüber ausgelassen hatte, was für Nachforschungen sie in der Bibliothek der Glaux-Brüder anstellen und wie sie mit den Gelehrten geistvolle Gespräche führen wollte.
    „Ich hatte dich um eine Kursansage gebeten. Schließlich bist du in unserem Team fürs Navigieren zuständig.“
    „Natürlic h … als o …“ Gylfie drehte den Kopf beinahe einmal ganz herum und legte ihn dann weit zurück. „Großer Glaux!“
    „Was ist denn?“
    „Sag ich doc h – das Sternbild des Großen Glaux. Nirgendwo leuchtet es so wunderschön wie hier in den Nordlanden. In Ga’Hoole bekommt man den Großen Glaux um diese Jahreszeit nie zu Gesicht.“ Gylfies Stimme klang ganz andächtig. „Endlich kann ich mit eigenen Augen die Sternbilder bewundern, von denen uns Strix Struma im Unterricht erzählt hat. Steuerbords ist der Bär. Ist er nicht prächtig? Die Sterne in seinen Tatzen schimmern grünlic h – siehst du das? Und da drüben, ein paar Grad südlich davon, strahlt die Krone von Hoole un d …“
    „Hoole trug aber keine Krone, heißt es in der Legende, schon vergessen?“, fiel ihr Otulissa ins Wort. „Ich habe mich seinerzeit eingehend mit dem Nordwasser-Legendenzyklus beschäftigt.“
    Jetzt geht das wieder los! , dachte Gylfie. Gleich fängt sie an, die Legende zu zerpflücken und auszulegen. Dafür sind Legenden aber nicht da. Man soll ihnen lauschen und sie weitererzählen. Gerade die Legende von Hoole kannte Gylfie in- und auswendig, ihren Wortlaut würde sie bestimmt niemals vergessen. Damals in Sankt Ägolius hatte diese Legende Soren und sie vor dem Wahnsinn bewahrt. Man hatte sie beide als Bestrafung in eine Schlucht aus weißem Gestein gesperrt und dem Verderben bringenden Mondlicht ausgesetzt. Doch als Soren im Flüsterton die Legende von Hoole aufgesagt hatte, waren sie schnell wieder bei klarem Verstand gewesen.
    Gylfie hörte ihren Freund noch raunen: Vor langer, langer Zeit, ehe es noch Eulenkönigreiche gab, in einer Zeit nicht enden wollender Kriege, erblickte im Land der Nordwasser ein Eulenküken das Licht der Welt. „Hoole“ nannten seine Eltern ihren kleinen Sohn. Manche behaupten, schon als er geschlüpft sei, habe sich ein Zauber gezeigt. Wie dem auch sei, Hoole besaß von Anfang an ungewöhnliche Fähigkeiten. Man weiß, dass er andere Eulen zu großen Taten anspornte und dass ihn seine Miteulen als ihren König anerkannten, auch wenn er keine goldene Krone trug. Denn seine Hilfsbereitschaft, seine Rechtschaffenheit und sein Mut kamen einer Krone gleich.
    Während Gylfie noch den Himmel bestaunte, hatte Otulissa den Blick wieder nach unten gerichtet.
    „Guck mal, Gylfi e – Bäume!“
    „Bäume? Wo?“
    „Auf der Insel da vorn.“
    „Wir sind am Ziel!“, rief Gylfie freudig. „Das ist die Insel der Glaux-Brüder. Dort wachsen riesenhohe Bäume wi e …“
    „ … wie in der Legende von Hoole, ganz genau.“ Otulissa zitierte: „Er schlüpfte in einem Wald aus hohen Bäumen, in eben jenem Augenblick, da das alte Jahr ins neue übergeht, und der Wald war in jener klirrend kalten Nacht von Eis bedeckt.“
    „Du, Otuliss a …“, sagte Gylfie, „ … denkst du auch, was ich denke?“
    „Dass Hoole auf dieser Insel geschlüpft ist?“
    „Das da unten sind die ersten Bäume, seit wir die Eisklamm überflogen haben.“
    „Du hast Recht! Das erklärt auch, weshalb sich die Glaux-Brüder gerade hier niedergelassen haben. Und das wiederum bedeute t … das bedeute t … dass sie die Originalmanuskripte der Legenden besitzen müssen! Unfassbar! Es verschlägt mir die Sprache!“
    Das wage ich zu bezweifeln , dachte Gylfie bei sich.
    In den Nordlanden herrschte gerade Sommer, deshalb waren die Bäume nicht von Eis bedeckt wie in der Legende. Zwischen den hohen Stämmen lag allerdings an manchen Stellen noch Schnee. Das erste Morgenrot färbte den Himmel. Die Bäum e – es waren Tanne n – waren so gerade gewachsen, wie Gylfie es noch nie gesehen hatte. Ihre Stämme und Äste hoben sich pechschwarz vom blassrosa Himmel ab. Sie standen so dicht, dass die beiden Eulen erst zweifelten, ob man zwischen den Kronen hindurchfliegen konnte. Doch als Gylfie und Otulissa in den Sinkflug gingen, erkannten sie, dass sie sich getäuscht hatten. Zwischen den Tannen war genug Platz. Lichtstrahlen drangen durch die Zweige und ließen die Tautropfen auf den Nadeln funkeln und blitzen. Gylfie und Otulissa kam es vor, als flögen sie

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