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Die Legende der Wächter – Der Zauber

Die Legende der Wächter – Der Zauber

Titel: Die Legende der Wächter – Der Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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hätte jeder ein Stück für seine Höhle.“
    „Wenn du dem Kaninchen unbedingt das Fell abziehen willst, dann mach’s einfach!“, rief Morgengrau ungeduldig. „Ich hab Hunger!“
    „Na, dann los“, sagte Coryn.
    Sie zogen dem Kaninchen das Fell über die Ohren und setzten sich dann zum Fressen hin. Der Vierbeiner war für die Jahreszeit erstaunlich gut genährt.
    „Wisst ihr noch, wie wir damals immer heimlich abgehauen sind?“, fragte Soren plötzlich in die schmausende Runde. „Wir waren viel jünger als Coryn jetzt.“
    „Klar weiß ich das noch“, gab Gylfie zurück. „Aber wir sind bestimmt hundert Mal abgehauen. Welches Mal meinst du denn?“
    „Abgehauen?“, fragte Coryn neugierig. „Aus dem Großen Baum?“
    „Na klar“, sagte Digger.
    „Habt ihr dann Ärger gekriegt?“
    „Manchmal“, erwiderte Soren.
    „Und war es das wert?“
    „Immer!“, rief die Bande im Chor.
    „Und welches Mal hast du nun gemeint?“, wandte sich Coryn an seinen Onkel.
    Soren wischte sich das Blut vom Schnabel. „Ich meine das Mal, als Krämer-Ellie mit ihren Waren vorbeigeschaut hatte. Als sie wieder weg war, sind wir auf eine Idee gekommen. Wir fanden die Anderen nämlich immer schon spannend …“
    „Wer nicht!“, warf Coryn ein.
    „Jedenfalls kam uns die Idee, wir könnten doch eine noch unbekannte Burg oder Kirche entdecken – irgend so eine Steinhöhle, wie die Anderen sie gebaut haben, aber eine, die Krämer-Ellie noch nicht geplündert hatte. Wir wollten reich werden, unseren eigenen Tauschhandel aufziehen, Geschäfte machen. Wir waren jung. Wir stellten es uns lustig vor, durch die Lande zu ziehen und unsere Schätze feilzubieten.“
    „Aber Otulissa meinte, das sei eine blöde Idee und anständige Eulen würden keine Geschäfte machen“, nahm Gylfie den Faden auf. „Wisst ihr noch? Sie wollte auf keinen Fall mitkommen. Sie fand das Ganze gewöhnlich – ‚ordinär‘, wie sie so gern sagt.“
    „Typisch Otulissa!“, sagte Digger.
    „Vielleicht war es ja auch gewöhnlich, aber Spaß gemacht hätte es trotzdem.“
    „Und seid ihr dann ohne Otulissa losgezogen?“, wollte Coryn wissen.
    „Und ob!“, antwortete Soren. „Als Erstes sind wir nach Tyto geflogen, aber dort gab es keine noch unentdeckten Burgruinen. Danach … Wer hat damals eigentlich vorgeschlagen, dass wir uns als Nächstes den Schattenwald vornehmen?“
    „Ich!“, rief Morgengrau. „Mir war da etwas aus meiner frühesten Kindheit eingefallen. Weißt du, Coryn, ich wurde nämlich schon als kleines Küken zur Waise. Ich habe meine Eltern nie gekannt.“
    Beneidenswert! , dachte Coryn.
    „Ich musste mir alles selbst beibringen. Ich bin durch die harte Schule einer Waise gegangen, wie ich immer sage. Im Großen Baum habe ich dann sozusagen meinen Schulabschluss gemacht.“
    „Erzähl nicht so eine Waschbärkacke“, sagte Digger.
    „Also ehrlich, Morgengrau!“, schloss Gylfie sich ihm an. „Schulabschluss – bei meiner Zehe!“ Sie stampfte mit dem zierlichen Fuß auf.
    Soren griff rasch wieder das vorige Thema auf. „Jedenfalls sind wir in den Schattenwald geflogen und haben tatsächlich eine noch unerforschte Ruine entdeckt. Aber wir fanden dort keine Edelsteine, keine Wandbehänge wie die, von denen Ellie immer Fetzen mitbringt, und auch keine Gemälde. Wir fanden etwas viel Kostbareres.“
    „Was denn?“
    „Wir fanden Bess“, sagte Gylfie leise.
    „Wer ist denn Bess?“
    „Bess ist Grimbels Tochter!“ Soren und Gylfie hatten beide Tränen in den Augen.
    „Und wer ist Grimbel?“
    „Die Frage muss heißen: Wer war Grimbel“, berichtigte Gylfie Coryn und tupfte sich mit der Flügelspitze die Augen. „Grimbel hat Soren und mich das Fliegen gelehrt. Nur dank seiner Hilfe konnten wir aus Sankt Ägolius entkommen.“
    „Als die Ablah-Generalin unseren Fluchtversuch entdeckte, hat sie sich auf Grimbel gestürzt“, setzte Soren hinzu. „Es kam zum erbitterten Kampf. ‚Fliegt, meine Kinder … fliegt!‘, hat uns Grimbel zugerufen. Als ich nach unten geschaut habe, lag er mit halb abgerissenem Flügel blutend am Boden.“
    „Ist er gestorben?“
    „Ja, leider. Aber seine sterblichen Überreste haben Bess und uns zusammengeführt.“
    „Wie das? Ist euch sein Geisterschnabel erschienen?“
    „Nicht direkt“, sagte Gylfie. „Aber auf unserer Schatzsuche haben wir in der Ruine Bess entdeckt. Sie hatte die Gebeine ihres Vaters an einen geheimen Ort bringen können.“
    „An einen geheimen Ort!“

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