Die Legende der Wächter – Der Zauber
Büchern und es ist wirklich wahr. Und deswegen kann ich das sehr wohl schaffen, Bubo. Auch ich werde eine singende Kriegerin sein.“
Bubo machte ein zweifelndes Gesicht. Madame Plonk hatte bis dahin ein recht angenehmes Leben geführt – man hätte sie auch „verwöhnt“ nennen können. Ihre geräumige Wohnhöhle quoll von Spitzenstoffen, Quasten, Glitzerkram und anderem Schnickschnack geradezuüber. Sie war Krämer-Ellies beste Kundin. Ein beträchtlicher Teil des Zeugs, das Ellie aus den Burgen, Herrenhäusern und Kirchen der Anderen herbeischleppte, fand seinen Weg in ihre Höhle. Bubo stachen besonders ein paar pralle, mit Madame Plonks eigenen ausgefallenen Federn gefüllte Kissen ins Auge, deren Samtbezüge aus dem Umhang eines Prinzen genäht waren.
„Gemma und Elyan sind schrecklich besorgt um mich“, fuhr die Schnee-Eule fort. „Dass ich nicht mehr singen kann, ist schlecht für ihre albernen Zeremonien. Sie überschütten mich mit Aufmerksamkeiten.“
„Heißt das, du stehst gar nicht unter Baumarrest?“
„Nein. Ich habe behauptet, ich müsse allein sein, damit meine Stimme sich erholen kann. Wenn dauernd irgendeine Krankenpflegerin den Kopf reinstreckt und nach mir schaut, würde mich das ganz nervös machen und die Heilung verzögern. Ich kann hier verschwinden, Bubo, glaub mir.“
„Ich weiß nicht, Plonkie …“
„Ach, komm schon, Bubbie!“ Sie zwinkerte ihrem alten Verehrer kokett zu. „Niemand wird Verdacht schöpfen, wenn ich weg bin.“
„Aber wie willst du die fünf finden? Keiner weiß, wo sie sich aufhalten.“
„Ich werde einen dieser Met-Bäume aufsuchen, von denen man jetzt wieder hört. Dort wird viel getratscht,habe ich mir sagen lassen. Wenn meine Stimme wieder zurückkehrt, singe ich vielleicht für die Gäste. Früher waren Sänger in den Met-Bäumen stets willkommen, das weiß ich von Otulissa.“
Die Sängerin schloss die Augen, schwieg lange und sprach dann mit geschlossenen Augen weiter. „Und meine Stimme wird zurückkehren, da bin ich ganz sicher. Sobald ich hier raus bin, ist sie wieder da.“
Sie schlug die Augen auf und schaute den Uhu fest an. „Mit diesem Baum stimmt etwas nicht. Das weißt du so gut wie ich. Irgendwas ist hier faul, auch wenn alles so golden und prächtig aussieht. Inzwischen schäme ich mich dafür, dass ich auf den Feiern für die blöde Glut gesungen habe.“
„Pscht! Hüte deinen Schnabel! Hier wimmelt es von Spitzeln. Man kann ja kaum Luft holen, ohne dass es irgendwer mitkriegt.“
„Aber es stimmt doch! Die Glutpriesterinnen, die Glutprozession, das ganze heilige Getue – und ich fand’s auch noch großartig! Ich konnte meinen roten Samtumhang mit dem Hermelinbesatz tragen und fühlte mich als etwas ganz Besonderes.“
„Du bist ja auch etwas Besonderes, Plonkie.“
„Meine Singstimme hat mich zu etwas Besonderem gemacht, aber jetzt hat sie mich verlassen.“
Draußen vor der Höhle ertönten Flügelschläge. EinSchatten glitt durchs Mondlicht. Bubo schaute sich erschrocken um. Dann beugte er sich so weit vor, dass sein Schnabel den Ohrschlitz der Schnee-Eule streifte. „Bist du wirklich dazu entschlossen, Plonkie?“
„Fest entschlossen, Bubbie.“
Ein Flüstern , dachte Soren. Wir sind auf der Suche nach einem Flüstern …
Mehr Anhaltspunkte hatten er und seine Gefährten nicht. Soren hätte gern mehr Vertrauen in die Bilder gehabt, die Karnickel im Spinnennetz gesehen hatte. Aber es kam ihm alles so unwirklich vor. So wenig greifbar. Und wenn sich Nyra tatsächlich in der von Coryn beschriebenen Höhle aufhielt, musste eine vernünftige Strategie her. Wie sollten sie vorgehen? Einfach reinfliegen und sich das Buch schnappen? Selbst wenn ihnen das gelänge, wäre die Gefahr damit gebannt? Das Buch an sich war schließlich nicht das Problem, sondern die Gedanken, die darin niedergeschrieben waren. Gedanken konnten großes Unheil anrichten, so wie auch die Glut Unheil anrichten konnte, wenn sie in die falschen Krallen geriet.
Also müssen wir wohl weiterfliegen. Kaum hatte er es gedacht, wusste er, dass es falsch war. Ganz falsch.Und wie zur Bestätigung sah er jetzt in der Ferne Rauch aufsteigen.
Er hob den Backbordflügel und gab den anderen das Zeichen zum Landen. Nach ihrem Aufbruch in Silberschleier waren sie gut vorangekommen und hatten bereits das Grenzgebiet zwischen den Ödlanden und Ambala erreicht.
„Warum halten wir an?“, fragte Coryn. „Ich bin noch gar nicht müde.“
Sie waren
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